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Tummelplatz für alle Freunde des finnischen Skispringens
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 Betreff des Beitrags: Re: Wer einmal lügt...
BeitragVerfasst: Do 24. Jul 2008, 14:52 
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Wachser
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Dieses Mal betätigte Martta die Klingel, als sie vor dem Haus von Jonis Eltern stand. Es dauerte eine Weile und Martta ärgerte sich schon fast, dass sie gewartet hatte, doch dann öffnete sich die Tür doch.
„Hei. Seit wann klingelst du denn?“ Matti lehnte in der offenen Tür.
„Das habe ich mich auch gerade gefragt. Aber was machst du hier?“
„Grillen?“ Er hob eine Augenbraue.
„Ah, stimmt ja. Lässt du mich rein?“
„Klar.“ Er trat beiseite. „Und wie war dein Date?“ Erkundigte er sich, während sie durch das Haus liefen und auf die Terrasse traten.
„Ging so.“ Zuckte sie mit den Schultern. „Aber woher weißt du das denn schon wieder? - Anneli!!!“ Rief sie ihrer Freundin zu, die am anderen Ende der Terrasse neben Joni am Grill stand.
„Hallo Martta.“ Sie kam auf sie zu.
„Hast du geschwätzt?“ Erkundigte sich Martta.
„Iiiich? Nie!“ Lachte Anneli. „Was es denn ein Geheimnis?“ Erkundigte sie sich dann in normalem Tonfall.
„Ach was.“ Martta machte eine wegwerfende Handbewegung. „Das doch nicht.“
„War es wenigstens nett?“ Martta guckte zweifelnd.
„War okay.“
„Oha!“ Anneli hakte die Freundin unter und zog sie von Matti weg, der stumm neben ihnen gestanden hatte. „Ist wohl nicht der Richtige?“
„Nein.“ Martta seufzte. „Wohl nicht.“
„Wer ist es dann?“ Forschte Anneli gleich nach.
„Keiner.“
„Wie langweilig.“
„Es ist wie es ist.“ Gab sich Martta philosophisch. „Gibt’s bald was zu essen?“ Wechselte sie radikal das Thema.
„Das dauert noch ein bisschen, der Grill muss erst durchglühen. Aber du kannst dich mit dem da…“ Anneli wies auf Matti, der sich zu Joni gesellt hatte. „…Zusammentun. Der jammert auch schon die ganze Zeit.“
„Mhm.“ Brummte Martta. „Wer kommt denn eigentlich noch?“ Erkundigte sie sich dann.
„Wie? Wer noch kommt?“ Verstand Anneli ihr Anliegen nicht.
„Na, wen du dir noch ausgesucht hast, der nach Frankreich mitkommen soll. Also außer Joni nehme ich an.“
„Ach so.“ Nickte Anneli. „Ich…mhm…Ich dachte…“ Druckste sie etwas herum, doch Martta hatte sie schon verstanden.
„Matti nehme ich an.“ Unterbrach sie die andere.
„Ja.“ Anneli sah die Freundin besorgt an. „Ist das schlimm? Ich meine, ihr hab euch doch ganz gut verstanden in der letzten Zeit.“
„Nein, nein. Schon in Ordnung. Ist ja außerdem deine Entscheidung.“ Wehrte Martta ab. Das hätte sie sich ja auch eigentlich denken können. Matti war zwar nie weit, wenn es etwas zu essen gab, aber trotzdem wäre es wohl für ihn langweilig geworden, wenn sie alles Mögliche besprechen würden und es ihn nicht betreffen würde.
„Ja aber ich habe auch nichts davon, wenn ihr euch eine Woche lang nur angiftet.“
„Tun wir nicht.“ Versprach Martta. „Jedenfalls zur Zeit nicht.“
„Sollte das jetzt tröstend sein?“ Erkundigte sich Anneli grinsend.
„Klar.“ Lachte Martta.
„Wo hast du denn das Fleisch?“ Unterbrach sie Jonis Rufen.
„In der Küche, im Kühlschrank.“ Entgegnete Anneli.
„Okay.“ Die Mädchen sahen, wie Joni im Haus verschwand.
„Den hast du aber gut erzogen.“ Grinste Martta.
„Ach was.“ Wank Anneli lachend ab. „Der hat nur auch Hunger.“

Alle Augen waren auf Anneli gerichtet, die am Laptop saß und gerade mit großer Geste auf Enter drückte.
„So, das wars.“ Seufzte sie erleichtert. „Jetzt haben wir alles gebucht. Flüge, Auto… Brauchen wir sonst noch was?“
„Nö.“ Martta lehnte sich gemütlich in ihren Stuhl zurück und verschränkte die Arme hinter dem Nacken. „Jetzt kanns losgehen.“
„Endlich.“ Seufzte Joni mit entrücktem Gesichtsausdruck.
„Hey!“ Gab ihm Anneli einen Klaps und rutschte dann, nachdem sie den Computer ausgeschalten hatte, auf seinen Schoss rüber. „Du bist sowieso nur der Profiteur vom meinem Geschenk.“
„Na und?“ Gelassen zog er seine Freundin in seine Arme. „Darf ich mich nicht auf den Urlaub freuen?“
„Mhm…“ Anneli legte den Kopf schief und tat so, als müsse sie abwägen. „Okay, genehmigt.“
„Wie freundlich.“ Er verwickelte Anneli in einen zärtlichen Kuss. Martta verdreht die Augen und sah zu Matti rüber.
„Na, da haben wir uns ja was eingebrockt. Wenn das die ganze Zeit so geht…“
„Das geht die ganze Zeit so.“ Tat auch Matti genervt.
„Ihr seid ja nur neidisch.“ Anneli tauchte wieder aus Jonis Umarmung auf. „Neid der Besitzlosen.“
„Sollen wir euch lieber allein lassen?“ Erkundigte sich Martta, Annelis Einwurf gekonnt überhörend.
„Ja bitte.“ Scherzte Anneli, doch Martta und Matti erhoben sich synchron. „Das war doch nicht ernst gemeint.“ Auch Anneli erhob sich von Jonis Schoss. „Wir halten uns ja zurück.“
„Ich…“ Martta begann herzhaft zu gähnen. „…Bin aber müde.“ Sie streckte sich ausgiebig.
„Das können wir sehen.“ Lachte Anneli und umarmte die Freundin. „Dann bis spätestens Samstag?“
„Ja.“
„Was muss ich denn mitnehmen?“ Frage Anneli weiter. Martta zuckte mit den Schultern.
„Da ists noch warm. Sonst…Badezeug und feste Schuhe. Nichts Besonderes eigentlich.“
„Okay.“ Anneli nicke. „Ich bring dich noch raus.“ Wandte sie sich dann an ihre Freundin.
„Halt!“ Mischte sich Matti ein. „Ich komme mit.“
„Alle verlassen sie uns.“ Gespielt enttäuscht sah Anneli Joni an und schob die Unterlippe vor.
„Sehs doch positiv. Dann könnt ihr ungehemmt weiterknutschen und was ihr sonst noch so macht.“
„Wir…“ Setzte Anneli an, doch Martta hob abwehrend die Hände.
„Nein. Ich möchte es nicht wissen.“
„Du spinnst.“ Stellte Anneli fest und öffnete die Haustür. „Und jetzt verschwindet!“
„Danke für die überschwängliche Gastfreundschaft.“ Grinste Martta, dann traten sie und Matti in den Abend hinaus.
„Puh.“ Erneut musste sie gähnen.
„Friss mich nicht.“ Spielerisch entsetzt brachte Matti Abstand zwischen sich und sie.
„Keine Angst.“ Sie überwand die Distanz wieder und hakte sich bei ihm ein. „Du bist viel zu zäh.“ Müde legte sie den Kopf an seine Schulter.
„Das bedeutet jetzt also, dass ich dich nach Hause bringe?“ Erkundige er sich und manövrierte sie beide nebeneinander durch das Gartentürchen und schloss dieses wieder hinter ihnen.
„Muss nicht sein.“ Wehrte sie ab, ließ jedoch nicht von ihm ab. „Ich finde auch alleine nach Hause.“
„Ist doch kein Problem.“ Er genoss diese Zeit alleine mit ihr. Noch dazu da sie so nahe bei ihm war. Den ganzen Abend über hatte sie sich mehr oder weniger mit Anneli beschäftigt und sie hatten noch keine Gelegenheit gehabt in Ruhe miteinander zu sprechen.
„Danke.“ Wieder gähnte sie. Matti lachte leise, Martta konnte die Schwingungen unter ihrem Kopf spüren und es beruhigte sie irgendwie. Es flösste Vertrauen ein.
„Du musst aber unter einem ganz schönen Sauerstoffmangel leiden.“
„Mhm.“ Bestätigte sie. „Ich konnte heute Nacht oder besser heute Morgen nicht mehr viel schlafen, da so ein Radau im Haus war. Dann hab ichs zwar in der Hängematte später noch einmal versucht, aber irgendwie auch ohne Erfolg.“
„Was Teresa so laut?“
„Ja. Teresa und der Staubsauger und der Nachbar hat dann auch noch angefangen den Rasen zu mähen, dann wars vorbei.“
„Ja, Nachbarn mit Rasenmähern sind immer besonders nervig.“ Stimmte Matti ihr zu.
„Mhm. Noch schlimmer sind allerdings die Laubpuster, so was von unnötig.“
„Das stimmt.“ Sie stoppten. „Wir sind da. Schaffst du es alleine bis in dein Bett?“
„Klar.“ Martta machte sich von ihm los. „Aber danke fürs Bringen.“
„Kein Problem, wie schon gesagt. Gute Nacht Martta. Und schlaf gut.“ Er lächelte sie an. Sie hatte ganz kleine Augen und wirkte verschlafen, was ihre Anziehungskraft auf ihn nicht unbedingt schmälerte.
„Danke. Dir auch eine gute Nacht.“ Einen Moment standen sie etwas hilflos voreinander, dann streckte Matti die Arme aus und zog sie an sich.
„Mhm…“ Brummte Martta in seine Umarmung hinein. „Magst du mich nicht doch ins Bett bringen?“ Er war richtig warm und kuschelig und so müde wie sie war, kam es ihr gerade absolut traumhaft vor.
„Nein.“ Unter all seiner Willenskraft die er aufbringen konnte, löste er sich von ihr. „Das schaffst du schon.“ Wenn sie wüsste, wie gerne er das tun würde! Doch es stand nicht zur Debatte.
„Mh…Ich…“ Erneut musste sie Gähnen, hielt die Hand vor den Mund und wandte sich von ihm ab. „Entschuldige. Ich gehe jetzt besser.“
„Mach das. Dann bis Samstag?“
„Ja, bis Samstag.“ Sie winkte und schob den Schlüssel in das Schloss der Haustür.
„Ich freu mich.“ Fügte Matti leise noch hinzu. Überrascht drehte sich Martta wieder herum. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass er noch da war. Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht.
„Ich mich auch.“ Auch Matti verzog den Mundwinkel, als er ihre Antwort vernahm und wandte sich dann endgültig zum gehen.


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 Betreff des Beitrags:
Verfasst: Do 24. Jul 2008, 14:52 


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 Betreff des Beitrags: Re: Wer einmal lügt...
BeitragVerfasst: Do 24. Jul 2008, 14:53 
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Wachser
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„Mhm…“ Anneli zog den Laut nachdenklich in die Länge. „Unterwäsche, Hosen, Pullis, T-Shirts, Handtücher… Was brauche ich noch?
„Badeanzug oder Bikini.“ Martta saß im Schneidersitz auf Annelis Bett und sah der Freundin beim Packen zu. Sie selbst hatte schon ihre gepackte Tasche zu Hause stehen. Anneli ließ einen Blick über ihre Sachen schweifen, die sie zwischen Martta und sich selbst auf dem Bett ausgebreitet hatte.
„Hab ich beides. Was fehlt sonst noch?“
„Sonnencreme?“
„Hab ich. – Ah…! Schuhe.“ Sie eilte in den Flur, streckte jedoch nach wenigen Sekunden ihren Kopf wieder ins Zimmer. „Kannst du mal kommen?!“
„Klar.“ Martta erhob sich und folgte der Freundin. Diese steckte inzwischen wieder bis zur Hüfte im Wandschrank, in dem sich auch ihre Schuhe aufbewahrte.
„Oh man.“ Schallte ihr Annelis Stimme entgegen. „Hast du meine Schuhe gesehen?“ Irritiert sah sich Martta um und schaffte es daher erst im letzten Moment einem Paar Schuhe, das Anneli wohl im Weg gewesen war und diese deshalb hinter sich schleuderte, auszuweichen.
„Kommt drauf an welche du meinst, es liegen hier viele rum.“ Fragend sah sie sich um und brachte sich vorsichtshalber in Deckung, falls noch ein Paar Schuhe hinterher fliegen würde.
„Die bequemen Turnschuhe.“ Erklärte Anneli, die immer noch ihre Nase im Schrank vergraben hatte, für Martta wenig verständlich.
„Aha. Und wie sehen die aus?“ Martta betrachtete die ganzen Schuhe, die den Flur bevölkerten. Hier lagen mindestens fünf Paar, die in Frage kamen.
„Blau.“ Kam es gedämpft von Anneli.
„Die hier?“ Martta griff sich das einzige blaue Paar.
„Ja.“ Nach einem flüchtigen Blick auf das Gesuchte nickte Anneli.
„Ha!“ Endlich tauchte sie aus dem Schrank auf.
„Was ha?“ Martta war deutlich amüsiert. Manchmal war ihre Freundin einfach die absolute Chaotin.
„Ich hab sie gefunden!“ Triumphierte Anneli.
„Was?“
„Meine Wanderschuhe. Du hast doch gemeint, ich bräuchte feste Schuhe. Sind die okay, was meinst du?“ Sie hielt ihrer Freundin das eben gefundene Paar hin.
„Ja, klar.“ Martta nickte. „Wir fahren ja nicht in den Busch. Und selbst da würdest du mit denen durchkommen.“
„Okay.“ Befriedigt schloss Anneli den Schrank mit einem lauten Knall hinter sich. „Dann wars das.“
„Fertig?“
„Fertig.“


„Wer kam eigentlich auf die bescheuerte Idee so früh am Morgen zu fliegen?“ Mit kleinen Augen und äußerst missmutig sah sich Martta um. Es war kurz nach Fünf am Morgen und sie hatten gerade die Schalterhalle des Flughafens betreten.
„Es war der billigste Flug und außerdem hat man so wenigstens noch was vom Tag.“ Im Gegensatz zu ihrer Freundin war Anneli gut gelaunt und hellwach.
„Pff.“ Schnaubt Martta nur und folgte ohne zu denken der Freundin, die gerade die kleine Gruppe zum richtigen Schalter fürs Einchecken manövrierte. Anneli nahm es der Freundin nicht krumm, sie wusste, dass die Andere ein Morgenmuffel war und hatte eine Strategie entwickelt sie morgens einfach zu ignorieren.
Sie reihten sich in die noch kurze Schlange ein. Anneli verglich noch einmal die Daten auf ihrem Ticket mit denen, die der Bildschirm über dem Schalter anzeigte und wandte sich dann ihren Mitreisenden zu. Kopfschüttelnd betrachtete sie die müden Gesichter.
„Ihr seid mir vielleicht ein trauriger Haufen. Hallo?! Wir fahren in den Urlaub!“
„Nicht so laut.“ Brummte Matti unwillig. Auch Martta verzog das Gesicht, nur Joni war deutlich wacher, da er derjenige gewesen war, der sie zum Flughafen gefahren hatte.
„Wie machen wir das eigentlich nachher im Flugzeug mit den Plätzen?“ Wechselte Anneli nun das Thema.
„Wieso?“ Martta konnte so früh am Morgen den Gedankengängen ihrer Freundin nicht folgen.
„Weil wir zu viert sind und es im Flugzeug bestimmt Dreierreihen sind.“
„Also ich kann gerne wo anders sitzen.“ Meldete sich Matti erstaunlich flink. Anneli überforderte ihn an diesem Morgen und er hoffte so wenigstens noch auf ein bisschen Ruhe.
„Ich auch.“ Auch Martta bevorzugt Ruhe der hektischen Betriebsamkeit die die Freundin gerade ausstrahlte. Joni verzog amüsiert den Mundwinkel, da hatten sich ja zwei gesucht und gefunden.
„Das ist doch okay.“ Mischte er sich dann in das Gespräch ein. „Dann machen wir eben zwei und zwei. Einverstanden?“ Er sah sich nur nickenden Köpfen gegenüber.

„Hach.“ Genießerisch ließ sich Martta auf ihren Fensterplatz fallen.
„Endlich Ruhe.“ Stimmte Matti zu und belegte den Platz neben ihr.
„Das kannst du laut sagen. Wie kann man am frühen Morgen nur so viel Energie haben?“ Beschwerte sie sich. Es hatte ihr nicht leid getan, dass sie Stewardess beim Einchecken ihnen keine Plätze in den Reihen hintereinander mehr hatte geben können. Dann hätten sie wohl auch keine Ruhe gehabt.
„Das ist eben Anneli.“ Nahm es Matti gelassen und schloss die Augen. Martta fühlte sich nun doch erstaunlich wach und beobachtete das Bodenpersonal, wie sie fleißig das Flugzeug zum Starten bereit machten.
„Was gibt’s denn da so interessantes?“ Hörte sie Mattis tiefe Stimme hinter sich.
„Ich dachte du wolltest schlafen?“ Sie drehte sich zu ihm herum.
„Das dachte ich auch.“ Brummte er. „Aber Anneli ist anscheinend ansteckend.“
„Nur nicht.“ Martta riss die Augen auf. „Mach nur ja nicht so einen Stress hier, sonst wandere ich aus!“
„Keine Angst.“ Beruhigte er sie. „Aber wach bin ich jetzt.“
„Ich auch.“ Gab sie zu. „Deshalb habe ich ja da draußen zugesehen. Ah!“ Das Flugzeug ruckte und setzte sich in Bewegung. „Es geht los.“ Sie zog ihren Sicherheitsgurt, den sie zuvor nur locker um ihre Hüfte geschlungen hatte, fest. „Endlich!“ Begeistert lachte sie Matti an, dessen Herz daraufhin einen kleinen Hüpfer machte.
„Ja.“ Seufzte er, lehnte sich zurück und schloss die Augen. Im Moment wusste er nicht, was ihm mehr zusetzte, das Fliegen oder Martta. Während er noch darüber nachgrübelte, spürte er plötzlich, wie sie seine Hand in ihre nahm.
„Es wird nichts passieren.“ Seine Hand wurde gedrückt. Sie hatte zumindest einen Teil seiner Gedanken richtig interpretiert. Dafür hatte seine Hand und sein ganzer Arm bei ihrer Berührung angefangen zu kribbeln.
„Na hoffentlich.“ Er öffnete die Augen wieder und schenkte ihr ein schiefes Lächeln. Während das Flugzeug zur Startbahn rollte drückte Martta wieder Mattis Hand.
„Ganz gewiss nicht.“ Ihr Lächeln war offen und beruhigend.
„Wenn du das sagst.“ Er schloss die Augen wieder, ließ ihre Hand jedoch nicht los. Irgendwie merkte er richtig, wie er dank ihrer Berührung entspannen konnte. Sie war bei ihm und alles andere spielte nicht mehr wirklich eine Rolle in diesem Augenblick.


