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ja, ich habs
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Matti Hautamäki: Ein normaler Arbeitnehmer?
Letze Saison waren nur wenige Athleten in der Lage, ein Weltcupspringen zu gewinnen. Der Saisonbeginn wurde von Janne Ahonen dominiert. Der Meister des Saisonendes war Matti Hautamäki.
Wir sitzen zusammen mit Matti am spiegelglatten Kallavesi, die Bäuche voll mit Gegrilltem und … Überraschung Überraschung, verbessern die Welt.
JUMPYOU: Lass uns über Erfolg reden, und das Geld das er mit sich bringt.
MH: Wenn irgendjemand behauptet, er springt nur weil er den Sport liebt, erzählt er Mist. Würdest du durch die Weltgeschichte reisen und springen, wenn du nichts dafür bekommst? Sicher nicht.
JUMPYOU: Naja, aber die Teamklamotten sind doch ganz nett, oder?
MH: Ja, tolle Klamotten. Aber trotzdem ist es Geld, das dich motiviert. Wenn du nach der ersten Runde immer in Führung liegst und in der zweiten auf den letzten Platz zurück fällst, kotzt dich das irgendwann an.
Es macht keinen Sinn, sich immer selber zu erzählen, dass man in Form ist. Und so toll ist das Springen nun auch wieder nicht, dass ich jedes Mal total glücklich wäre, auf die Schanze zu gehen. Die ersten Trainings im Frühjahr sind klasse, aber dann musst du schon deine Motivation finden.
JUMPYOU: Also ist es genauso wie für einen normalen Arbeitnehmer?
MH: Was weiß ich, was normale Arbeitnehmer machen! Naja, man kann sagen, dass das Springen eben meine Arbeit ist, mit der ich versuche, Geld für mich und meine „Familie“ zu verdienen.
JUMPYOU: Lass uns doch mal ein wenig in der Zeit zurückgehen. Du bist 1997 nach Kuopio gezogen. Was lief denn davor so in Oulu?
MH: Als ich noch klein war, hat mein Vater Jussi und mich trainiert. Wir haben ein paar kleinere Wettkämpfe gemacht, bevor wir in die Hopeasompa-Trainingsgruppe kamen. Wir waren ein wenig geschockt, als wir im ersten Trainingscamp in Jyväskylä von einer K-64 springen mussten. Die größte Schanze, von der ich bis dahin gesprungen war, war eine K-30 oder sowas.
Im Hopeasompa-Team hat Jussi Karjalainen die Trainingspläne für uns gemacht. Diesen Plänen verdanke ich es, dass es mich heute nicht umbringt, 200 Kilo mit den Beinen zu stemmen.
JUMPYOU: Jussi und du, ihr habt unglaublich viel Kraft in den Oberschenkeln. Kommt das noch aus der Juniorenzeit?
MH: Naja, wir sind im Sommer daheim kaum zum Springen gekommen. Also haben wir nur Krafttraining gemacht. Unser Vater kommt aus der Leichtathletik und hat unser Training gründlich kontrolliert.
JUMPYOU: Eure Einstellung zum Training scheint total anders gewesen zu sein als die von den Junioren heute.
MH: So weit ich das beurteilen kann, läuft Juniorenarbeit heute in etwa so ab, dass mal hier ein Training gemacht wird, und mal da, und zwischendrin springen wir mal ein bisschen. Das funktioniert so nicht.
JUMPYOU: Wie sieht es mit dem jüngsten von euch Brüdern, Hannu, aus. War der irgendwann mal am Skispringen interessiert?
MH: Er ist mal einen Winter lang gesprungen. Keine Ahnung, ob er Potential hatte, oder nicht. Heute ist er sozusagen ein normaler und vernünftiger Bürger. Er studiert irgendwas mit Computern an der FH.
JUMPYOU: Das gibt uns eine nette Überleitung zum Alptraum eines jeden Spitzensportlers - das Leben nach der Karriere.
MH: Also das hat mir noch keine schlaflosen Nächte bereitet. Man kann es einfach noch nicht wissen. Mich interessiert nichts so richtig. Skispringen geht noch für maximal fünf Jahre weiter, das ist ein Fakt. Es macht keinen Sinn, mit 35 immer noch im Continental Cup rumzukrebsen, wie (Masahiko) Harada das macht.
JUMPYOU: Wie schauts aus mit einer Karriere im Skispringen?
MH: Die Frage haben schon viele andere gestellt. Vor ein paar Jahren habe ich gesagt, ich würde nie Trainer werden. Heute denke ich, wenn nach einem „möglichen Job“ und einer „möglichen Familie“ noch genug Zeit ist – warum nicht? Es wäre schon ziemlich cool, irgendwelche Junioren anzuschreien: „Nein, heute geht ihr nicht in die Disco!“. Aber ich würde auf keinen Fall so kleine Scheißer trainieren wollen. Keine Ahnung wo das herkommt, aber irgendwie denke ich, man bekommt die einfach nicht mehr in den Griff. Siebenjährige sagen dir, leck mich am Arsch! Da muss irgendwas gehörig schiefgelaufen sein in der Erziehung. Mir wäre nicht im Traum eingefallen, Matti Nykänen einen Deppen zu nennen.