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 Betreff des Beitrags: Re: Wer einmal lügt...
BeitragVerfasst: Do 24. Jul 2008, 14:53 
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„Wir haben’s geschafft.“ Martta strahlte Matti, der wieder neben ihr saß an und löste dann vorsichtig ihre Hand aus seinem Griff.
„Ja.“ Atmete er auf. Doch zum ersten Mal in seinem Leben bedauerte er fast, dass der Flug vorüber war, hieß es doch, dass er sich von ihr lösen musste. Während das Flugzeug langsam über den kleinen Flughafen rollte, sah Martta neugierig aus dem Fenster. Mit einem Zwischenhalt in Paris waren sie nun in Avignon gelandet.
„Mhmm…“ Mit verzücktem Gesichtsausdruck lehnte sie sich schließlich wieder in ihren Sitz zurück. Lächelnd beobachtete Matti sie.
„Was ist?“ Sein Blick irritierte sie.
„Du siehst aus wie eine Katze, die gerade Milch bekommen hat und sich nun in der Sonne wälzt.“ Erklärte er, während um sie herum die Menschen aufstanden und begannen ihre Sachen zusammen zu suchen.
„Genau das habe ich auch vor.“ Grinste sie.
„Was? Milch trinken oder dich sonnen?“ Fragte er, obwohl er natürlich wusste was sie meinte.
„Sonnen natürlich.“
„Hey!“ Erklang da Annelis Stimme neben ihnen. „Hört auf zu flirten und schwingt euren Hintern hier raus, ich will Urlaub!“ Während sich Matti schnell abwandte und nach seinem Rucksack griff, warf Martta ihrer Freundin einen irritierten Blick zu. Sie hatte doch nicht mit Matti geflirtet! Das war ein normales Gespräch gewesen. Doch die grinste nur.
„Hopp, hopp!“ Trieb sie wieder zur Eile an.
„Immer mit der Ruhe. Da ist sowieso Stau.“ Martta wies auf den mit Menschen voll gestopften Gang des Flugzeugs, wo sich nichts mehr bewegte.
„Ach was, das geht gleich weiter.“ Erklärte Anneli und begann wieder nervös herumzuhibbeln. Endlich bewegte sich die Schlange und Matti trat nach Anneli und Joni aus ihrer Sitzreihe, ließ aber Martta dann den Vortritt, so dass er als letzter der Freunde aus dem Flugzeug kam.
„Und jetzt?“ Anneli sah Martta gespannt an, nachdem sie ihr Gepäck bekommen hatten und in die Ankunftshalle traten.
„Jetzt holen wir unser Auto, gehen Einkaufen und dann fahren wir zum Haus und du kannst endlich in den Pool springen.“ Grinste Martta.
„Pool hört sich gut an.“ Freute sich die Blonde.
„Allerdings.“ Seufzte auch Joni und zog sich seinen Pullover über den Kopf. „Hier ist es ganz schön heiß.“
„Darum geht es ja.“ Verkündete Anneli und schlug den Weg in Richtung der Autovermietung ein.

„Oh man, das ist nicht dein Ernst, oder?“ Lachte Martta als Anneli, die keine zwei Minuten nachdem sie angekommen waren mit ihrer Tasche im Bad verschwunden war und Sekunden danach im Bikini vor ihnen stand. Sie selbst war damit beschäftigt den Kühlschrank einzuräumen und hatte noch nicht einmal so weit gedacht.
„Mein voller Ernst.“ Grinste Anneli. „Ich teste jetzt den Pool.“ Martta schob die Milch als letzten Gegenstand, der in den Kühlschrank gehörte, in dessen Fach in der Tür, schloss ihn und folgte der Freundin. Auch die Jungs folgten ihrem Beispiel.
Während Anneli mit einem lauten Platsch in den kühlen Fluten versank schloss Martta die Augen, legte den Kopf in den Nacken und atmete einmal tief die würzige frische Luft ein. Es roch hier so unsagbar anders als zu Hause. Aber sie liebte diesen Geruch, erinnerte es sie doch immer an unbeschwerte Urlaube in ihrer Kindheit. Sie öffnete die Augen wieder und ließ ihren Blick schweifen. Alles sah so aus wie immer. Das kleine Natursteinhaus mit den freundlichen Fensterläden, die jetzt weit offen standen, der liebevoll gestaltete Garten und der große Pool. Und all das inmitten von Weinbergen und nichts anderem. Man konnte nicht einmal das nächste Haus von hier aus sehen. Ein glückliches Lächeln huschte über ihr Gesicht.
„Schön hier.“ Vernahm sie Mattis Stimme neben sich.
„Ja.“ Sie drehte sich zu ihm. „Ist es. Traumhaft schön.“ Jetzt erst bemerkte sie, dass Joni verschwunden war, während Anneli immer noch ausgelassen im Poll tauchte. Lächelnd schüttelte sie den Kopf.
„Sobald man die mit Wasser zusammenbringt, kommt das Kind wieder raus.“
„Es gibt wohl nicht nur das Kind im Manne, sondern auch das in der Frau.“ Nickte Matti.
„Wo ist denn eigentlich Joni hin?“ Erkundigte sie sich dann.
„Der wollte sich auch umziehen.“
„Aha.“ Sie nickte. „Ich glaub, ich geh dann auch mal. Kommst du mit?“
„Umziehen?“
„Ja. Auch mich ruft der Pool.“
„Bist du sicher, dass das normal ist?“ Matti folgte ihr.
„Was?“ Irritiert hielt sie inne.
„Na, dass du den Pool rufen hörst.“ Lachte er und vergrößerte den Abstand zwischen ihnen, so dass sie ihn nicht knuffen konnte, wie sie das vorgehabt hatte.
„Junger Freund.“ Spielerisch sauer wackelte Martta mit dem Zeigefinger vor Mattis Gesicht herum. „Sieh dich nur vor!“
„Da habe ich keine Angst.“ Grinste er zurück und wandte sich dann seinem Koffer zu, um seine Badesachen zu suchen.


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 Betreff des Beitrags: Re: Wer einmal lügt...
BeitragVerfasst: Do 24. Jul 2008, 14:54 
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„Da geht was.“ Erklärte Anneli ihrem Freund, der gerade zu ihr in den Pool gestiegen war.
„Was? Wo?“ Joni konnte ihrem Gedankengang nicht folgen.
„Matti und Martta. Die flirten den ganzen Tag schon wie verrückt.“ Schelmisch grinsend trieb sie, von gelegentlichen rudernden Handbewegungen getragen, im Wasser.
„Meinst du wirklich.“ Joni blieb skeptisch.
„Ja, meine ich.“
„Und der Andere, dieser Blonde?“
„Meinst du Aki?“ Anneli öffnete die Augen, die sie träge geschlossen hatte, wieder und sah ihren Freund an. „Da läuft nichts.“
„Sicher?“
„Ganz sicher.“
„Es würde mich ja für ihn freuen.“
„Ja, sie wären ein schönes Paar. M und M.“ Grinste Anneli nun wieder. „Und wenn sie Kinder kriegen, sind sie die M & M’s.“
„Wer kriegt Kinder?“ Martta hatte sich an den Beckenrand gesetzt und baumelte mit den Beinen im Wasser.
„Niemand.“ Wehrte Anneli ab. „Es sei denn du bist schwanger.“
„Ich?“ Martta riss die Augen auf. „Ich doch nicht!“
„Was nicht?“ Matti ließ sich neben sie gleiten.
„Sie ist nicht schwanger.“ Klärte Anneli ihn auf.
„Aha.“ Irritiert sah er von der einen zur anderen. Dem Gedanken konnte er jetzt nicht folgen. Doch er kam gar nicht dazu noch länger darüber nachzugrübeln, da ihn ein harter Stoss von hinten unverhofft ins Wasser beförderte. Nach Luft schnappend tauchte er rudernd wieder auf und als er sich das Wasser aus dem Gesicht gewischt hatte, sah er direkt in Marttas feixende Augen.
„Tja.“ Sie grinste. „Da hat dich der Pool wohl auch ganz laut gerufen.“
„Das wirst du bereuen!“ Er fuhr sich über die nassen Haare.
„Das werden wir dann sehen.“ Lachte sie und ließ sich elegant ins Wasser gleiten. Anneli, die die Aktion ruhig beobachtete hatte, drehte sich mit einem triumphierenden Gesichtsausdruck zu ihrem Freund herum. Was hab ich dir gesagt? Fragte die hochgezogene Augenbraue. Joni nickte unmerklich. Vielleicht hatte sie ja doch Recht. Gönnen würde er es dem Freund allemal.
Martta hatte inzwischen begonnen im Pool ihre Bahnen zu schwimmen. Während sie hin und her kraulte, gesellte sich Matti zu den anderen beiden an den Rand.
„Und?“ Anneli sah ihn fragend an.
„Was und?“ Irritiert blickte er zurück.
„Wie geht’s dir?“ Immer noch verwundert antwortete er.
„Gut, was sonst?“ Anneli grinste.
„Hätte ja sein können, dass es dir sehr gut geht.“
„Häh?“ Er verzog das Gesicht. Ihm war immer noch nicht klar, was sie wollte. Doch Joni wank ab.
„Wie machen wir es eigentlich mit der Zimmerverteilung?“ Fragte er dann die beiden anderen.
„Also Martta hat sich im linken Schlafzimmer einquartiert.“ Erklärte Matti. Dort hatte sie sich umgezogen, während er dasselbe im Bad getan hatte.
„Was gibt es denn für Zimmer?“ Erkundigte sich Anneli, dich sich nicht mit der Besichtigung des Hauses aufgehalten hatte, sondern sofort in den Pool gestürmt war.
„Zwei.“ Erklärte Matti knapp. „Jeweils mit Doppelbett.“
„Dann herzlichen Glückwunsch zum linken Schlafzimmer.“ Anneli sah Matti herausfordernd an.
„Meinst du das ist klug?“ Wandte der ein.
„Was ist klug?“ Martta stieß schwer atmend zur Gruppe.
„Wir diskutieren die Zimmerverteilung.“ Klärte Anneli sie auf. „Allerdings ist das mein Urlaub und damit schlussendlich meine Entscheidung.“ Beschloss sie.
„Und was bedeutet das?“ Martta wischte sich die nassen, sich kringelnden Strähnen aus ihrem Gesicht.
„Das Matti dein Zimmerpartner ist.“ Erklärte Anneli ungerührt.
„Okay.“ Martta ließ sich rückwärts ins Wasser fallen und strich beim auftauchen ihre Haare, die sie weiterhin im Gesicht gekitzelt hatten, nach hinten, so dass sie eng an ihrem Kopf anlagen. Irritiert bemerkte sie erst dann die erstaunten Gesichter.
„Wo ist das Problem? Ich meine, mir war schon klar, dass ich mir kein Zimmer mit Joni teile.“ Sie zuckte die Achseln.
„Er…“ Anneli schaltete als erste und wies auf Matti. „…Hatte Angst, dass du ihn beißt.“
„Ich bin doch keim Vampir.“ Lenkte Martta das Gespräch in eine ungefährliche und unschlüpfrige Schiene.
„Ich geh raus.“ Verkündete Matti.
„Schon?“ Anneli sah ihn fragend an.
„Ja, mir ist kalt.“
„Wenn man auch die ganze Zeit nur rumsteht.“ Bemerkte Martta. „Kein Wunder.“ Matti zuckte nur mit den Schultern.
„Ich komme mit.“ Schloss sich Joni an.
„Wir bleiben noch drin. Oder?“ Anneli sah ihre Freundin fragen an, die nickte.
„Linkes Zimmer?“ Erkundigte sich Matti noch bei Martta.
„Ja. Das Badezimmer ist direkt daneben. Und macht uns bitte nicht den Boiler leer.“
„Das müssen wir uns noch überlegen.“ Grinste Joni und gab seiner Freundin einen Kuss, die ihn jedoch stattdessen leicht in die Lippe biss.
„Das lasst ihr schön bleiben!“
„Aua.“ Beschwerte sie Joni.
„Dann lass uns warmes Wasser übrig.“
„Machen wir.“ Versprach Matti, der den Pool schon verlassen und sich in sein Handtuch gewickelt hatte.
„Du willst ja nur bei Martta lieb Kind machen.“ Beschwerte sich Joni, als sie sich einige Schritte vom Pool entfernt hatten.
„Ja und?“ Der Angesprochene zuckte mit den Schultern.
„Du solltest dran bleiben.“ Wechselte der Blonde nun das Thema.
„Woran?“ Matti zog die Augenbrauen fragend zusammen.
„An Martta.“ Erklärte Joni gelassen.
„Was meinst du?“
„Genau das, was ich gesagt habe. Sie ist nicht so unerreichbar wie du meinst.“
„Lass mich damit in Ruhe.“ Matti hatte sich seinen Koffer gegriffen und trug ihn die schmale, steile Treppe nach oben. Joni folgte mit seiner Tasche.
„Du weißt, dass ich dazu eigentlich nichts sage, aber Anneli hat Recht, da geht was.“
„Lass es doch einfach so wie es ist und sag auch weiterhin nichts dazu.“ Wank Matti mürrisch ab. Er wusste sowieso nicht, ob das so eine gute Idee gewesen war, mit Martta in einem Zimmer zu schlafen, aber er hatte ja wohl keine Wahl.
„Magst du als erster duschen?“ Schlug ihm nun Joni vor.
„Gerne, wenn das für dich okay ist.“ Er riss sich von seinen Gedanken los.
„Klar, sonst hätte ich es doch nicht vorgeschlagen.“
„Danke.“ Matti bugsierte seinen Koffer durch die schmale Tür in das kleine Zimmer, das von einem großen Doppelbett dominiert war. Er sah sich um. Marttas Sachen lagen schon auf der linken Seite, also besetzte er die Rechte und suchte sich dann frische Sachen heraus. Eine schöne Dusche würde jetzt wirklich angenehm sein!


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 Betreff des Beitrags: Re: Wer einmal lügt...
BeitragVerfasst: Do 24. Jul 2008, 14:55 
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„Was machst du?“ Brummte Matti verschlafen. Es schien mitten in der Nacht zu sein und durch das eine halb geöffnete Augen konnte er sehen, dass Martta sich etwas überzog. Durch ihre Aktivität war er auch überhaupt erst aufgewacht.
„Entschuldige, ich wollte dich nicht wecken.“ Sie ließ sich auf der Bettkante nieder und schlüpfte in ihre Schuhe.
„Was machst du denn hier mitten in der Nacht?“ Erkundigte er sich erneut und stützte den Kopf mit dem Arm auf, so dass er halb aufgerichtet dalag.
„Ich konnte nicht mehr schlafen und deshalb wollte ich Sterne gucken gehen. Hier kann man einen unglaublichen Sternenhimmel sehen.“
„Das glaube ich.“ Er nickte. „Es gibt ja weit und breit kein Licht.“
„Genau.“ Martta stand auf. „Ich bin auch schon weg. Schlaf noch gut. Oder…“ Sie zögerte.
„Was ist?“ Inzwischen war auch er vollständig wach.
„Mhm…Ich wollte fragen ob du mitkommen willst, aber das ist sicher Blödsinn.“ Wank sie ab und öffnete die Zimmertür.
„Ich würde aber eigentlich gerne mitkommen.“ Fasste sich Matti ein Herz, die Aussage von Joni immer noch im Hinterkopf.
„Ja?“ Überrascht drehte sich Martta wieder herum. „Dann komm doch. Ich bin am Pool.“ Mit einem Nicken verschwand sie, währen Matti aus dem Bett stieg und nach seinen Sachen zu kramen begann.