JUMPYOU: Leistungssport plus Studium ist eine unlösbare Gleichung. Irgendwo muss man sich immer entscheiden. Wie es scheint, hat das bei dir gut funktioniert.
MH: Glücklicherweise hab ichs nicht versaut. Ein Fehltritt und ich wäre als Penner auf der Straße geendet. Es gibt nur entweder oder. Die Kollegen im Rest der Welt sind in einer etwas anderen Situation. Da geht das Spiel in etwa so: Konzentrier dich nur auf deinen Sport, um dir dann damit hier und da ein paar Türen zu öffnen. Wenn du dich in Finnland nur auf deinen Sport konzentrierst, gehen alle Türen für dich zu. Aber studieren hieße, du kannst kein professioneller Sportler sein.
Für mich hat das mit dem Springen richtig angefangen, als ich in der Oberstufe war. Wenn es da nicht geklappt hätte, hätte ich vermutlich aufgehört. Irgendwie ist man schon so drin in dieser „Suomi-Finnland“-Mentalität. Wenn du nichts bist, bekommst du nichts. So ist es und so wird es auch immer sein. Als ob das nicht genug wäre, hört man dann von ausländischen Kollegen, sie wären gerade ins B-Team gekommen und hätten 10.000 € Startgeld dafür bekommen. Dazu kann man nur sagen, dass hier in Finnland Athleten aus dem A-Kader auf die Straße gehen und Flaschen einsammeln, um Geld fürs Essen zu bekommen.
Du kannst dich damit nur arrangieren, wenn du mit dem Gedanken aufgewachsen bist, dass Sport keine wirkliche Arbeit ist und du damit kein Geld verdienen kannst. Wenn du dich über Wasser halten willst, geh arbeiten!
JUMPYOU: Aber das ist auch unser Reichtum. Du MUSST der beste sein.
MH: Bis jetzt hats funktioniert, aber ich verfolge die Angelegenheit ein wenig besorgt. Die heutige Jugend kennt die Situation. Die Dinge, die uns früher motiviert haben, funktionieren bei denen nicht mehr.
JUMPYOU: Kann man sich mit dem Sport eine Zukunft aufbauen?
MH: Naja, in einem Forum war mal zu lesen, ich wäre Multimillionär. Aber so ist das nicht ganz. Es wär toll, wenn am Ende nach all diesen Jahren Springerei auch was übrig bleiben würde. Andererseits glaube ich, dass es völlig falsch ist, wenn man in einer Woche eine Million verdient. Egal was man macht. Ich glaube, im Skispringen sind die Preisgelder noch recht angemessen, vor allem wenn man vergleicht, was zum Beispiel ein NHL Eishockeyspieler in einem Monat verdient. Wenn du fünf Weltcups in Folge gewinnst, macht dich das noch nicht zum Millionär. Jedenfalls nicht in Finnland.
JUMPYOU: Kannst du einem Skisprunganfänger, nennen wir ihn mal „Seppo Siebenjahre“, erklären, warum es sich lohnt, mit dem Skispringen anzufangen? Nur damit Seppo keinen schlechten Geschmack im Mund bekommt?
MH: Es lohnt sich immer, mit dem Springen anzufangen! Als Junior geht’s nur um den Spaß und die Freude am Sport. Und mir macht es auch immer noch riesigen Spaß, von der Schanze zu gehen, vor allem wenn es gut läuft. Und es ist immer noch besser, als Hundertster von der Schanze runterzukommen, als im Büro zu arbeiten. Naja, wenns ums Geld geht, sieht es ein bisschen anders aus. Im Büro hast du dein festes Gehalt. Trotzdem ist Sport immer eine gute Sache.
JUMPYOU: Lass uns mit den Medien weitermachen. Diese „Das fragen sie doch immer …“ Fragen.
MH: Man kriegt, wonach man fragt. Wenn ich nach einem schlechten Wettkampf angekotzt bin - aufpassen, Journalisten! Könnte sein, dass sie einen Ski an den Kopf bekommen. Wenn es gut läuft, könnte es sogar sein, dass ich lächle. Aber dieses „springen wir hier mal ein bisschen“, „schauen wir uns mal die Landschaft an“, „jetzt haben wir wieder ein bisschen Erfahrung gesammelt“ ist einfach ziemlich scheiße.
JUMPYOU: Fans? Und die Beziehung zu ihnen?
MH: Das hat sich über die Jahre stark gewandelt. Am Anfang dachte ich „Die wollen ein Autogramm von mir? Wollen die mich verarschen oder was?“. Heute verstehe ich, dass es scheinbar wirklich eine Bedeutung für manche hat. Aber ich habe strikte Grenzen. Wenn ich daheim bin, bin ich daheim. Dann wars das. Aber glücklicherweise kann man hier in Finnland seine Ruhe haben.
JUMPYOU: HillBilly hat uns erzählt, dass du gern Tennis spielst?