„Wow. Da hast du nicht zuviel versprochen.“ Matti trat zu Martta, die in eine Decke gewickelt, auf einer Liege am Pool lag und in den Himmel starrte.
„Deshalb bin ich ja aufgestanden.“ Sie rückte zur Seite, so dass er sich auf die Kante der Liege neben sie setzten konnte. Auch Matti sah in den Himmel.
„Kennst du Sternbilder?“ Erkundigte er sich nach einem ganzen Moment des Schweigens.
„Nein, nicht wirklich.“ Martta schüttelte den Kopf. „Mein Vater kannte ganz viele. Hier hat er immer mit mir gesessen und mir die Sterne erklärt. Und wenn er manche Sterne nicht zuordnen konnte, hat er immer etwas erfunden.“ Nachdenklich starrte sie in den nachtdunklen Himmel. Matti hingegen ließ seinen Blick möglichst unauffällig zu ihrem Gesicht wandern. Es erfüllte ihn mit Stolz, dass sie ihm das alles erzählt hatte und dass sie eine für sie so wichtige Sache mit ihm teilte. Es hinterließ auf jeden Fall ein gutes Gefühl in seinem Bauch. Im Licht der Sterne sah sie unheimlich jung und verletzlich aus und erinnerte ihn an die Martta, die er vor über zehn Jahren kennen gelernt hatte.
„Was ist?“ Schreckte sie ihn schließlich aus seinen Gedanken.
„Was soll denn sein?“
„Na, du starrst mich an. Da oben…“ Sie wies mit dem Zeigefinger nach oben. „…Spielt die Musik.“
„Entschuldige.“ Er fühlte sich ertappt. „Ich war nur in Gedanken.“
„Das habe ich gemerkt. Darf ich daran teilhaben oder sind die geheim?“ Sie zog die Beine an und schlang die Arme darum.
„Ich glaube, die sind geheim.“ Matti zog entschuldigend die Nase kraus.
„Okay.“ Akzeptierte Martta seine Aussage und wandte sich lieber wieder den Sternen zu. Wegen denen waren sie schließlich hier.
„Weißt du…“ Setzte Matti schließlich doch zögernd an zu sprechen. Martta sah weiter in die Sterne, ließ ihn seine Gedanken ordnen, Mut finden und wartete darauf, dass er weiter sprach.
„Ich habe darüber nachgedacht wie….wie wir uns kennen gelernt haben und…Und dass ich deinen Vater nie kennen gelernt habe, beide Eltern nicht.“
„Ja.“ Martta nickte und sah ihn nun direkt an, suchte Blickkontakt. „Da waren sie schon fast zwei Jahre tot.“ Sie spürte, wie er nach ihrer Hand griff und sie drückte. „Sie hätten dich gemocht. Weißt du, meine Mutter hat immer gesagt, das Wichtigste bei einem Mann sei, dass man mit ihm Lachen und sich selbst sein kann.“ Sie sprach nicht mehr weiter, hielt einfach nur seine Hand und sah in den sternenübersäten Himmel hinauf. Doch Mattis Herz hatte auch so angefangen unkontrolliert zu rasen und die Schmetterlinge in seinem Magen waren in Aufruhr. Das war eine astreine Liebeserklärung gewesen! Martta hatte sie sicher nicht in dem Sinne gemeint, wie er sich das wünschen würde, aber immerhin. Vorsichtig begann er mit seinem Daumen über ihren Handrücken zu streichen. Ihm raubte diese sanfte Streichelei fast die Sinne, doch Martta regierte nicht, entzog ihm damit aber auch nicht ihre Hand. Also machte er vorsichtig weiter. Ihre Hand war warm und weich unter seinem Daumen und er hätte ewig so weitermachen können. Doch schließlich ließ er schweren Herzens ihre Hand los.
„Mir ist kalt. Ich gehe wieder in Bett.“ Erklärte er und erhob sich. Noch mehr Nähe, ohne ihr wirklich nahe kommen zu dürfen, ertrug er im Moment einfach nicht.
„Mhm. Okay. Dann komme ich mit.“ Martta schälte sich aus ihrer Decke. „Nicht, dass ich dich noch mal wecke.“
„Das macht doch nichts.“ Wehrte er ab. Doch sie schüttelte bestimmt den Kopf.
„Muss aber nicht sein. – Gehen wir.“ Martta hatte die zusammengelegte Decke unter den Arm geklemmt und gemeinsam stiegen sie die wenigen Stufen zum Haus hoch.


„Du siehst Scheiße aus.“ Stellte Anneli fest. „Was hast du denn heute Nacht gemacht?“ Sie legte das Baguette, das sie zusammen mit Joni im Dorf geholt hatte, auf den Tisch, auf dem Martta gerade die Teller verteilte.
„Jedenfalls nicht genug geschlafen.“ Seufzte Martta.
„Mhm.“ Anneli zog eine Schnute. „Die erste Nacht neben jemand anderen schläft man immer schlecht.“
„Ja.“ Müde fuhr sich Martta über die Augen. „Hoffen wir, dass es daran liegt.“ Sie wusste natürlich, dass es nicht nur daran lag. Sie hatten eine lange Zeit draußen gesessen und die Sterne angesehen und danach hatte sie noch weniger schlafen können. Immer wieder war ihr durch den Kopf gegangen, wie er ihre Hand festgehalten hatte. Wie gut das getan hatte. Und ganz besonders das merkwürdige, aber durchaus angenehme Gefühl, dass sie überfallen hatte, als er angefangen hatte sie vorsichtig zu streicheln. Warum er das getan hatte, konnte sie sich nicht wirklich erklären. Vielleicht hatte es ein Trost sein sollen, da sie über ihre Eltern gesprochen hatten. Sie hatte noch lange hellwach in ihrem Bett gelegen und Mattis tiefen Atemzügen gelauscht, ihn im Stillen um den Schlaf beneidend.
„Was machen wir denn heute?“ Erkundigte sich Anneli, Besteck und Tassen auf dem Tisch verteilend. Martta zuckte mit den Schultern.
„Was wir wollen. Aber ich bin eindeutig für einen ruhigen Tag am Pool.“
„Finde ich auch eine gute Idee.“ Klinkte sich Joni in das Gespräch der Mädchen ein.
„Ja, von mir aus auch.“ Nickte Anneli. „Müssen wir nur noch Matti fragen.“
„Was müsst ihr mich fragen?“ Trat der Angesprochene nun auch auf die Terrasse und stellte die Kaffeekanne auf den fertig gedeckten Tisch.
„Wir hatten uns gerade auf einen ruhigen Tag am Pool geeinigt.“ Erklärte Anneli.
„Ist mir auch recht.“ Nickte er.
„Boah, hab ich jetzt einen Hunger.“ Anneli setzte sich und die anderen folgten ihrem Beispiel.
„Dann iss.“ Grinste Joni und reichte seiner Freundin ein Stück Baguette.
„Hm…Wenn ich so hungrig bin, ist es aber keine gute Idee, wenn ich den ganzen Tag so nahe beim Kühlschrank bin.“ Stellte Anneli fest und bestrich ihr Käsebrot dick mit Marmelade. Skeptisch dabei beäugt von den anderen.
„Das ist lecker.“ Kommentiere sie die befremdeten Blicke.
„Und du bist sicher, dass nicht du schwanger bist?“ Erkundigte sich Martta.
„Nein.“ Sie kaute. „Also ja. Also ich meine: ja ich bin sicher, dass ich nicht schwanger bin.“ Martta schüttelte den Kopf.
„Dann will ich das, jedenfalls kulinarisch, nie erleben.“
„Du bist doof.“ Beschwerte sie Anneli, biss dann von ihrem Brot ab, welches dadurch ins Rutschen kam und, wie Butterbrot das immer tut, mit der Marmelade zuerst in den Dreck fiel.
„Wieso muss so was eigentlich immer mir passieren?“ Grollte sie nach einem Schreckensmoment.
„Weil niemand anderes auf die Idee kommen würde so was zu machen.“ Erklärte Joni lakonisch. „Käse und Marmelade, das muss ja schief gehen.“
„Pft!“ Anneli bückte sich, sammelte die Reste ihres Brotes ein und brachte sie in die Küche, um sie in den Müll zu werfen. Als sie wieder zurückkam, sah sie in drei feixende Gesichter.
„Ihr seit echt doof.“ Stellte sie erneut fest, griff nach einem weiteren Stück Brot und begann damit es zu schmieren. „Ich hätte euch nicht auf mein Geschenk mitnehmen sollen.“ Schmollte sie etwas zu künstlich und war dann auch die Erste, die laut anfing zu lachen.
„Du bist doch echt…“ Martta liefen die Lachtränen herunter.
„Bäh.“ Spielte Anneli ihre Rolle weiter. „Wenn ich das vorher gewusst hätte, wäre ich gar nicht erst mitgekommen!“
„Hey, das hab ich mir auch gedacht, als ich dich zum ersten Mal gesehen habe!“ Erklärte Matti ungerührt, doch seine zuckenden Mundwinkel verrieten ihn. Drei Köpfe flogen ihm zu. Verwirrt starrten sie ihn an.
„Was war denn das für eine Aussage?“ Fing sich Anneli als erste.
„Das wollte ich schon immer mal sagen.“ Zuckte er mit den Schultern.
„Na, aber hier hat es ja mal überhaupt nicht gepasst.“ Stellte Martta fest.
„Ist doch egal.“ Wank Matti ab.
„Wenn du meinst…“ Immer noch etwas verwundert sah sie ihn an.


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BeitragVerfasst: Do 24. Jul 2008, 14:55 
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„Müde?! Pfft!“ Martta stellte ihre Tasche neben die Liege am Pool und setzte sich auf diese.
„Wer ist müde?“ Fragte Matti träge. Er hatte mit geschlossenen Augen auf der zweiten Liege gelegen, öffnete diese jedoch nun wieder.
„Anneli und Joni. Jedenfalls angeblich. Das ich nicht lache! Die ist so fit wie ein Turnschuh.“
„Lass ihnen doch ihren Spaß.“ Antwortete Matti und drehte sich auf die Seite, damit er besser mit Martta sprechen konnte. „Außerdem gibt es so keine Schlacht um die Liegen.“
„Auch wieder wahr.“ Sie zog sich ihr T-Shirt über den Kopf und schlüpfte aus der Hose. „Ich geh schwimmen.“ Verkündete sie dann.
„Ich nicht.“
„Du bist ja auch so faul.“ Lachte Martta während sie sich ihr Handtuch zurecht legte, so dass sie nachher nicht danach suchen musste.
„Ich bin nicht AUCH faul, ich bin der einzige Faule hier.“ Er grinste dreckig, doch Martta verdrehte nur die Augen und begab sich dann in den Pool.
Sie genoss das angenehm kühle Wasser und zog Bahn um Bahn durch das klare Nass, bis sie schließlich nur noch im flacheren Bereich des Pools herumdümpelte und toten Mann machte. So war das Leben nach ihrem Geschmack!
Noch einmal tauchte sie durch das Becken hin und her. Plötzlich huschte ein Grinsen über ihr Gesicht und sie pirschte sich an die Stelle, die Mattis Sonnenliege am nächsten lag. Eine kleine Weile hielt sie still, doch er rührte sich nicht. Lag einfach mit geschlossenen Augen da. Ob er schlief oder nicht, konnte sie nicht beurteilen. Schließlich brachte sie sich in Stellung, formte eine Schale aus ihren Händen und schleuderte das Wasser in seine Richtung.
„Igitt!“ Er sprang ruckartig auf und starrte Martta, die sich nur schwer ein Kichern verkneifen konnte, böse an. „Musste das sein?“
„Ja, musste es. Das war zu verführerisch.“ Er runzelte kurz die Stirn, dann zog er sich das nasse T-Shirt über den Kopf.
„Dann sieh nur zu, dass du auch das Echo ertragen kannst!“ Wach und auch nass war er jetzt ja schon, da konnte er auch in den Pool gehen.
„Da habe ich keine Bedenken.“ Lachte Martta. Sie hatte schon immer um Längen besser schwimmen können als er. Immer noch breit grinsend beobachtete sie ihn, wie er ins Wasser stieg.
„Kalt.“ Er erschauderte, tauchte dann aber doch ganz unter, so dass er völlig nass wurde.
„Es ist doch nicht kalt.“ Sie lag auf dem Rücken, den Kopf am Beckenrand aufgelehnt und hielt sich rücklings am Rand fest, während ihre Beine träge im Wasser ruderten.
„Ich bin ja auch nicht wie ein Verrückter durch das Becken gepest.“ Erklärte Matti ungerührt.
„Woher willst du denn das wissen?“ Erkundigte sie sich. „Du hast doch geschlafen.“
„Das machst du immer.“ Redete er sich heraus. Sie musste nicht wissen, dass er sie heimlich beobachtet hatte. Nur leider nicht lange genug, sonst hätte er ihrem Anschlag ausweichen können.
„Mhm.“ Brummte Martta und schloss die Augen. Sie genoss die Sonne, die ihr warm ins Gesicht schien.
„Du bist aber ganz schön vertrauensselig.“ Plötzlich stand Matti neben ihr.
„Warum?“ Sie öffnete träge ein Auge.
„Naja, so ungestraft machst du mich nicht nass.“ Drohte er und kam noch näher. Martta nahm die Füße herunter, so dass sie nun an den Beckenrand gelehnt dastand. Inzwischen stand er direkt vor ihr. Keine zehn Zentimeter trennten ihre Körper mehr voneinander.
„Willst du mir Angst machen?“ Seine Nähe machte ihr ein komisches Gefühl, fast so, als wäre sie nervös. Dieser Umstand machte ihr viel mehr zu schaffen, als Mattis spielerische Drohgebärden.
„Klar.“ Er sah ihr intensiv in die Augen. Zu ihrer eigenen Überraschung spürte sie, wie ihr Herz einen Schlag aussetzte, um dann nur umso intensiver zu klopfen. Irritiert fühlte sie in sich hinein, während sie drohte in seinen Augen zu ertrinken.
„Was soll das Matti?“ Martta schloss die Augen und entzog sich somit seinem Blick. Das war zuviel für sie.
„Ich sagte doch, du solltest nicht so frech sein.“ Damit packte er sie, hob sie hoch und tunkte sie gehörig unter.
Obwohl sie nach Luft schnappend und hustend nur Momente später wieder auftauchte, fühlte sie sich erleichtert. Diese unbändige Spannung zwischen ihnen war verschwunden und der Umgang hatte sich wieder normalisiert
„Du Idiot.“ Immer noch keuchte sie und bemühte sich Luft zu bekommen.
„Geht’s wieder?“ Vorsichtig hielt er sie fest, damit sie vor lauter Husten nicht wieder unterging.
„Du bist vielleicht ein Witzbold.“ Erneut musste sie husten. „Erst mich halb umbringen und dann den Samariter spielen.“
„Immerhin bin ich jetzt ein Witzbold und kein Idiot mehr.“ Erklärte er gelassen.
„Du spinnst!“ Sie ditschte ihn vor die Brust. Inzwischen hatte sich ihre Atmung normalisiert und sie musste auch nicht mehr husten.
„Kein Stück weniger als du.“ Immer noch hatte er sie nicht losgelassen, wollte es nicht. Wollte es nie wieder wenn er ehrlich war. Ihre Hand ruhte immer noch auf seiner Brust und er war sich sicher, dass sie seinen rasenden Herzschlag spüren konnte.
„Weißt du Matti.“ Sie hatte den Blick gehoben und sah ihn direkt an. „Das hat mir unheimlich gefehlt.“
„Was?“ Fragte er leise nach. Traute seiner Stimme nicht ganz.
„Unsere Freundschaft.“ Sie strahlte ihn an. „Spaß zu haben.“ In Mattis Kopf erschien der Gedanke, dass sie noch ganz anderen und viel mehr Spaß haben könnten. Doch er schob den Gedanken beiseite. Hier ging es gerade um etwas ganz anderes.
„Ich auch.“ Flüsterte er. Er konnte gar nicht in Worte fassen, wie sehr sie ihm gefehlt hatte. Doch schließlich hatte er sich daran gewöhnt, dass sie nichts mehr mit ihm zu tun haben wollte. Er hatte schließlich genug Zeit dazu gehabt. Hatte den Schmerz, der ihn manchmal zu übermannen drohte, beiseite geschoben und sein Leben weitergelebt. Ohne sie. Doch nun stand sie wieder vor ihm. Fast in seinen Armen. Und sah ihn mit großen Augen an. Augen in die er schon wieder versinken könnte…
„Du kannst dir gar nicht vorstellen wie sehr.“ Flüsterte er, warf alle Bedenken über Bord und zog sie eng an sich.
Martta fand sich plötzlich in seinen Armen wieder. Ihre Wange presste sich an seine blanke Brust und sie konnte deutlich sein Herz rasen fühlen. Zu ihrer Überraschung spürte sie, dass ihr Herz sich ganz genauso verhielt. Doch schnell, bevor es sie verwirren konnte, stellte sie diese Gedanken ab, schloss die Augen und ließ sich von dieser, doch so vertrauten, Umarmung davontragen.

„Oha!“ Anneli, die gerade das Haus verlassen hatte und in Richtung Pool unterwegs war, stoppte plötzlich in ihrer Bewegung.
„Was ist?“ Joni, der direkt hinter ihr gewesen war, konnte nicht mehr so schnell stoppen und lief in seine Freundin hinein. Auf der Suche nach seinem Gleichgewicht hielt er sich Unterstützung suchend an ihren Schultern fest.
„Da!“ Sie hatte ihre Stimme gesenkt und wies in Richtung Pool. Er sah nun auch in diese Richtung.
„Hoppla!“ Auch er war verwundert.
„Das ging ja schneller als wir dachten.“
„Meinst du?“ Joni war immer noch ein wenig skeptisch. Anneli zuckte mit den Schultern.
„Vielleicht, vielleicht auch nicht. Jedenfalls sollten wir da nicht stören.“ Sie drehte sich herum und griff nach seiner Hand. „Komm, wir gehen wieder rein.“
„Okay.“ Nickte er und mit einem letzten neugierigen Blick auf den Pool, ließ er sich von seiner Freundin wieder ins Haus ziehen.

„Danke.“ Vorsichtig löste sich Martta aus Mattis Umarmung.
„Wofür?“ Er runzelte etwas verwirrt die Augenbrauen. Schweren Herzens hatte er sie losgelassen.
„Dafür, dass du trotz allem noch mein Freund sein willst.“ Fast schüchtern sah sie ihn an.
„Das ist doch selbstverständlich.“
„Nein, ist es nicht.“ Ernst sah sie ihm in die Augen. „Und das weißt du auch.“
„Ich…“ Sie konnte sehen wie es in ihm arbeitete. Plötzlich streckte er die Arme aus und zog sie wieder in seine Arme. „Lass es einfach nie wieder passieren.“ Murmelte er.
Martta ließ sich festhalten, wunderte sich jedoch ein wenig über Matti. So emotional hatte sie ihn selten erlebt.
„Nein.“ Antwortete sie ebenso leise. Sie spürte wie er ihr sanft über den Kopf strich und sie dann langsam losließ. Sie tauschten noch einen Blick, dann ließ sich Martta rückwärts ins Wasser gleiten, so dass sie auf dem Rücken trieb. Sie hatte die Augen geschlossen und genoss die Wärme der Sonne auf ihrem Gesicht. Doch nicht nur ihr Gesicht war ganz warm, auch in ihrem Bauch hatte sich eine wohlige Wärme ausgebreitet. Matti wollte ihr Freund sein, so wie früher und das trotz allem was passiert war! Das tat unheimlich gut! Ein Lächeln erschien auf ihrem Gesicht.
Matti betrachtete Martta, die entspannt im Wasser trieb und leise vor sich hin lächelte. So wie sie aussah, so fühlte er sich gerade: zufrieden mit allem, im Reinen mit sich selbst. Alle anderen Probleme spielten im Moment keine Rolle. Sie hatten sich vertragen, hatte die alte Freundschaft wieder hervorgekramt. Und das war das Wichtigste im Moment.


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 Betreff des Beitrags: Re: Wer einmal lügt...
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„Wo ist denn Anneli hin?“ Martta stellte sich auf die Zehenspitzen und sah sich um. Sie standen mitten im Gedränge des Marktes in Carpentras und hatten zum wiederholten Male einen aus der Gruppe verloren.
„Da vorne.“ Joni, der mit Abstand der Größte war, konnte ohne Probleme über die Köpfe der anderen Menschen hinwegsehen. Martta seufzte.
„So geht das nicht. Wir müssen uns aufteilen, sonst sind wir die ganze Zeit nur mit Suchen beschäftigt.“
„Gute Idee.“ Nickte Joni, der immer noch seine Freundin im Auge behielt. „Und wie.“
„Geh schon.“ Meldete sich nun Matti zu Wort. „Wir treffen uns um Zwei beim Auto. Okay?“ Joni nickte und verschwand dann in der Menge.
„Du bist so selbstlos.“ Spottete Martta.
„Nein.“ Ein Grinsen erschien auf seinem Gesicht. „Ich kann nur das Schmachten und das sehnsuchtsvolle Geseufzte nicht aushalten, wenn man sie trennt. Dann…“ Immer noch grinsend legte er ihr den Arm um die Schultern. „…Gehe ich schon lieber mit dir, Shorty.“
„Shorty?“ Martta hob eine Augenbraue.
„Genau.“ Das Grinsen wurde breiter. „Und jetzt komm. Wir müssen den Franzosen doch mal zeigen wie man shoppt.“
„Bist du sicher, dass du gesund bist?“ Amüsiert legte Martta ihm die Hand auf die Stirn.
„Völlig.“ Sie setzten ihren Weg zwischen den Ständen fort und Martta realisierte erst nach einer ganzen Weile, dass er immer noch den Arm um ihre Schultern gelegt hatte. Doch es störte sie nicht. Vielmehr fühlte es sich gut an in dem Gedränge von ihm festgehalten zu werden.
„Was hält du davon?“ Sie waren an einem Stand mit Sonnenbrillen stehen geblieben und Martta hatte sich eine auf die Nase gesetzt.
„Naja.“ Matti rümpfte die Nase. „Wenn du darauf stehst wie ein Insekt auszusehen.“
„Nicht?“ Sie sah ihn direkt an und brachte sich in Pose. „Die sind doch so modern.“ Er schüttelte den Kopf.
„Ehrlich nicht.“
„Okay.“ Sie setzte die Brille ab. „Aber vielleicht bei dir.“ Ehe er es sich versah, trug er die Brille.
„Nein.“ Protestierte er. „Auch ich sehe nicht gerne aus wie eine Fliege.“ Martta legte den Kopf schief.
„Aber vielleicht hilft es dir beim fliegen?!“
„Bestimmt nicht.“
„Schade.“ Martta hatte sich aus seinem Arm herausgewunden, während er die Insekten-Brille zurücklegte und suchte nach einer Neuen.
„Und die?“ Sie hatte ein anderes Modell auf der Nase und wandte sich nun vom Spiegel, in dem sie ihr Spiegelbild studiert hatte, Matti zu.
„Auch nicht.“ Er schüttelte den Kopf.
„Och, Mensch.“ Beschwerte sie sich. „Du bist aber auch mit gar nichts einverstanden.“
„Lass sie lieber weg.“ Erklärte er. Ihre Augen waren tausendmal schöner als jede Brille.
„Mhm.“ Ganz zufrieden war sie nicht, ließ sich jedoch trotzdem von ihm weiterziehen.
„Halt! Stopp!“ Martta stoppte vor einem Tisch mit provencealischen Stoffen und Tischdecken.
„Was willst du denn damit?“ Matti zog die Augenbrauen zusammen.
„Das ist nicht für mich. Leena möchte eine Tischdecke haben.“ Ihre Tante hatte sie extra noch einmal daran erinnert.
„Ach so.“ Er nickte. Das hörte sich plausibel an. Auch wenn ihn die Stoffe nicht interessierten genoss er es doch sehr, sie aus dem Augenwinkel zu beobachten.
„Bist du damit fertig in die Luft zu starren?“ Hörte er plötzlich Marttas belustigte Stimme neben sich.
„Was?“
„Wir können weiter.“ Sie wedelte mit ihrer weißen Plastiktüte. Dann spürte er, wie sie nach seiner Hand griff. „Komm Matti.“ Er folgte ihr. Nach einer kleinen Weile blieb sie stehen und rümpfte die Nase.
„Bäh! Hier stinkts.“
„Nach Fisch.“ Bestätigte er und wies auf den Stand auf der linken Seite, wo ganze Fische auf ihre Käufer warteten. „Magst du immer noch keinen?“ Erkundigte er sich dann, während sie weiter gingen.
„Nein.“ Vehement schüttelte sie den Kopf. „Immer noch nicht.“
„Da verpasst du was.“ Sie lachte.
„Damit kann ich leben.“
„Und jetzt?“ Sie waren am Ende des Marktes angekommen.
„Hinsetzen und was trinken?!“ Martta wies auf ein kleines Cafe am Straßenrand.
„Hört sich gut an.“ Nickte Matti und so steuerten sie einen leeren Tisch an.
„Sitzen tut gut.“ Aufatmend ließ Martta sich auf einen Stuhl fallen und strecke die Beine von sich.
„Und ich dachte immer Frauen werden beim Einkaufen nicht müde.“ Matti tat es ihr gleich.
„Ich schon.“
„Dann bist du wohl die Ausnahme.“
„Vielleicht.“ Martta zuckte mit den Schultern und gab dann die Bestellung beim geduldig wartenden Kellner auf.
„Damit kannst du leben?“ Wiederholte er ihre Worte von zuvor.
„So ungefähr.“ Lachte sie.


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 Betreff des Beitrags: Re: Wer einmal lügt...
BeitragVerfasst: Do 24. Jul 2008, 14:56 
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Mit einem kleinen Schrei erwachte Martta. Mit aufgerissenen Augen saß sie aufrecht im Bett. Alpträume…Sie hasste Alpträume, auch wenn sie inzwischen nur noch recht selten davon gequält wurde.
„Was ist los?“ Sie drehte den Kopf und sah, dass auch Matti neben ihr wach war.
„Tut mir leid, ich wollte dich nicht wecken.“ Noch immer war sie etwas außer Atem. Ihr Herz raste.
„Alles in Ordnung?“ Er runzelte die Stirn, versuchte etwas im Dunklen zu erkennen.
„Ich hab nur schlecht geträumt.“ Gab Martta zu. Sie legte sich wieder zurück und wickelte sich in ihre Decke.
„Oh! War’s schlimm?“ Matti kam näher gerobbt.
„Sonst wär ich wohl kaum aufgewacht.“ Seufzte sie.
„Aber jetzt ist’s besser?“ Seine Stimme war noch rau vom Schlaf.
„Geht schon.“ Wehrte sie ab.
„Sicher?“ Inzwischen war er so nah, dass sie fast meinte seine Wärme spüren zu können.
„Naja, so lange du keine kleinen Mädchen entführst.“ Immer noch war sie nicht wirklich ruhig und ihr Herz raste.
„Was sollte ich denn mit kleinen Mädchen?“ Er merkte, wie er immer wacher wurde.
„Was weiß denn ich?“ Seufzte sie. „Schlaf lieber weiter. Gute Nacht.“
„Du auch.“ Martta legte sich bequem hin und versuchte sich zu entspannen, aber der Schlaf wollte einfach nicht kommen. Sie war viel zu aufgewühlt. Unruhig warf sie sich hin und her. Plötzlich war Matti wieder neben ihr.
„Kannst du nicht einschlafen?“
„Wie sieht’s denn aus?“ Sie seufzte. Genau das hasste sie am allermeisten: nicht einschlafen zu können.
„Komm mal her.“ Mit einem Mal befand sie sich in seinen Armen. „Und jetzt probier es noch mal. Jetzt kann dir keiner mehr was.“
„Matti…“ Wollte sie protestieren. Das ging doch nicht, was er hier vorschlug!
„Psst!“ Unterbrach er sie. „Probiere es doch erst mal aus.“
„Aber…“ Protestierte sie weiter, doch erneut fiel er ihr ins Wort.
„Es gibt kein aber. Und jetzt schlaf.“
„Wenn das so einfach ginge, würde ich das schon lange tun.“ Brummelte sie.
„Entspann dich. Hier klaut niemand kleine Mädchen. Außerdem bist du ein großes Mädchen.“ Und wie! Dessen war er sich völlig bewusst. Und wenn er ehrlich war, dann kam ihm diese Situation nur gar zu recht.
„Das klingt komisch.“ Hörte er sie murmeln und spürte, wie sie sich wirklich langsam entspannte.
„Ist aber so.“ Marta fühlte wie sie langsam loslassen konnte. Es war warm in Mattis Armen. Warm und geborgen fühlte sie sich. Und als sie plötzlich eine Hand an ihren Haaren spürte, die ihr sanft über den Kopf strich, gab sie einen leisen, wohligen Laut von sich. Das fühlte sich gut an und entspannte sie ungemein.
Matti lächelte in die Dunkelheit hinein und strich ihr weiter über den Kopf. Es schien ihr ja zu gefallen und er war der Letzte, der sich beschweren würde. Ihre Nähe, ihr Geruch elektrisierte ihn, doch er wusste, dass er sich seinen Gefühlen nicht hingeben durfte, sich am Riemen reißen musste. So schwer ihm das auch fiel. Doch er wollte ihr neu gewonnenes Vertrauen nicht zerstören. Er spürte, wie sie immer ruhiger wurde in seinen Armen und bald schon nur noch ruhige und gleichmäßige Atemzüge zu hören waren.
„Weißt du was…?“ Die plötzliche Ansprache erschreckte ihn so, dass er zusammenzuckte.
„Ich dachte du schläfst.“ Antwortete er.
„Nein.“
„Und was wolltest du sagen?“ Erkundigte er sich dann nach dem Grund ihres Gesprächs.
„Mhm…“ Wand sie sich nun doch ein bisschen. Doch Matti konnte ihr nicht ins Gesicht sehen, sah nur ihre Haare und konnte daher auch nicht ergründen was denn los sein könnte. „Mich hat ewig niemand mehr im Arm gehalten.“ Anscheinend hatte sie sich nun doch ein Herz gefasst.
„Doch, ich.“ Widersprach er. „Beim Tanzen.“
„Das zählt doch nicht.“ Nun tauchte sie doch soweit aus seiner Umarmung auf, dass sie ihn ansehen konnte. Und obwohl es ziemlich dunkel war, konnte er zumindest die Umrisse ihres Gesichtes sehen.
„Nicht?“
„Nein!“ Er konnte erahnen, dass sie den Kopf schüttelte.
„Und der Blonde?“ Erkundige sich Matti nach einem Moment des Überlegens, ob er es ansprechen sollte, dann doch.
„Aki?!“ Fragte Martta überrascht. An den hatte sie fast gar nicht mehr gedacht.
„Ja.“ Matti nickte und sie konnte spüren, dass er seine Umarmung etwas löste. Was ein leises Gefühl des Bedauerns in ihr auslöste.
„Mhm…Doch.“ Antwortete sie dann, ganz zu Mattis Missfallen. „Aber nur kurz. Genauso wie das Anneli auch getan hat. Aber das ist etwas völlig anderes.“
„Meinst du?“ Matti war überrascht und konnte ihrem Gedankengang nicht wirklich folgen.
„Mhm.“ Bestätigte sie.
„Und inwiefern?“ Erkundigte er sich. Das interessierte ihn nun doch.
„Das anders ist?“
„Mhm.“
„Ich weiß nicht so genau. Es war kurz und unbedeutend. Ich glaube es fehlt das Vertrauen.“
„Das kommt aber nicht unbedingt so hoppladihopp.“ Warf er ein. „Das kannst du schlecht vergleichen.“
„Vielleicht. Aber das vergesse ich immer, wenn ich bei dir bin.“ Antwortete sie leise. Mattis Herz schlug ein paar Takte schneller.
„Und was ist mit Anneli? Fehlt da auch das Vertrauen?“ Erkundigte er sich um sich abzulenken.
„Nein, natürlich nicht. Zu Anneli habe ich Vertrauen. Aber das ist wieder etwa ganz anderes. Was ich eigentlich meinte, ist, dass mich keiner mehr wegen einer solchen Lappalie und so lange im Arm hatte.“ Erklärte sie dann. „Einfach nur so.“
„Ist ein schlimmer Alptraum eine Lappalie? Also ich hatte den Eindruck, dass du ziemlich fertig warst.“
„Ja schon. Im ersten Moment. Aber das geht ja vorbei.“
„Ich soll dich also loslassen?“ Fragte er leise. In seinem Bauch bildete sich ein Knoten vor lauter Angst vor der Antwort. Er wollte sie nicht loslassen, andererseits wollte er natürlich auch nichts tun was ihr unrecht war.


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 Betreff des Beitrags: Re: Wer einmal lügt...
BeitragVerfasst: Fr 25. Jul 2008, 07:34 
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Martta biss sich auf die Lippe. Wollte sie, dass er sie losließ? Warum hatte sie nur davon angefangen? Es fühlte sich einfach gut an, in seinem Arm zu liegen. Er war warm und es beruhigte sie, den schlimmen Traum hatte sie schon fast ganz vergessen. Aber das war es nicht nur. Sie war einfach so froh, dass sich das zwischen ihnen wieder geklärt hatte.
„Weißt du es nicht?“ Erkundigte er sich, als sie ihm nicht antwortete.
„Was ist wenn ich jetzt nein sage?“ Antwortete sie zögernd mit einer Gegenfrage.
„Dass du es nicht weißt?“ Fragte er nach, um wirklich sicher zu sein.
„Nein. Dass du mich nicht loslassen sollst.“ Flüsterte sie nur.
„Dann halte ich dich eben weiter fest.“ Erklärte er ebenso leise.
„Ist das nicht…komisch?“ Erkundigte sie sich nach einem Moment des Schweigens.
„Dass ich dich festhalte?“ Matti war überrascht. „Dafür sind doch Freunde da.“
„Danke.“
„Immer. Das weißt du doch.“ Er begann wieder mit seiner Hand sanft über ihre Haare zu streichen. Das hatte ihr ja gefallen und ihm…nun das stand wohl außer Frage, dass es ihm auch gefiel.
Martta schloss die Augen und genoss die kraulende Hand in ihren Haaren. Es entspannte sie, machte sie wieder müde, so dass sie bald eingeschlafen war.

Martta erwachte und wollte sich, wie sie das immer morgens tat, ausgiebig strecken, doch sie kam nicht weit. Ihr Bewegungsspielraum war äußerst eingeengt. Verwundert schlug sie die Augen auf und sah im ersten Moment nichts. Noch einmal blinzelte sie und erkannte dann, dass sie Mattis Brust anstarrte und dieser sie noch immer im Arm hielt. Vorsichtig legte sie den Kopf in den Nacken, um sehen zu können, ob er noch schlief oder ebenfalls schon wach war und sie nur nicht hatte wecken wollen. Doch seine Augen waren noch geschlossen und das Gesicht entspannt.
Nachdenklich betrachtete sie ihn. Schön war das Gesicht sicher nicht. Aber darüber hatte sie, wie ihr nun auffiel, noch nie nachgedacht. Er war eben Matti und sie kannte und mochte ihn so wie er war. Aussehen…nein, darüber hatte sie wirklich noch nicht nachgedacht. Sie beschloss es auch jetzt nicht zu tun, denn was hätte es schon gebracht?
Vorsichtig versuchte sie sich aus seinen Armen zu winden, ohne dass er wach wurde. Doch sobald sie sich auch nur einige Zentimeter Freiheit erkämpft hatte, knurrte er und zog sie noch enger an sich. Also hielt sie inne. Wecken wollte sie ihn auch nicht wirklich, hatte sie das doch schon zu oft getan. Erneut versuchte sie sich aus seinem Griff zu stehlen, denn so langsam musste sie wirklich mal auf die Toilette, doch erneut festigte er nur wieder seinen Griff um sie. Schließlich hielt sie seufzend still. Ein bisschen würde sie es noch aushalten können.
Seine eine Hand war während ihrer gescheiterten Befreiungsversuche aus ihren Haaren gerutscht und nun hatte er beide Arme um ihren Körper geschlungen. Vorsichtig verlagerte sie ihr Gewicht ein bisschen, so dass sie gemütlicher lag. Doch er rührte sich immer noch nicht.
Martta schloss noch einmal ihre Augen um noch ein bisschen zu dösen, doch bald wurde das Bedürfnis immer dringender und irgendwann hielt sie es nicht mehr aus. Mit mehr Gewalt als zuvor löste sie sich aus seinen Armen.
W’s?“ Hörte sie seine verwirrte Stimme, während sie sich auf die Bettkante setzte.
„Guten Morgen.“ Erwiderte sie.
„Mhm…“ Er brummte nur und sie erhob sich, um endlich auf die Toilette zu gehen.
„Hei.“ Er sah deutlich wacher aus, als sie nach wenigen Minuten zurückkam. Sie lächelte ihm zu und setzte sich auf ihre Hälfte des Bettes.
„Tut mir leid, dass ich dich schon wieder geweckt habe, aber ich musste mal wohin.“ Erklärte sie.
„Wie spät iss’s denn?“ Noch immer war seine Stimme rau vom Schlaf und er nicht vollständig wach. Martta griff nach ihrer Uhr, die sie auf dem Nachttisch abgelegt hatte.
„Halb Acht.“
„So früh?“ Er seufzte.
„Dann schlaf noch ein bisschen.“ Sie musste lächeln. So verpennt sah er einfach goldig aus. Sie runzelte die Stirn. Sollte sie so etwas über ihn denken?
„Was ist?“ Er hatte ihre Reaktion durchaus mitbekommen.
„Nichts.“ Wiegelte sie ab. „Ich nehm’ schnell meine Sachen und dann kannst du weiterschlafen.“ Sie begann ihre Kleider zusammenzusuchen.
„Ich glaub, ich bin eh wach.“ Er fuhr sich über das Gesicht und dann durch die Haare. „Noch mal schlafen würde es nur noch schlimmer machen.“
„Mach was du willst.“ Martta hatte inzwischen einen ganzen Stapel Sachen auf dem Arm. „Ich geh jedenfalls jetzt ins Bad.“
„Mach das.“ Er setzte sich im Bett auf. Martta nickte und verschwand aus dem Zimmer.
Als sie das Bad später wieder angezogen und fertig für den Tag verließ, saß zu ihrer Verwunderung ein völlig angezogener Matti auf der Bettkante und drehte Däumchen.
„Na? Doch wach?“ Sie räumte ihren Schlafanzug weg.
„Naja.“ Er wiegte den Kopf hin und her und erhob sich dann. „Eher aus dem Bett gefallen. Ist das Bad frei?“
„Ja.“ Sie nickte. „Die Turteltäubchen schlafen wohl noch. Oder machen sonst was.“
„Darüber will ich nicht nachdenken.“ Er verzog das Gesicht. „Und am frühen Morgen schon gar nicht. Gehen wir gleich Brot holen?“ Wechselte er dann das Thema. „Einen Morgenspaziergang machen? Vielleicht werde ich dann richtig wach.“
„Du willst ins Dorf laufen?“ Martta riss die Augen auf. „Das ist aber `ne Strecke.“
„Warum nicht? Es ist doch noch früh?“
„Mal sehen.“ Wiegelte sie ab. Nicht dass es sie schreckte zu Fuß zu gehen, aber es war wirklich ziemlich weit. „Mach dich erst mal fertig.“
„Bis gleich.“ Er verschwand.