MH: Ja, mach ich gern. Was aber nicht heißt, dass ich es kann. Es wär toll, den Ball mal richtig zu treffen. Aber ich kann es nicht. Meine Freunde allerdings auch nicht. Wir gehen einfach zusammen spielen, setzen einen Sixpack und kämpfen dann um Leib und Leben. Manchmal ist es einfach doof, wenn du verlierst, aber dafür umso schöner, wenn man dann gewinnt. Genau wie beim Billard. Oder mit „Fellatio“. Was zur Hölle ist eigentlich Fellatio? Ich hab keine Ahnung.
JUMPYOU: Ich auch nicht… aber es klingt gut genug um es zu gebrauchen.
MH: Whatever. Ich bin ziemlich mies in beidem. Aber Tennis und Billiard sind tolle Sportarten. Ich war früher im Skispringer auch der schlechteste, oder doch zumindest fast der schlechteste. Jetzt, wo ich da nicht mehr ganz so übel bin, fällt mir auf, dass ich in allem, was ich anfange, schlecht oder ziemlich schlecht bin.
JUMPYOU: Billy sagte auch was von Filmen. Du bist angeblich ein Fernsehjunkie?
MH: Naja, wenns im Leben nichts anderes gibt außer Skispringen, schau ich schon gerne Filme. Genau wie in meiner Freizeit. Das läuft dann meistens so: was mach ich? Ach einfach nen Film schauen. Das ist es dann auch meistens. Alle Freunde sagen, ich wüsste ne Menge über Filme. Vielleicht stimmts ja sogar.
JUMPYOU: Sag uns ein paar gute Filme, Regisseure, Schauspieler und so.
MH: … na da hast du was angefangen. Sergio Leone ist ein verdammt guter Regisseur. Ich habe nur etwa vier von seinen Filmen gesehen, aber trotzdem. Keine Ahnung was für eine „Fellatio“ (wieder mal) ich mit der „Zwei glorreiche Halunken“-Trilogie habe. Ich finde sie einfach klasse. Eigentlich habe ich für Western nicht viel übrig, aber die drei sind ziemlich toll. Besonders die Musik fesselt.
Bei Schauspielern gibt es einen, der weit über allen anderen steht: Samuel L. Jackson. Und Bruce Willis. Alle sagen er wäre ziemlich mies, aber er ist ein toller Kerl. Johnny Depp ist auch gut, aber ich mag diese Art von Kunstfilmen nicht, die er macht. Außer Fear and Loathing in Las Vegas.
JUMPYOU: Sag uns drei Filme, die du unseren sachkundigen Lesern empfehlen kannst.
MH. Auf alle Fälle „Zwei glorreiche Halunken“. Und „Fear and Loathing in Las Vegas“. Der dritte ist schwierig… na die zwei auf alle Fälle.
JUMPYOU: Dann mal weiter zur Musik.
MH: Früher waren Nirvana meine Nummer eins. Dann kam Metallica. Ich kaufe eigentlich nur Musik, die ich mag und es dauerte ziemlich lange, bis ich mal was anderes hörte. Ich bin immer noch ein ziemlicher Metallicafreak. Naja, vielleicht kein Freak, aber ich mag die Musik von denen wirklich. Jaaah. Dann hat ein gewisser (Ville) Kantee mich auf Trio Niskalaukaus und Kotiteollisuus gebracht. Höllisch gute Riffs und echt gute Musik. Aber nich nur harte Musik rockt. 1995 erschien „Keskiviikko ... die 40 ersten Hits“ von Leevi and the Leavings. Ich habs sofort gekauft. Finnische Melancholie. Was kann es besseres geben.
JUMPYOU: Erzähl noch ein bisschen vom Gitarrespielen.
MH: Ich habe irgendwann 1995 angefangen zu spielen. Da glaubte ich noch, ich würde das wirklich lernen. Ich habe ernsthaft so ungefähr zwei Jahre lang gespielt, aber als ich dann die Griffe und Akkorde gelernt hatte, verlor ich das Interesse. Es vergingen einige Jahre, in denen ich nicht mal eine Gitarre gesehen habe. Dann sprang der Funke irgendwie wieder über und ich wollte wirklich spielen. Einfach irgendwelche Lieder hören und mitjammen. Ich habe geübt wie der Teufel, aber irgendwann musste ich dann der nackten Tatsache ins Auge sehen - ich bin absolut unmusikalisch. Ich kann kaum einen Ton vom anderen unterscheiden, was die ganze Sache ziemlich hoffnungslos macht. Musik ist sozusagen DAS Hobby für mich. Ich lese alles, was mit Musik zu tun hat, und ich weiß sicherlich mehr darüber als der Durchschnittsbürger. Aber ich will da nicht so großartig rumanalysieren. Wenn es gut klingt, ist es egal, ob es Tango oder Heavy ist. Klar, dass sich Tango seltener gut anhört.
JUMPYOU: Okay, das wars dann für dieses Mal. Wir sind mit Matti zurück, wenn der Herbst kommt.
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