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 Betreff des Beitrags: Re: Wer einmal lügt...
BeitragVerfasst: Sa 26. Jul 2008, 15:28 
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„Es war doch eine gute Idee, oder?“ Martta und Matti schlenderten nebeneinander her. Sie waren im Dorf gewesen und hatten Brot besorgt. Nun waren sie auf dem Rückweg.
„Ja, doch.“ Stimmte sie zu. Der Weg war erstaunlich schnell vorüber gegangen.
„Was machen wir denn heute?“ Erkundigte sich Matti. Martta kippte den Kopf in den Nacken und sah in den strahlend blauen Himmel hinauf.
„Müssen wir mit den anderen besprechen, aber ich hätte Lust auf den Mont Ventoux zu fahren. Da hat man sicher eine tolle Aussicht.“
„Mit dem Fahrrad?“ Neckte Matti. Sie warf ihm einen empörten Blick zu.
„Sehe ich wahnsinnig aus?“
„Weiß man nicht so genau.“ Grinste er. Martta schnaubte nur.
„Was kann man denn da sehen?“ Wechselte er nun das Thema.
„Wenn man Glück hat – und heute sieht’s eigentlich so aus – kann man sowohl das Mittelmeer, als auch die Alpen sehen.“
„Hört sich gut an.“ Nickte er.
„Mal sehen was die anderen zwei sagen.“ Martta zuckte mit den Schultern.


„Hossa!“ Anneli stand auf der kleinen Mauer, die den Parkplatz am Gipfel des Mont Ventoux begrenzte und sah hinunter.
„Was ist?“ Martta stand neben ihr, allerdings nicht auf der Mauer.
„Das ist ja `ne coole Aussicht.“ Erklärte die Andere, während sie sich an der Schulter der Freundin festhielt um nicht abzustürzen, denn auf der anderen Seite war die Mauer alles andere als klein. Da ging es ziemlich tief nach unten.
„Auf der anderen Seite auch.“ Erklärte Joni, der zu den beiden Mädchen getreten war. Anneli nickte.
„Ja. Aber hier ist es noch besser.“ Sie balancierte ein paar Schritte und hüpfte dann von der Mauer herunter. „Hach! So was sollten wir öfter machen.“
„Was, balancieren?“ Neckte Joni.
„Nein.“ Sie schüttelte vehement den Kopf. „Urlaub.“
„Da werden dir wohl 99,9% aller Menschen zustimmen.“ Lachte Martta. „Und die Restlichen sie Workaholics.“
„Wie schrecklich.“ Anneli verzog das Gesicht und machte sich dann, Joni in ihrem Kielwasser, auf den Weg auf die andere Seite der Bergkuppe, um noch einmal die Aussicht zu betrachten.
„Also manchmal, da kommt sie mir echt vor wie ein aufgescheuchtes Huhn.“ Wandte sich Martta schmunzelnd an Matti, der alleine seine Runde gedreht hatte und nun zu ihr trat.
„Manchmal?“ Er hob belustigt eine Augenbraue. „Ich frag mich eher manchmal wie Joni das aushält.“
„Er scheint ein strapazierfähiges Nervenkostüm zu haben.“ Erwiderte Martta.
„Hat er.“ Nickte Matti. „Bei manchen Frauen braucht man das aber auch.“ Er grinste sie an und legte ihr freundschaftlich den Arm um die Schultern. „Glücklicherweise habe ich ja noch dich, Shorty.“
„Hey!“ Sie zwickte ihn in die Seite. „Nicht so frech!“
„Das war ein Kompliment.“ Widersprach er.
„Wenn, dann aber ein äußerst uncharmantes.“
„Was ist daran uncharmant, dass ich froh bin, dass du nicht so stressig bist?“ Verwundert zog er die Stirn kraus.
„Das nicht, aber dass du mich immer Shorty nennst.“
„Das passt aber zu dir. Shorty.“ Wieder lachend wuschelte er ihr mit der Hand, die nicht auf ihrer Schulter lag, durch die Haare.
„Hey! Nicht!“ Beschwerte sie sich erneut. „Du machst mich ja ganz wuschelig.“
„Erstens ist das bei deinen Haaren kein Kunststück und zweitens ist es hier sowieso so windig, dass das auch nicht mehr ins Gewicht fällt.“
„Du bist doof.“ Erneut knuffte sie ihn.
„Oh, man! Ich bin so froh!“ Matti legte auch den zweiten Arm um Martta und zog sie so in seine Arme, so dass ihr Kopf an seiner Brust ruhte.
Martta fühlte sich im ersten Moment überrumpelt. Was tat er da?! Es verunsicherte sie. Ihr Kopf ruhte auf seiner Brust und sie konnte durch den dünnen T-Shirt-Stoff seine ruhigen Atemzüge spüren. Als er sie umarmt hatte, hatte sie automatisch ebenfalls ihre Arme um ihn geschlungen, doch nun wusste sie nicht recht, was sie tun sollte. Es war ihr unangenehm! Was wenn Anneli und Joni wieder auftauchten und sie hier so zusammen sahen?
Aber war es wirklich unangenehm? Sie hatte die Augen geschlossen und horchte in sich hinein. Nein, musste sie vor sich selbst zugeben, nach der ersten Überraschung war es nicht unangenehm. Eher liebevoll und angenehm. Andererseits war es ihr nicht recht, das in der Öffentlichkeit zu tun.
„Matti?“ Vorsichtig hob sie den Kopf und sah ihn an.
„Was ist?“ Er strich ihr eine der Haarstränen, die in seiner Umarmung unordentlich geworden war, hinter ihr Ohr.
„Was tun wir hier?“ Seine Finger an ihren Haaren, an ihrer Wange fühlten sich vertraut an und doch fühlte sie sich seltsam elektrisiert.
„Ich habe mich davon überwältigen lassen, dass wir das mit unserer Freundschaft wieder hinbekommen haben und habe dich da mit rein gezogen.“ Er grinste etwas schief. „Soll ich dich wieder loslassen?“ Sie nickte langsam.
„Besser wäre es.“
„Aber?“ Martta seufzte leicht.
„Nichts aber.“
„Okay.“ Widerstrebend ließ er sie los. Martta brachte etwas Abstand zwischen sie und fuhr sich durch die Haare.
„Wow, findet ihr das auch so cool?“ Anneli kam angesprungen und Martta dachte bei sich, dass Matti sie keine Sekunde zu früh losgelassen hatte.
„Schön, ja.“ Sie versuchte ein Lächeln. Etwas verwirrt betrachtete Anneli die beiden anderen. Sie sahen aufgewühlt aus und irgendwie so, wäre etwas passiert. Doch sie kam nicht dazu nachzufragen, denn Joni kam hinzu.
„Man, habe ich einen Kohldampf! Ihr nicht?!“
„Doch.“ Gab Martta zu. „Sollen wir dann zurück fahren?“
„Von mir aus.“ Matti nickte.
„Und du?“ Wandte sich Joni an seine Freundin. „Genug geguckt?“
„Jap.“ Sie nickte.


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 Betreff des Beitrags: Re: Wer einmal lügt...
BeitragVerfasst: So 27. Jul 2008, 09:09 
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„Ich brauche Urlaub!“ Anneli ließ sich neben Martta, die auf einer Bank auf dem Unigelände saß und die Sonne genoss, fallen. Diese schnaubte belustigt.
„Heute ist der zweite Tag Uni.“
„Eben.“ Anneli streckte sich. „Das waren zwei Tage zuviel.“
„Was ist denn mit dir los?“ Martta hob eine Augenbraue. „Wo ist die unerschöpfliche Energie hin?“
„Die hat der neue Prof mir weggenommen.“
„Warum das?“ Anneli rümpfte die Nase.
„Der spinnt. Es ist die erste Woche und wir sollen 200 Seiten lesen – in Worten: Zweihundert – und das bis nächsten Dienstag!“
„Na dann viel Vergnügen.“ Martta schnaubte. „Was hattest du am Wochenende noch mal vor?“
„Bäh!“ Anneli streckte der Freundin die Zunge raus. „Tu nicht so scheinheilig.“ Martta hob abwehrend die Hände hoch.
„ICH muss keine 200 Seiten lesen.“
„DU könntest aber eine bessere Freundin sein.“ Schmollte Anneli. „Und etwas Mitleid mit mir haben.“
„Ich habe ganz dolles.“ Lachend schlang Martta ihre Arme um die Freundin und drückte sie.
„Hättest du jetzt nicht gelacht, hätte es fast geholfen.“ Spielte Anneli ihre Rolle weiter.
„Was ist? Dir ist nicht mehr zu helfen?“ Ertönte da eine tiefe Stimme neben ihnen.
„Du musst sie nicht auch noch unterstützen.“ Anklagend sah Anneli Matti an, während er sich neben die Mädchen auf die Bank fallen ließ. „Was machst du außerdem hier an der Uni? Solltest du nicht in einem fernen Land halsbrecherische Dinge tun?“
„Nein.“ Er grinste die Blonde an. „Ich bin schon fertig damit und hatte Sehnsucht nach euch.“
„Bist du dir sicher, dass du gesund bist?“ Mischte sich nun auch Martta in das Gespräch ein und legte ihre Hand auf Mattis Stirn.
„Bin ich. Ganz sicher.“ Sanft schob er ihre Hand weg.
„Sei nur vorsichtig.“ Anneli wedelte mit ihrem Zeigefinger vor seinem Gesicht herum. „Sie ist heute richtig gemein.“
„Das ist sie immer.“ Wank Matti an.
„Hey!“ Beschwerte sich Martta sofort, doch die beiden anderen ignorierten sie und setzten ihre Unterhaltung fort.
„Was macht ihr jetzt?“ Erkundigte sich Matti ungerührt und hielt Marttas Hand, mit der sie ihm einen Klaps verpassen wollte, dabei fest, ihre Rache so verhindernd. Anneli rollte mit den Augen.
„Vorlesung.“
„Gibt’s wieder 200 Seiten?“ Erkundigte sich Martta mit blitzenden Augen und grinsend. Matti musste schlucken als er das sah. So gefiel sie ihm verdammt gut. Schnell ließ er ihre Hand wieder los.
„Nein, hoffentlich nicht.“ Brummte Anneli. „Aber ich muss trotzdem los. Bis später…oder irgendwann.“ Sie wank den beiden anderen zu und verschwand dann.
„Und du?“ Wandte sich Matti nun an Martta. „Was machst du jetzt?“ Diese zuckte mit den Schultern.
„Keine Ahnung. Im Gegensatz zu Anneli muss ich weder noch mal in die Uni, noch muss ich 200 Seiten lesen.“
„Hättest du dann Zeit?“
„Wofür?“ Martta runzelte fragend die Stirn.
„Naja…Meine Mutter hat Geburtstag…“ Begann er herumzudrucksen. „Und mir fällt nichts ein.“
„Und da soll ich…?“ Sie deutete mit dem Finger auf sich und sah ihn überrascht an. „…Für deine Mutter…?“ Nun wies ihr Finger auf ihn.
„Bei Anneli hat es doch auch so gut geklappt.“
„Anneli kenne ich aber gut, im Gegensatz zu deiner Mutter.“ Warf sie ein.
„Du bist aber eine Frau.“
„Und das qualifiziert mich automatisch?“ Martta hob eine Augenbraue.
„Könntest du wenigstens mitkommen?“ Bittend sah er sie an. „Ich habe wirklich überhaupt keine Idee.“
„Naja…“ Brummelte sie. „Bevor du ihr ein Bügeleisen oder einen Dampfkochtopf schenkst…“
„Kommst du mit?“ Sie nickte.
„Ja. Ich komme mit.“
„Super.“ Er sprang auf.
„Aber…!“ Sie war sitzen geblieben und sah ihn nun mahnend mit gehobenem Zeigefinger an. „Keine Beschwerden über Frauen und Einkaufen!“
„Anneli hatte Recht. Du bist heute wirklich gemein. Da muss ich schon einkaufen und darf mich nicht mal darüber beschweren.“ Seufzte er gespielt genervt.
„So ist das Leben.“ Grinste Martta, während sie sich ebenfalls erhob. „Hart und grausam.“

„Also…“ Matti und Martta waren in der Innenstadt angekommen. „Was würdest du gerne von mir zum Geburtstag geschenkt bekommen?“
„Meinst du das wäre vergleichbar?“ Sie sah ihn mit zweifelnd gerunzelter Stirn an. „Sag mir lieber, was deine Mutter interessiert.“
„Du kannst mir aber trotzdem verraten, was du haben wolltest, dann kann ich es mir schon einmal merken.“
„Du stellst Fragen.“ Martta seufzte. „Keine Ahnung.“ Ihr fiel es immer schwer sich etwas zu wünschen, denn eigentlich war sie wunschlos glücklich – jedenfalls was materielle Dinge anging. Unerfüllbare Wünsche hätte sie schon gehabt, z.B. ihre Eltern oder Aina betreffend.
„Ist alles in Ordnung? Habe ich etwas Falsches gesagt?“ Erschrocken hatte Matti registriert wie traurig Martta auf einmal geworden war.
„Ja, ja.“ Wank sie ab. „Ich…“ Sie schluckte, sprach dann jedoch nicht weiter.
„Du musst es nicht sagen.“ Vorsichtig griff er nach ihrer Hand und drückte sie tröstend.
„Ich mag aber… ich habe nur gedacht, dass ich nur unerfüllbare Wünsche habe…dass es Menschen gibt, die ich einfach gerne noch einmal sehen würde.“ Beendete sie flüsternd.
„Tut mir leid.“ Ernst und eindringlich sah er sie an. „Aber das kann auch ich nicht erfüllen.“ Auch wenn er es liebend gerne für sie getan hätte.
„Weiß ich doch.“ Mit traurigen Augen lächelte sie ihn an. Dann entwand sie ihm ihre Hand. „Wir sollten lieber sehen, dass wir was für deine Mutter finden.“
„Hast du dann eine Idee?“ Ging er auf ihren Themenwechsel ein.
„Was mag sie denn? Garten, Kochen, Reisen, Lesen, Käsekästchen?“
„Was?!“ Matti musste unwillkürlich anfangen zu lachen. „Wie kommst du denn da drauf?“
„Wieso nicht?“ Auch Martta musste nun grinsen. Die Traurigkeit war vorüber.
„Auch wieder wahr. Und das ist gar nicht mal so eine schlechte Idee.“
„Käsekästchen?“ Sie hob ungläubig eine Augenbraue.
„Das nicht, nein. Aber ein Gesellschaftsspiel. Damit wir Weihnachten nicht immer ‚Mensch ärgere dich nicht’ oder ‚Monopoly’ spielen müssen, wenn sie der Spieltrieb packt.“ Begeisterte er sich für die Idee.
„Besser als ein Bügeleisen allemal.“ Befand nun auch Martta.
„Du bist heute wirklich aufsässig.“ Matti legte ihr schwungvoll den Arm um die Schultern. „Komm Shorty! Lass uns gucken, ob wir was Interessantes finden.“
„Sag nicht immer Shorty.“ Grummelte Martta vor sich hin, ließ sich aber mitziehen.


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 Betreff des Beitrags: Re: Wer einmal lügt...
BeitragVerfasst: Mo 28. Jul 2008, 08:16 
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„Geschafft.“ Seufzte Matti erleichtert.
„Fertig?“ Martta deutete fragend auf die Tüte die er trug. Während er bezahlt hatte, hatte sie sich noch ein wenig umgesehen.
„Mhm.“ Er nickte. „Und jetzt brauche ich einen Kaffee.“
„Okay.“ Sie hakte sich bei ihm ein. „Dann lass uns mal wohin gehen, wo du einen kriegst.“
„Gute Idee, Shorty.“
„Sag nicht immer Shorty!“ Mit drohend zusammengezogenen Augenbrauen kam sie seinem Gesicht mit ihrem ganz nah. Dazu musste sie sich ziemlich recken und wenn er nicht von ihrer Nähe so überwältigt würde, so hätte er wohl nur wieder feststellen müssen, dass Shorty mehr als passend war, auch – oder gerade weil – sie sich so dagegen wehrte.
„Nein?“ Matti musste sich räuspern und trotzdem war seine Stimme immer noch rau. Martta hatte das durchaus mitbekommen und wollte ihn etwas verwundert mustern, doch bevor sie dazu kam, begegnete ihr Blick seinem und plötzlich…war irgendetwas anders. Sie kam nicht mehr los von seinen dunklen Augen, verlor sich darin und als ihr, aufgrund ihrer körperlichen Nähe, sein eigentlich so vertrauter Geruch in die Nase stieg, fühlte sie sich ganz leicht, abgehoben, nicht mehr in der Wirklichkeit verankert. Vielmehr gab es plötzlich nur noch sie und ihn. Ihr Herz begann zu rasen und in ihrem Bauch schlug irgendetwas Purzelbäume.
Matti registrierte ihren Blick, spürte ihre Nähe und fühlte sich mit einem Mal wie gelähmt. Nichts ging mehr, außer sie anzusehen.
Erst als er von hinten angerempelt wurde, tauchte er wieder in die Wirklichkeit ein. Noch immer standen sie mitten im Kaufhaus, mitten in der Spielzeugabteilung.
„Hier bekommen wir aber keinen Kaffee.“ Bemühte er sich zu sagen. Auch Martta war, durch die Unterbrechung des Blickkontaktes, wieder aus ihrer Erstarrung aufgewacht und schüttelte benommen den Kopf, zu mehr war sie schlicht und ergreifend nicht in der Lage.
„Dann lass uns woanders hingehen.“ Sie hörte selbst, wie dünn ihre Stimme klang.
„Gut.“ Er nickte, wandte sich von ihr ab und ging vor in Richtung Ausgang. Stumm und verwirrt folgte Martta ihm.
Das eben war sehr…merkwürdig gewesen. Wäre es nicht Matti gewesen, dann könnte man ja fast meinen, das sie… Aber bei ihm? Das war doch irgendwie irrsinnig. Unwillkürlich schüttelte sie den Kopf. Wie kam sie nur auf so etwas? War es doch zuviel Uni gewesen an diesem Tag? Ein Kaffee würde jetzt sicher auch ihr gut tun.
Zielstrebig ging Matti auf den Ausgang zu, doch so sicher seine Schritte waren, so wild jagten die Gedanken durch seinen Kopf. Sie hatte ihn angesehen, so als ob sie ihn zum ersten Mal sah und gleichzeitig hatte er sich ihr so nah gefühlt, wie noch nie zuvor. Und eigentlich war er sich in diesen Sekunden – oder waren es Stunden gewesen? – sicher gewesen, dass da etwas war was sie verband, etwas das ganz sicher keine Freundschaft war. Nun jedoch hatten sich Zweifel eingeschlichen und er hatte sich fast davon überzeugt, dass er es sich eingebildet hatte. Er sollte solche Phantastereien in Zukunft besser abstellen und sich unter Kontrolle behalten. Nicht, dass er ihre Freundschaft, den wieder gewonnenen lockeren Umgang miteinander, erneut verspielte.
Sie traten aus dem Kaufhaus auf die belebte Straße hinaus und Martta fröstelte unwillkürlich. In der Zeit, in der sie einkaufen gewesen waren, waren dunkle Wolken aufgezogen und ein frischer Wind pfiff um die Straßenecken.
„Ist dir kalt?“ Matti war stehen geblieben und sah sie nun fragend an.
„Mhm.“ Sie nickte. Am Vormittag war es noch angenehm warm gewesen, außerdem hatte sie nicht vorgehabt, so lange unterwegs zu sein und so war sie nun etwas dünn angezogen.
„Soll ich dich nach Hause bringen?“ Fragend musterte er sie.
„Und was ist mit dem Kaffee?“
„Trinken wir wann anders?“
„Nein.“ Martta schüttelte den Kopf. Sie brauchte jetzt einen Kaffee. In Ruhe und nicht zu Hause wo Teresa mit zwei Freundinnen herum sprang. „Setzen wir uns irgendwo rein. Da ist es ja warm.“ Okay, Ruhe war wohl auch etwas anderes, denn unter Mattis eindringlichem Blick spürte sie, wie ihr ein kalter Schauer den Rücken herunter rann.
„Gut.“ Sie steuerten das nächste Cafe an, suchten sich einen ruhigen Tisch aus und ließen sich nieder.
„Bestellst du mir einen Kaffee mit? Ich muss mal grade…“ Matti wies mit seinem Kopf in die Ecke, in der sich die Tür zu den Toiletten befand.
„Sextanerblase?“ Grinste Martta zu dem inzwischen Stehenden hoch. Doch der streckte ihr nur die Zunge raus und verschwand dann. Suchend sah sie sich um, wank die Kellnerin heran und bestellte zwei Kaffee. Dann lehnte sie sich entspannt zurück und lies ihren Blick träge durch das Cafe wandern.
„Hallo Martta!“ Hörte sie plötzlich eine Stimme hinter sich und wandte den Kopf herum.
„Oh. Hei Aki.“ Sie nickte ihm zu.
„Darf ich?“ Er wies mit dem Kopf auf den Stuhl vor sich und als sie nicht protestierte ließ er sich nieder. „Und? Wie war der Urlaub?“ Erkundigte er sich sobald er saß.
„Schön, entspannend. So wie ein Urlaub sein sollte.“
„Das ist schön.“ Er nickte. „Bist du ganz alleine hier?“ Martta schüttelte den Kopf.
„Nein. Ich bin mit Matti hier, der kommt gleich wieder.“
„Oh, ach so.“ Er klang enttäuscht. Er hatte sie durch das Fenster gesehen und eigentlich damit gerechnet, dass sie alleine war und er so etwas Zeit mit ihr verbringen konnte.
„Mhm, ja.“ Martta nickte. Ihr war sein Stimmungswandel nicht entgangen. Doch bevor sich dazu kam etwas zu sagen, kam Matti zurück. Er nickte dem Anderen zurückhaltend zu und setzte sich dann auf seinen Platz.
„Hei.“ Grüßte Aki, dann erhob er sich wieder.
„Ich muss los. Einen schönen Tag noch.“ Er lächelte Martta zu, verabschiedete sich kurz von Matti und verschwand dann durch die Tür.
„Das war aber ein kurzer Besuch.“ Stellte Matti fest. Erntete jedoch nur ein Schulternzucken von Martta.
„Ich glaube, er hat sich erhofft, dass ich alleine hier bin.“ Erklärte sie dann.
„Steht er auf dich?“ Erkundigte Matti sich direkt. Martta zuckte mit den Schultern.
„Ich glaube schon. Aber…“ Erneut wanderten ihre Schultern nach oben.
„Aber?“ Hakte Matti nach. Das interessierte ihn nun schon.
„Aber ich stehe nicht auf ihn.“ Da war nichts, auch nach der Zeit, in der sie ihn nicht gesehen hatte, fühlte sie nichts für den Blonden. Jedenfalls nichts, was über Freundschaft hinaus ging.
„Hast du es ihm schon gesagt?“ Fragte er weiter.
„Du bist ganz schön neugierig.“
„Ich denke nur, dass das fair wäre.“
„Wahrscheinlich.“ Nachdenklich nickte sie. „Ich denke darüber nach.“ Versprach sie dann. Dabei war es sicher nicht Aki, der gerade ihre Gedanken durcheinander brachte. Ihr Gespräch wurde von der Kellnerin unterbrochen, die ihren Kaffee brachte.


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 Betreff des Beitrags: Re: Wer einmal lügt...
BeitragVerfasst: Di 29. Jul 2008, 08:15 
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„Oh…tut das gut.“ Seufzte Martta nach dem ersten Schluck.
„Allerdings.“ Matti drehte den Zucker, der auf dem Unterteller seiner Tasse gelegen hatte, unruhig zwischen seinen Fingern. „Was machst du heute Abend?“
„Heute Abend?“ Erkundigte sie sich über den Themenwechsel überrascht.
„Mhm.“ Bestätigte er.
„Darüber habe ich mir ehrlich gesagt noch keine Gedanken gemacht. Wieso fragst du?“ Ihre Blicke ruhten auf seinen Fingern, die immer noch mit dem Zucker spielten. Inzwischen zuppelte er an dem Papier, das den Würfel umgab.
„Ich hätte Lust ins Kino zu gehen.“ Erklärte Matti.
„Und ich soll mitkommen?“ Fragend und mit schief gelegtem Kopf sah sie ihn an.
„Wenn du magst…ja.“
„Mhm…“ Machte Martta neutral, während ihr Blick nun auf seinem Gesicht lag. „Wenn du mir eine Sache versprichst.“
„Was?“ Überrascht sah er auf. Sie streckte die Hand aus.
„Endlich diesen Zucker in Ruhe lässt. Der hat dir nichts getan.“ Sie hatte ihre Hand auf seine gelegt und entwand ihm nun so den Zucker. Schnell krümmten sich seine Finger ein wenig, so dass sie ihre leicht festhielten und so ihre Hand weiterhin auf seiner ruhte. Diese Reaktion war von Matti ganz automatisch gekommen und hatte ihm keine Zeit zum Nachdenken gelassen. Doch da sie ihre Hand nicht wegzog, was weiterhin problemlos möglich gewesen wäre, entspannte er sich ein wenig.
„Dann kommst du mit?“ Seine Stimme klang etwas atemlos. Noch immer lagen ihre Hände ineinander verschlungen auf dem Tisch. Martta hatte es nicht hinbekommen sich auch nur einen Millimeter zu bewegen. Es war, als klebte ihre Hand an seiner. Auf jeden Fall schien ein Strom zwischen ihnen zu fließen, der ein unglaubliches Kribbeln auslöste.
„Was willst du denn gucken?“ Auch sie musste die äußerste Konzentration aufbringen, um sprechen zu können. Sie kam sich vor wie in einem Strudel. Etwas saugte an ihr und gleichzeitig verhinderte es, dass sie klar denken konnte, dass sie irgendetwas denken konnte.
„Ich…“ Das Klingeln von Marttas Handy unterbrach ihn und brachte Martta schlagartig wieder in die Wirklichkeit zurück. Schnell entzog sie ihm ihre Hand und begann in ihrer Tasche nach dem Telefon zu suchen. Ein feiner roter Schimmer hatte sich über ihre Wangen ausgebreitet. Was war das nun schon wieder gewesen? Warum hatte er das getan? Sie es zugelassen? Und warum hatte sie sich nicht mehr bewegen können?
„Hallo?“ Meldete sie sich hektisch. Sie hatte nicht auf das Display gesehen und wusste so nicht wer sie anrief. Wollte sich nur schnell ablenken, die merkwürdigen Gedanken abstellen.
„Oh, hei Teresa.“ Begrüßte sie ihre Cousine. Matti hatte sich zurückgelehnt, seine Hand wieder zu sich genommen und beobachtete die Telefonierende entspannt. Gerade lachte sie mit ihrer Cousine, ihre Hand ruhte entspannt neben ihr auf dem Tisch.
Kopfschüttelnd, aber lächelnd beendete sie das Gespräch und lies ihr Handy zurück in ihre Tasche gleiten.
„Kinder haben vielleicht manchmal Ideen.“
„Was wollte sie denn?“
„Schwimmen gehen. Leena und Taneli haben wohl keine Zeit.“
„Und? Gehst du?“
„Nein.“ Sie schüttelte den Kopf. „Wäre ich jetzt zu Hause, wäre ich vielleicht mitgegangen. Aber so…nein.“
„Doch lieber Kino?“
„Hatten wir doch ausgemacht.“ Nickte sie. „Also unter der Vorraussetzung jedenfalls, dass…“
„Was? Noch mehr Bedingungen?“ Matti hob eine Augenbraue. „Du bist aber ziemlich anspruchsvoll.“
„Hör mich doch erst mal an.“ Spielerisch gab sie ihm einen Klaps. Froh darüber, dass sie wieder ganz normal miteinander umgehen konnten und diese merkwürdige Stimmung verschwunden war.
„Ich bin ganz Ohr.“ Lies er sich nicht aus der Ruhe bringen.
„Ich wollte nur sagen, dass ich keinen Film mit zuviel Blut sehen will.“
„Einen Frauenfilm?“ Matti verzog das Gesicht. Doch Martta zuckte nur mit den Schultern.
„Wenn du mit einer Frau ins Kino willst, musst du damit rechnen, dass du auch einen Frauenfilm ansehen musst.“
„Wer hat eigentlich bestimmt, dass immer die Frauen aussuchen dürfen?“ Mit schief gelegtem Kopf sah sie ihn abschätzend an.
„Alles andere wäre ja nicht gentlemanlike.“
„Komm Shorty, lass uns gehen, bevor hier noch eine Grundsatzdiskussion ausbricht.“ Matti erhob sich.
„Du willst dich ja nur davor drücken ein Gentleman zu sein.“ Grinste ihn Martta von unten heraus an.
„Denkst du!“ Er erwiderte das Grinsen. „Ich werde jetzt ganz gentlemanlike unseren Kaffee bezahlen und dann darfst du dir einen Film aussuchen.“
„Würdest du jetzt noch aufhören mich Shorty zu nennen, wäre es fast perfekt.“ Auch sie stand nun auf und hängte sich ihre Tasche um.
„Naja, das wäre wohl etwas zuviel des Guten, Shorty.“ Er zählte, nach einem Blick auf die Karte, Geld passend ab.
„Bäh.“ Nun war sie es, die ihm die Zunge herausstreckte. Sie verließen das Cafe und sofort schlang Martta ihre Arme um ihren Oberkörper. Es war noch kälter geworden als zuvor.
„Brrr.“ Sie versteifte sich.
„So kalt?“ Matti griff nach ihrem Arm und zog sie etwas abseits vom Trubel auf der Straße, dann streifte er sich seine Jacke von den Schultern.
„Was machst du?“ Verwundert sah sie ihm zu. „Ist dir irgendwie zu warm?“ Das war ihr nun wirklich nicht!
„Nein.“ Der Jacke folgte nun auch sein Pullover und er stand nur noch im T-Shirt da. Nun war zu sehen, dass es wirklich frisch war, da seine Arme eine Gänsehaut bedeckte. Schnell schlüpfte er wieder in seine Jacke und schloss den Reisverschluss. „Aber lange nicht so kalt wie dir. Hier!“ Er reichte ihr seinen Pullover.
„Für mich?!“ Überrascht sah ihn Martta an.
„Ja.“ Er schenkte ihr ein Lächeln. „Nicht dass du mir erfrierst und ich neben einer stocksteif gefrorenen Martta im Kino sitzen muss.“ Er zwinkerte ihr zu.
„Aber ist dir jetzt nicht kalt?“ Immer noch zögerte sie.
„Nein. Ich hab ja noch meine Jacke. Das geht schon. Und jetzt zieh ihn endlich an.“
„Okay. Danke.“ Martta zog den Pullover über ihren Kopf und ertrank sofort in Mattis Geruch. Sie fühlte sich, als ob sie von ihm umschlungen wurde. Schnell schlüpfte sie richtig in das Kleidungsstück und genoss die angenehme Wärme, die sie umfing.
„Besser?“ Matti musterte sie.
„Viel.“ Sie strahlte ihn an. „Danke noch mal.“
„Kein Problem.“ Wehrte er ab. „Gehen wir?“
„Ja.“


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 Betreff des Beitrags: Re: Wer einmal lügt...
BeitragVerfasst: Mi 30. Jul 2008, 08:17 
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„Und? Wirst du heute Nacht schlafen können?“ Erkundigte sich Matti bei Martta. Sie waren nach dem Kino auf dem Heimweg und schlenderten nebeneinander her.
„Bestimmt. Wie kommst du denn jetzt da drauf?“ Verblüfft sah sie zu ihm hoch. Sie trug wieder seinen Pullover und musste so nicht allzu sehr frieren.
„Naja, wirklich gruseln musstest du dich bei dem Film ja nicht.“
„Ach so.“ Jetzt verstand sie. Er spielte auf ihre Forderung nach einem blutlosen Film an. Sie hatten sich schlussendlich auf eine Komödie geeinigt und der Film hatte ihnen beiden recht gut gefallen. „Nein, gruselig war es wahrlich nicht.“ Sie zog die ihr sowieso zu langen Ärmel seines Pullovers über ihre kalten Finger.
„Immer noch kalt?“ Erkundigte sich Matti sofort.
„Geht schon.“ Wehrte sie ab.
„Noch mehr würde ich auch selbst für dich nicht ausziehen.“ Grinste er.
„Nicht?“ Martta zog eine spielerische Flunsch.
„Nein Shorty.“ Er legte ihr den Arm um die Schultern, um sie wenigstens so etwas wärmen zu können.
„Und ich hatte mich fast davon überzeugen lassen, dass du doch ein Gentleman bist.“
„Sag jetzt nichts falsches, sonst musst du wieder frieren!“ Sie maßen sich mit Blicken.
„Jetzt ist es ja nicht mehr weit. Dann müsste ich einfach nur ganz schnell laufen.“
„Dann komm Shorty!“ Matti hatte seinen Arm von ihrer Schulter genommen und stattdessen nach ihrer Hand gegriffen. Zusammen rannten sie los.
„Jetzt ist mir wirklich warm.“ Keuchte Martta, als sie das Haus ihres Onkels und ihrer Tante erreicht hatten.
„Das hätten wir schon viel früher machen sollen.“ Matti atmete kaum schneller.
„Nein, das wäre keine gute Idee gewesen.“ Immer noch rang sie nach Atem.
„Sei nicht so faul.“ Er funkelte sie an, doch sie schüttelte nur den Kopf und beschäftigte sich damit die Haustür aufzuschließen.
„Magst du noch mit reinkommen?“ Mit fragendem Blick drehte sie sich zu ihm herum.
„Ja, gerne.“ Erwiderte er knapp und folgte ihr ins Haus.
„Oh, hallo Matti. Dich habe ich ja schon ewig nicht mehr gesehen.“ Marttas Tante Leena war von dem Geräusch der zufallenden Haustür angelockt worden und begrüßte nun erfreut den unerwarteten Gast.
„Ja, ist lange her.“ Nickte er und reichte ihr dann die Hand. „Guten Abend.“ Leena begann zu lachen.
„So förmlich kenne ich dich ja gar nicht. Und das muss auch nicht sein.“ Auch Martta grinste.
„Er übt gerade daran ein Gentleman zu werden.“
„Na dann. Mögt ihr was zu trinken haben?“ Erkundigte sich Leena.
„Oh ja, bitte.“ Nickte Martta. Sie war schon die ganze Zeit durstig gewesen. Sie folgten Leena in die Küche.
„Was möchtet ihr denn?“
„Wasser. Aber wir können auch uns selbst…“ Setzte Martta an, doch ihre Tante fiel ihr ins Wort.
„Ach was. Bei dem hohen Besuch.“ Sie zwinkerte Matti zu. „Was magst du denn haben?“
„Auch Wasser. Danke.“ Er lächelte die Ältere an.
„Ihr seid ja billig zu haben.“ Lachte Leena und stellte das gewünschte auf den Tisch. „Und wie läuft die Saisonvorbereitung?“ Erkundigte sie sich bei Matti, während sie alle am Tisch Platz nahmen.
„Doch, gut.“ Nickte der. „Auf jeden Fall besser als in den letzten Jahren.“
„Das klingt doch gut.“ Lächelte Leena. „Freust du dich darauf?“
„Dass es wieder losgeht?“
„Mhm.“
„Ja, schon. Ich mag ja, was ich mache.“
„Leena.“ Martta verdrehte die Augen. „Nimm ihn doch nicht so ins Kreuzverhör.“
„Na hör mal!“ Nun wandte sich ihre Tante ihr zu. „Das nennt man Konversation. Außerdem habe ich ihn Jahre nicht gesehen, da werde doch mal ein paar Fragen erlaubt sein.“
Martta schnaubte, erhob sich und verlies die Küche.
„Was ist denn mit Martta los?“ Fassungslos sah Leena ihrer Nichte hinterher. So hatte sie sie noch nie erlebt. Oder jedenfalls seit der Pubertät nicht mehr.
„Woher soll ich das wissen?“ Matti zuckte ratlos mit den Schultern.
„Weil du sie immer schon gut kanntest.“ Erklärte Leena.
„Auch wir hatten Jahre lang nicht wirklich Kontakt.“
„Sie hat sich nicht so sehr verändert.“
„Sie ist erwachsen geworden.“
„Das seit ihr beide.“ Leena lächelte ihn an. „Schön, dass du wieder zu uns kommst.“ Matti verstand, dass sie damit auch die Freundschaft zu Martta meinte, es aber nicht so aussprach.
„Ja.“ Auch er verzog einen Mundwinkel. „Finde ich auch.“ Martta kam wieder ins Zimmer, setzte sich auf ihren Platz und sah lächelnd in die Runde.
„Und? Hast du eine Lebensbeichte abgelegt?“ Matti und Leena sahen sie irritiert an. Erst verschwand sie so plötzlich und dann tauchte sie wenig später mit bester Laune wieder auf?!
„Was ist?“ Nun waren ihr die Gesichter der anderen auch aufgefallen.
„Na, abgeregt?“ Meldete sich Leena als erste zu Wort.
„Wieso?“ Nun war es an Martta verblüfft zu schauen. „Hatte ich mich aufgeregt? Ich war nur auf dem Klo.“
„Ach so.“ Die Ältere sah nicht wirklich überzeugt aus, schwieg jedoch dazu.
„Bist du hier, meine Holde?“ Taneli streckte den Kopf in den Raum.
„Deine Holde?!“ Echote Martta ungläubig.
„Das meine liebe Nichte...“ Taneli kam zu ihnen in die Küche. „…Geht dich gar nichts an. Außerdem wirst auch du das eines Tages verstehen.“
„Na, an dem Verehrer mangelt es ja nicht.“ Grinste Matti. Er fühlte sich wohl hier in der Gesellschaft dieser Menschen. Auch wenn er mit Leena und Taneli mindestens so lange keinen Kontakt gehabt hatte, wie mit Martta.
„Der Blonde, den du dir nicht angeln wolltest?“ Leena sah ihre Nichte interessiert an. Sie hatte diese Informationen von ihrer Tochter erhalten.
„Wer hat das gesagt?“
„Teresa. Aber willst du ihn dir doch angeln?“ Nun ruhten alle Augen auf Martta.
„Nein.“ Martta schüttelte den Kopf.
„Warum nicht?“ Leena lehnte sich zurück und betrachtete ihre Nichte nachdenklich. „Teresa meinte, er wäre total süß.“
„Geht dich das was an?“ Martta hob fragend eine Augenbraue.
„Nein. Aber es interessiert mich trotzdem, was du so treibst.“ Resigniert schüttelte Martta den Kopf. Ihre Tante hatte das Talent alles früher oder später aus einem herauszukitzeln, da konnte sie auch gleich aufgeben.
„Er ist nett, mehr aber auch nicht.“ Erklärte sie leise. „Zufrieden?“
„Sehr.“ Ihr Onkel sah in die Runde. „Habt ihr auch Lust auf ein Glas Wein?“ Wechselte er das Thema. „Ihr sitzt hier so bei Wasser, als hätten wir nichts anderes im Haus.“


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 Betreff des Beitrags: Re: Wer einmal lügt...
BeitragVerfasst: Do 31. Jul 2008, 08:03 
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„Oh, man!“ Martta betrat, gefolgt von Matti, ihr Zimmer und schloss die Tür hinter ihnen. „Ich glaube, das war etwas viel.“ Sie ließ sich aufseufzend aufs Bett fallen. Es war nicht bei dieser ersten Flasche Wein geblieben.
„Das kannst du laut sagen!“ Matti setzte sich auf die Bettkante.
„Was ist den mit dir los?“ Jetzt grinste Martta wieder. Ihr Gesichtsausdruck war etwas debil und sie schielte leicht, ein untrüglicher Beweis dafür, dass sie schon etwas mehr als angeschickert war. „Seit wann verträgst du nichts mehr?“
„Ich werde eben alt.“ Scherzte Matti. Auch er spürte den Alkohol.
„Willst du da sitzen bleiben?“ Martta war beiseite gerutscht und zuppelte ihn am Ärmel seines Pullovers, den nun er wieder trug.
„Ja. Wenn ich mich jetzt hinlege, stehe ich nicht wieder auf.“
„Is’ doch egal.“ Wieder zog sie an ihm. „Ich habs eine Woche lang mit dir ausgehalten, dann kommts da auch nicht mehr drauf an.“ Matti biss sich nachdenklich auf die Unterlippe. Das war wirklich verlockend, was sie ihm da anbot, nicht nur weil es bedeutete neben ihr, bei ihr zu liegen, sondern auch weil er wirklich langsam müde wurde, aber klug war es wohl nicht, so alkoholisiert wie sie gerade waren.
„Bist du dir sicher?“ Er zögerte noch.
„Komm endlich!“ Energisch zog sie nun an seiner Hand.
„Okay.“ Vorsichtig ließ er sich neben ihr nieder. Eine kleine Weile lagen sie stumm nebeneinander, dann setzte Matti an zu reden: „Leena und Taneli sind echt nett.“
„Ja.“ Martta nickte. „Da habe ich echt Glück gehabt.“
„So nette Tante und Onkel zu haben?“
„Auch.“ Sie sah nachdenklich in die Luft. „Eigentlich meinte ich eher, dass ich bei ihnen wohnen konnte…kann. Dass sie mich aufgenommen haben.“
„Irgendwie habe ich das immer als selbstverständlich angesehen, dass du bei ihnen wohnst.“ Matti hatte sich auf die Seite gedreht, um sie besser ansehen zu können.
„Ist es aber nicht. Ich meine…“ Sie zuckte mit den Schultern. „Welches junge Paar will sich schon einer verstörten und traumatisierten Zwölfjährigen annehmen?“
„Dein Onkel und deine Tante?!“
„Wie schon gesagt…glücklicherweise.“ Sie seufzte abwesend und sah erst auf, als sie spürte, wie Matti ihr sanft über die Wange streichelte.
„Du vermisst sie sehr.“ Er hatte seine Hand wieder zu sich genommen.
„Natürlich. Ich hätte sie einfach gerne kennen gelernt. Als Erwachsene unter Erwachsenen. Und ihnen aus meinem Leben erzählt.“ Sie konnte den Weg, den seine Finger über ihr Gesicht genommen hatten, aufgrund der Spur der Hitze, die sie hinterlassen hatten, genau spüren.
„Ich war schon lange nicht mehr bei meinen Eltern.“ Matti sah nun auch nachdenklich drein. „Vielleicht sollte ich das bald mal tun.“
„Solltest du.“ Lächelte Martta.
„Magst du mitkommen?“
„WAS?“ Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie ihn an. „Wieso?“
„Wieso nicht.“ Er blieb weiterhin ruhig.
„Naja, das ist…komisch?!“
„Wieso? Ich bin doch auch hier.“
„Das ist aber etwas anderes.“
„Inwiefern?“
„Inwiefern? Das wäre komisch. Ich meine…so was macht man mit seiner Freundin, sie mit nach Hause zu nehmen. Aber ich…ich bin nicht deine Freundin.“
„Das nicht, Shorty. Aber eine gute Freundin und meine Eltern würden sich sicher freuen dich kennen zu lernen.“
„Mhm.“ Machte Martta unentschlossen und rümpfte unsicher die Nase. „Kann ich mir das noch überlegen?“
„Klar. Warum nicht?“
„Ich weiß ja nicht.“ Nun zuckte sie leicht mit den Schultern. „Du hast gefragt.“
„Eben.“ Er lächelte leicht. „Ich habe gefragt, nicht befohlen.“
„Das wäre ja auch noch schöner.“
„Nein, Shorty. Das würde ich nicht machen.“ Mit einem düsteren Blick zog sie die Augenbrauen zusammen.
„Du sollst mich nicht immer…“
„Weiß ich doch, Shorty.“
„Hey!“ Sie boxte ihn in die Seite.
„Was?“ Ohne große Anstrengung hielt er ihre Hand fest.
„Das weißt du genau!“ Nicht um eine Reaktion verlegen, setzte sie nun ihre andere Hand ein, um ihn zu knuffen.
„Weiß ich Shorty.“
„Grrr!“ Sie bleckte die Zähne. Viel mehr blieb ihr nun nicht mehr übrig, da er sich auch noch ihre andere Hand geschnappt hatte und diese ebenfalls festhielt.
„Bist du bissig?“ Erkundigte er sich prophylaktisch.
„Was wäre wenn?“
„Dann müsste ich wohl entsprechend reagieren.“ Erklärte Matti.
„Und wie soll das aussehen?“ Nach einer kurzen Sekunde des Zögerns beugte er sich nach vorne, legte seine Lippen auf ihre und übte sanften Druck aus.
Martta war von dieser Handlung völlig überrascht und fühlte sie wie gelähmt, konnte nicht reagieren. Seine Lippen waren warm und weich, eigentlich angenehm. Sie hatte immer noch ihre Augen weit aufgerissen und konnte so sehen, dass er seine geschlossen hielt. Reflexartig schloss sie ihre ebenfalls. Dieser sanfte Kuss ließ sie immer noch völlig gelähmt. Sein Geruch erfüllte ihre Nase und sie fühlte sich ihm so nah wie noch nie zuvor.
Genauso plötzlich, wie es begonnen hatte, beendete Matti den Kuss und löste sich vorsichtig von ihr. Martta spürte die plötzliche Kälte an ihren Lippen wie einen Verlust und hob vorsichtig den Blick, um ihn anzusehen.
„Entschuldige!“ Er sah sie einen Moment verwirrt an, dann sprang er auf. „Bitte Martta…Das…das wollte ich nicht.“ Heftig atmend sah er sie mit einem Blick an, den sie nicht recht deuten konnte.
„Matti, das…“
„Wir sehen uns.“ Unterbrach er sie und war im nächsten Moment aus der Tür raus, bevor sie auch nur die Chance hatte zu reagieren. Wie erstarrt starrte sie ihm hinterher. Was war jetzt das gewesen?
Unwillkürlich berührte sie ihre Lippen. Hatte er sie wirklich geküsst? Damit hatte sie nicht gerechnet, doch noch weniger mit dem Aufruhr, den dies in ihr veranlasst hatte.


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 Betreff des Beitrags: Re: Wer einmal lügt...
BeitragVerfasst: Fr 1. Aug 2008, 08:25 
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„Was gibt’s denn so Dringendes?“ Anneli sah ihre Freundin gespannt an. Sie hatten sich während einer Unipause in einem Cafe getroffen und saßen nun an einem Tisch in der hintersten Ecke.
„Matti hat mich geküsst.“ Platze Martta heraus.
„Aha. Und wie wars?“
„Alles was du dazu zu sagen hast ist ‚aha’?!“ Martta war kurz vorm Platzen.
„Was soll ich denn sonst sagen? Außerdem ist es keine wirkliche Überraschung. Und was ist dann passiert?“ Anneli lehnte sich neugierig vor.
„Was soll denn passiert sein? Nichts. Er ist verschwunden. Aber warum ist das keine Überraschung?“ Martta fühlte sich kurz vor dem Hyperventillieren.
„Hey, komm mal wieder runter.“ Beruhigend legte Anneli der Freundin eine Hand auf den Arm.
„Wie soll ich mich beruhigen, wenn du so etwas sagst?“ Trotz der Aussage zwang sie sich dazu einmal tief durchzuatmen.
„Hast du das wirklich nicht gemerkt? Immer noch nicht?“ Fragte Anneli ruhig.
„Was hätte ich merken sollen?“ Martta hatte sich merklich beruhigt.
„Das Matti in dich verliebt ist.“ Erklärte Anneli als wäre es das Natürlichste der Welt.
„Er…Was?!“
„Er ist in dich verliebt, deshalb hat er dich geküsst und deshalb wundert es mich nicht.“ Erklärte Anneli.
„Aber…aber…Seit wann?“ Anneli warf ihrer Freundin einen fast mitleidigen Blick zu.
„Wenn ich Joni glauben kann seit etwa zehn Jahren.“
„Seit…“ Nun versagte Martta die Stimme. Sie atmete einmal tief durch. „Du willst mich doch jetzt verarschen.“
„Nein, will ich nicht.“ Anneli hatte nach der Hand ihrer geschockten Freundin gegriffen und hielt sie beruhigend fest. „Und wie gesagt, das hat Joni gesagt. Allerdings kann ich nur hinzufügen, dass, was die aktuelle Entwicklung betrifft, meiner Meinung nach kein Zweifel besteht.“
„Du meinst…Er ist wirklich…?“ Erkundigte sich Martta nun leise. Sie brauchte immer noch, um sich an diese Nachricht zu gewöhnen.
„Ja, Martta.“ Anneli drückte ihre Hand. „Das ist er.“
„Und du bist wirklich sicher?“ Versicherte sie sich noch einmal.
„Ganz sicher. Du kannst ruhig jemand anderes fragen. Es weiß jeder…außer dir und ich fand nur, dass du auch das Recht hast, es zu wissen.“ Eindringlich sah Anneli Martta in die Augen. „Und überleg dir gut, was du daraus machst.“ Martta nickte stumm, dann senkte sie den Blick und begann nachdenklich auf ihrer Unterlippe zu kauen.
„Weißt du…“ Begann Martta nach einer Weile und hob den Blick wieder, dass sie Anneli in die Augen sehen konnte. „Er hat mich gestern gefragt, ob ich nicht mit zu seinen Eltern fahren will.“ Anneli hob überrascht eine Augenbraue, unterbrach die Freundin jedoch nicht. „Und ich…“ Martta schüttelte den Kopf. „Ich habe ihm noch geantwortet, dass man so was nur mit seiner Freundin machen würde.“
„Und was hat er dazu gesagt?“
„Dass das auch so ginge.“ Anneli lächelte die Andere liebevoll an.
„Wie gesagt, überlege dir gut, was du willst und sag’s ihm dann endlich.“ Martta nickte stumm.
„Und das stimmt wirklich mit den zehn Jahren?“ Anneli konnte ihr ansehen, dass sie daran ganz besonders zu knabbern hatte. Dass sie es all die Jahre nicht geahnt hatte.
„Das ist das, was Joni sagt. Wenn du es genau wissen willst, muss du jemanden fragen, der euch schon so lange kennt.“
„Mhm.“ Nickte Martta.
„Ich muss jetzt weg.“ Erklärte Anneli nach einem kurzen Blick auf die Uhr. Die Uni rief. „Aber denk darüber nach, okay?“ Martta nickte nur und blieb alleine mit ihren wirren Gedanken zurück.
Wenn das stimmte, was Joni da behauptete, dann… Sie ließ ihre Gedanken in die Vergangenheit eintauchen. Hatte es Anzeichen gegeben? Sie waren lange unzertrennlich gewesen, hatten fast alles zusammen gemacht. Und sie hatte immer tiefe Freundschaft für ihn empfunden. Aber er? Er war immer ein guter Freund für sie gewesen. Umsichtig, behutsam, lustig, liebevoll und hatte sich immer vor sie gestellt, wenn etwas Unerfreuliches auf sie einprasselte. Kurz… Sie riss erschrocken die Augen auf. Er war in sie verliebt gewesen? War es noch?
Schnell ging sie zur Theke und bezahlte ihren Kaffee. Sie musste an die frische Luft, sich bewegen. So konnte sie am besten nachdenken. Draußen lenkte sie ihre Schritte zum Seeufer.
Matti war in sie verliebt. Auch jetzt noch? Saß vielleicht gerade irgendwo und dachte sehnsüchtig an sie? Sie stoppte in ihrem Schritt. Das war irgendwie…verrückt, merkwürdig… Sie ging weiter und schob die Hände in ihre Jackentaschen.
Und was war mit ihr? Was fühlte sie? Fühlte sie überhaupt irgendetwas? Natürlich fühlte sie etwas. Sie waren sich ja nahe, enge Freunde. Sie biss sich auf die Lippe. Wie schwer musst es für ihn sein, immer nur der gute Freund zu sein?! Den ganze Urlaub über mit ihr in einem Bett zu schlafen? Sie hatten sich umarmt. Einmal sogar fast nackt im Pool. Warum hatte er da die Kontrolle behalten und sie jetzt verloren? War es der Alkohol gewesen?
Martta seufzte. Hier gab es eindeutig mehr Fragen als Antworten. Aber wenn sie Antworten wollte, dann würde sie erst mal sich selbst im Klaren sein müssen, was sie denn auf seine Fragen antworten würde…


„Nanu, du bist schon zu Hause?“ Leena richtete sich auf und sah ihre Nichte erstaunt an. Sie stand im Vorgarten und hatte an ihren Blumen herumgewerkelt.
„Scheint so.“ Brummte Martta. Sie war eine Weile in der Gegend herumgelaufen, was jedoch nicht wirklich geholfen hatte, und dann hatte sie beschlossen nach Hause zu gehen, in der Uni würde sie heute doch nichts mehr mitbekommen.
„Schlechte Laune?“ Erkundige sich die Ältere ungerührt über die unwirsche Antwort.
„Auch…vielleicht. Eher ratlos.“ Orakelte Martta aus der Sicht ihrer Tante.
„Du weißt, dass du immer mit mir reden kannst.“
„Ja, danke. Ich weiß. Aber das muss ich mit mir abmachen.“ Martta nickte der Älteren zu und wandte sich dem Haus zu.
„Halt! Magst du was zu Mittag mitessen?“ Erkundigte sich Leena.
„Weis noch nicht.“ Erwiderte Martta und zuckte mit den Schultern. „Eher nicht.“ Sie ging weiter, stoppte dann aber erneut. „Ach ja, ich bin nicht hier, egal wer das wissen will.“ Sie brauchte Ruhe, sonst nichts.
„Okay!?“ Leenas Antwort klang mehr wie eine Frage, doch sie unterließ es. Martta war schließlich alt genug und mehr als anbieten, dass sie mit ihr reden konnte, konnte sie wohl auch nicht tun.
In ihrem Zimmer angekommen warf sich Martta auf ihr Bett und versteckte den Kopf in den Kissen. Das durfte doch überhaupt nicht wahr sein! Nicht, dass es ihr unangenehm war, es war schließlich Matti. Aber warum musste er sie in einen solchen Konflikt stürzen, so dass alle Pfeiler an denen sie sich immer festgehalten hatte, eingestürzt waren?
Seufzend drehte sie sich auf den Rücken, dabei fiel ihr Blick auf den kleinen Pinguin, der auf der Rücklehne der Couch saß. Niklas der Pinguin. Unwillkürlich musste sie lächeln. Matti hatte ihn ihr geschenkt, vor… Sie zog die Stirn kraus und begann zu rechnen. Ja, vor acht Jahren war das gewesen. Damals war er, wenn sie Anneli Glauben schenken durfte, schon in sie verliebt gewesen. Sie konnte sich noch genau daran erinnern, als sie Niklas bekommen hatte. Sie hatte einen Film über das Leben der Pinguine gesehen und sich in die kleinen Frackträger verliebt. Und dann hatte eines Tages Niklas auf ihrem Bett gesessen. Matti hatte es vehement abgestritten, dass er von ihm kam, doch sie hatte den Kassenzettel bei ihm im Papierkorb gesehen. Ihm jedoch auch nie gesagt, dass sie es wusste, sondern sich still gefreut.
Kurz entschlossen erhob sie sich und holte Niklas zu sich ins Bett. Nachdenklich betrachtete sie den flauschigen Kerl. Doch auch er konnte ihr die große, drängende Frage nicht beantworten. Fühlte sie mehr als Freundschaft für Matti? Wollte sie das überhaupt wissen? War sie dazu verpflichtet, sich darüber klar zu werden, nur weil er es war?
Sie seufzte. Natürlich musste sie sich klar darüber werden, wie es mit ihnen weitergehen würde, sie konnte ja nicht einfach so tun als wäre nichts passiert. Oder?


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 Betreff des Beitrags: Re: Wer einmal lügt...
BeitragVerfasst: Sa 2. Aug 2008, 15:33 
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Es war später Abend, als Martta endlich ihr Zimmer verlies. Sie hatte trotz alledem Hunger bekommen und ging in die Küche, in der Suche nach etwas Essbarem. Sie hatte sich gerade Brot und Aufschnitt bereitgestellt, als ihre Tante ebenfalls ins Zimmer kam.
„Na?“ Martta, die immer noch tief in Gedanken versunken war, wandte sich erschrocken um.
„Bist du doch mal wieder aufgetaucht.“ Lächelte Leena.
„Mhm.“ Gab sich Martta wortkarg und biss in ihr Brot. Leena lies sich davon nicht abschrecken.
„Guten Appettit.“
„Danke.“ Murmelte Martta. Leena öffnete den einen Hängeschrank und entnahm ihm einen Brief. Dann setzte sie sich zu ihrer Nichte an den Tisch.
„Matti war vorhin da.“ Erklärte sie ohne große Einleitung. Prompt verschluckte sich Martta.
„Was?“ Sie hustete.
„Ja.“ Leena nickte. „Er wollte sich verabschieden. Er ist wohl die nächsten Tage unterwegs.“ Martta nickte. Das wusste sie.
„Habt ihr schon wieder Streit?“ Erkundigte sich die Ältere. „Ich dachte eigentlich, ihr hättet das gerade wieder hingekriegt.“
„Haben wir auch… Also wir haben keinen Streit.“ Verneinte Martta und schob sich den Rest ihres Brotes in den Mund.
„Aber irgendetwas stimmt doch nicht. Du verschwindest ohne was zu sagen den ganzen Tag in deinem Zimmer und willst niemanden sehen und er kommt her, ist noch schweigsamer als sonst und akzeptiert ohne Nachfragen, dass du nicht da bist, obwohl er sehr wohl gesehen hat, dass sich deine Sachen im Flur befinden. Also was ist los?“
„Wir haben keinen Streit.“ Beharrte Martta. „Wir haben ein Problem.“
„Ist da nicht dasselbe?“ Martta schüttelte den Kopf.
„Nein. Und es wird sich schon irgendwie klären.“
„Wenn du das sagst.“ Leena lächelte. „Das soll ich dir von ihm geben.“ Sie reichte ihrer Nichte den Brief.
„Für mich?“ Leena bemerkte durchaus, dass Martta nervös auf das weiße Papier hinunter sah.
„Ja.“ Sie erhob sich. „Ich bin im Wohnzimmer wenn du etwas brauchst.“
„Danke.“ Martta versuchte ein kleines Lächeln, doch es misslang. Als ihre Tante die Küche verlassen hatte, räumte sie in Windeseile die Lebensmittel weg, dann ging sie zurück in ihre Zimmer. Sie ließ sich auf der Couch nieder und besah sich den Brief. Ein ganz normaler weißer Briefumschlag, auf dem in Mattis ungelenker Handschrift ihr Name stand.
Da es wohl nichts bringen würde, noch länger das Papier anzustarren, öffnete sie den Umschlag und entfaltete den Brief. Einmal tief durchatmend lenkte sie den Blick auf die Buchstaben.

Liebe Martta,
Eigentlich wollte ich mich nur schnell verabschieden, aber du bist ja gerade nicht da. So habe ich deiner Tante das Papier abgeschwatzt, damit ich dir wenigstens noch sagen bzw. schreiben kann, was ich dir sagen wollte. Es tut mir leid, was gestern passiert ist. Aber zu viel Alkohol und zu viele Albernheiten führen wohl zu solchen Dingen. Es tut mir wirklich leid und ich verspreche dir, dass es nicht wieder vorkommen wird. Ich muss jetzt weg, meine Sachen packen. Ich wünsche dir ein paar schöne Tage und hoffe, dass wir uns danach wieder sehen können.
Liebe Grüße,
Matti

P.S. Drück mir am Wochenende die Daumen, Shorty.

Erneut seufzte Martta, doch diesmal weniger schwer. Das war eindeutig lieb von ihm ihr zu schreiben…Okay bis auf den letzten Satz. Wobei… Erneut seufzte sie. Obwohl sie mit der Wahl des Spitznamens nicht ganz einverstanden war, so gefiel es ihr doch irgendwie, dass er ihn benutzte. Und nur er…
Sie ließ ihre Blicke, auf der Suche nach ihrer Tasche, durchs Zimmer wandern. Doch konnte sie nirgends entdecken. Sie runzelte die Stirn. Wo hatte sie diese nur gelassen? Als sie in ihrem Zimmer nicht fündig wurde, verließ sie es, um im restlichen Haus weiterzusuchen. Doch weit musste sie nicht gehen, im Flur stand sie herum. Dort, wo sie sie sicherlich beim Ausziehen ihrer Schuhe abgestellt hatte. Schnell griff sie sich die Tasche und flitzte wieder die Treppe zu ihrem Zimmer hoch.
Doch mitten auf der Treppe stoppte sie auf einmal. Wenn Matti im Haus gewesen war, dann hatte er ihre Tasche sicher nicht übersehen können. Und er wusste, dass sie eigentlich nie ohne diese aus dem Haus ging. Ob er sich gedacht hatte, dass sie nicht mit ihm sprechen wollte?
Sie kaute nachdenklich auf ihrer Unterlippe herum, während sie nun bedeutend langsamer die Treppe hochstieg. Andererseits hatte er nichts davon gesagt im Brief, dass er das mitbekommen hatte. Oder er wollte sie in dem Glauben lassen, dass er es nicht wusste…
Schnell kramte sie ihr Handy aus der Tasche, wegen diesem hatte sie die Tasche überhaupt gesucht gehabt, und schaltete es an. Sie öffnete eine neue Sms und starrte dann das weiße Feld ratlos an. Ihr war klar, dass sie ihm etwas antworten wollte, aber was? Sie runzelte die Stirn und schrieb schließlich: ‚Eine Person diesen Namens kenne ich nicht, aber Martta wird dir sicher die Daumen drücken. Alles Liebe, M.’
Eine Weile dachte sie noch darüber nach, schickte sie aber dann doch so ab. Die Sms spielte auf freundschaftliche Dinge an, alles andere war nicht wirklich etwas, was sie per Sms klären wollte. Auch wenn sie sich nicht sicher war, ob überhaupt und was es zu klären gab.
Ihr Handy brummte in ihrer Hand und sie öffnete schnell die eingetroffene Sms.
‚Danke Shorty, ich weiß das wirklich zu schätzen. Flug ist überstanden, puh! Gruß, M.“
Ein Lächeln stahl sich auf Marttas Gesicht. Schnell tippte sie eine Antwort.
‚Angsthase ;-p. Zur Strafe für das S. bringst du mir aber Schokolade mit.’
‚Ay, ay Sir…äh…Shorty. Schlaf gut.’
,:-p. Du auch. M. NICHT S.’
Lächelnd legte sie das Handy beiseite und streckte sich, sie war völlig erledigt und freute sich einfach nur auf ihr Bett. Hoffentlich würde sie überhaupt einschlafen können.


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 Betreff des Beitrags: Re: Wer einmal lügt...
BeitragVerfasst: Mi 6. Aug 2008, 13:15 
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Martta saß an ihrem Computer und suchte nach Stoff für ihre Hausarbeit, als es leise klopfte.
„Ja.“ Rief sie, ohne eigentlich bei der Sache zu sein, zu konzentriert sah sie auf den Bildschirm. Es war spät am Sonntagabend und eigentlich wunderte es sie, dass überhaupt noch jemand etwas von ihr wollte. Sicher hatte Leena etwas vergessen, oder wollte sie noch um etwas bitten.
„Was gibt’s denn?“ Murmelte sie, ohne den Blick vom Bildschirm zu nehmen.
„Lieferung für…“ Wie von der Tarantel gestochen schoss sie herum.
„Was machst du denn hier?“ Mit völlig überraschtem Gesichtsausdruck und weit aufgerissenen Augen, fiel sie ihm ins Wort. Matti lachte.
„Wie schon gesagt, ich hab da eine Lieferung abzugeben.“ Er hielt ihr eine prall gefüllte Plastiktüte hin, deren Aufdruck besagte, dass sie aus dem Duty-free-Laden eines Flugplatzes stammte.
„Was ist das denn?“ Martta erhob sich und kam näher. Matti grinste.
„Was hattest du denn bestellt?“
„DAS ist alles…“ Sie verstummte mitten im Satz und sah in die Tüte, die voll gestopft mit Schokolade war.
„Du bist verrückt.“ Sie hob ihren Blick und sah ihm nun ins Gesicht. „Wie viel Übergepäck hast du denn dafür bezahlt?“ Ganz zu schweigen von dem ganzen Naschkram.
„Nichts. Darauf kam es nun auch nicht mehr an.“ Spielte er auf die Massen an Gepäck, die sie immer mit sich führten.
„Oh, man.“ Immer noch ungläubig schüttelte Martta den Kopf. Sie hatte ihm in die Arme fallen wollen, überlegte es sich dann doch anders und blieb nur strahlend vor ihm stehen. „Du hast echt einen Knall. Ich hatte da eher an eine Tafel gedacht.“
„Ich wusste ja nicht, was du magst.“ Zuckte Matti mit den Schultern und drückte ihr die Tüte in die Hand. Martta musterte ihn mit einem durchdringenden Blick, der ihm verriet, dass sie ihm kein Wort glaubte. Natürlich wusste er genau, was sie am liebsten mochte. Das hatte sich nicht verändert.
„Außerdem kannst du mir gerne etwas abgeben.“ Lenkte er ab.
„DIR?“ Martta bohrte ihren Zeigefinger in seinen Bauch. „Und dann bin ich Schuld dran, wenn du zu fett wirst. Nee, nee. Vergiss es.“ Sie war erleichtert, dass sie wieder einigermaßen unbeschwert miteinander umgehen konnten. Sie hatte schlimme Befürchtungen gehabt, dass ihnen das wieder verloren gegangen war nach dem Kuss.
„Selber essen macht aber dick.“ Gab sich Matti nicht geschlagen.
„Mach ich ja auch gar nicht.“ Grinste Martta nun. „Ich werde mit Sicherheit brüderlich mit Anneli teilen. Was meinst du, wie viel schneller so eine Vorlesung rumgeht, wenn man Schokolade hat.“
„Und in der nächsten fallt ihr dann ins Zuckerkoma.“
„Ach was.“ Wank sie ab. „Da sind wir abgehärtet. Aber trotzdem noch mal danke.“ Nun klang sie viel ernster, als während des leichten Geplänkels.
„Gern.“ Er erwiderte ihr Lächeln vorsichtig.
„Weißt du…?“ Begann Martta, verstummte dann jedoch wieder und biss sich auf die Unterlippe.
„Was?“ Immer noch sahen sie sich in die Augen. Martta vorsichtig, unsicher. Matti hingegen fragend. Leicht schüttelte sie den Kopf, mehr konnte sie gerade nicht und sie hatte sowieso vergessen, was sie hatte sagen wollen. Stattdessen forschte sie in seinen Augen nach Anzeichen für das, was Anneli gesagt hatte. Matti brach schließlich den Bann indem er sich räusperte und wegsah.
„Ich sollte gehen, es ist schon spät.“
„Gehen?“ Echote Martta krächzend. Irgendwie kam sie da gerade nicht mit. „Du willst schon gehen?“
„Hm…“ Er nickte und wies dann zu ihrem Schreibtisch. „Ich will dich nicht von deiner Arbeit abhalten.“ Martta seufzte.
„Das ist kein guter Grund. Was glaubst du, wie gerne ich mich davon abhalten lasse?!“
„Das ist aber nicht gut. Komm, Shorty. Arbeiten gehen!“ Martta verzog das Gesicht.
„Seit wann bist du denn so schrecklich brav und strebsam?“
„Ich bin es ja nicht. Du musst es sein.“
„Wie gut kennst du mich?“ Sie hob eine Augenbraue.
„Zu gut, Shorty. Zu gut. Deshalb…husch.“ Er scheuchte sie mit deinen Armen vor sich her, als sei sie ein Huhn.
„Hey!“ Sie knuffte seinen Arm. Matti, der damit nicht gerechnet hatte, trat aus der Bewegung, in der er sich befunden hatte, noch einen Schritt vor und stieß nun gegen Martta.
„Hoppla.“ Er hielt sich unwillkürlich mit der einen Hand an ihrer Schulter fest, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Martta lachte.
„Erst werde ich als faul beschimpft, dann umgerannt, was hast du denn noch auf Lager?“
„Wie gut kennst du mich?“ Stellte er im Gegenzug die Frage, die sie zuvor gestellt hatte. Im Gegensatz zu vorher jedoch in einem sehr viel ernsteren Tonfall.
„Ach Matti…“ Seufzte sie leise und lehnte ihren Kopf an seine Schulter, so dass sie ihn nicht mehr ansehen musste. Eine ganze Weile standen sie so und schwiegen. Matti spürte, wie sie immer angespannter wurde.
„Du Martta, ich…“ Begann er schließlich leise.
„Nicht jetzt, Matti.“ Fuhr sie ihm, aus einer plötzlichen Angst heraus, fast harsch ins Wort. Sofort spürte sie, wie er sich verspannte und seinen Arm fallen lies.
„Wer hat es dir gesagt.“ Krächzte er mit kraftloser Stimme. Martta, erschrocken von der doch etwas unerwarteten Reaktion, wich zurück, sah ihn jedoch nicht an. Als sie auch nach einer Weile nicht reagiert hatte, fragte er leise nach.
„Martta?“
„Was meinst du?“ Presste sie heraus, die Augen immer noch gesenkt.
„Verkauf mich nicht als blöd. Du bist so anders.“ Langsam gewann seine Stimme wieder an Kraft.
„Wie meinst du das?“ Sie biss sich auf die Lippe. Es war ihr gerade zuviel. Sie wollte nicht hier stehen, nicht über dieses Thema reden.
„Du bist distanzierter als sonst und starrst mich mit einem durchdringenden und forschenden Blick an, als wolltest du irgendetwas erfahren, dass du dich nicht traust zu fragen. Habe ich also recht?“
Sie nickte stumm.
„Anneli?“ fragte er wieder leiser nach. Wieder nickte Martta, sah dann jedoch vorsichtig zu ihm hoch.
„Sie meinte, ich sollte es wissen.“ Flüsterte sie leise. „Ich habe mit ihr über den Kuss gesprochen und dann…ja…“ Sie zuckte mit den Schultern. Was sollte sie schon groß sagen? Er nickte langsam.
„Und jetzt?“ Sie zuckte vorsichtig mit den Schultern.
„Ich weiß es nicht, Matti. Wirklich nicht.“ Erneut nickte er. Dann wand er sich nach einem langen Blick auf sie um und ging in Richtung Tür.
„Matti?!“ Martta schafft es erst etwas zu sagen, als er schon die Hand nach der Türklinke ausgestreckt hatte.
„Ja?“ Er wandte sich ihr wieder zu. Sein Blick war verschlossen.
„Stimmt es, dass du…seit zehn Jahren in mich…“ Sie brachte es nicht über die Lippen. Vorsichtig sah sie ihn an. Im ersten Moment war es ihr wie eine gute Idee vorgekommen, ihn direkt zu fragen, aber als sie jetzt seinen hilflosen Blick sah, tat es ihr schon wieder leid. Doch sie konnte das Gesagte nicht zurücknehmen.
Matti nickte nur knapp und verlies dann fluchtartig das Zimmer. Martta schloss die Augen und schlug die Hände vors Gesicht. Das war ja mal mehr als beschissen gelaufen!


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BeitragVerfasst: Fr 8. Aug 2008, 08:19 
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„Was ist eigentlich mit Matti los?“ Erkundigte sich Joni bei Martta. Sie saßen bei Anneli am Küchentisch, während diese in einem großen Topf Spaghetti rührte.
„Was soll denn mit ihm los sein?“ Stellte sich Martta erst mal dumm. Sie konnte sich schon denken, was ihn beschäftigte.
„Er war heute total komisch drauf.“ Joni kratze sich am Kinn. „Ich habe keine zwei Wörter aus ihm rausbekommen.“
„Ist das nicht normal?“ Mischte sich Anneli ein.
„Hör auf zu spotten.“ Wie sie ihr Freund etwas unwirsch zurecht. „Das ist nicht lustig.“ Anneli verdreht ob dieser Ansage die Augen, zog es aber dennoch vor zu schweigen. Und rührte in ihrer Soße herum.
„Also ich habe ihn seit gestern Abend nicht gesehen.“ Erklärte Martta.
„War er da schon da?“ Joni runzelte die Stirn.
„Ja, aber es war schon ziemlich spät.“
„Und dann kommt er noch zu dir?“ Erkundigte sich Anneli mit deutlichem Unterton.
„Ja.“ Martta verdrehte die Augen. „Er hat noch was vorbeigebracht.“
„Was denn?“ Annelis Augen glänzten neugierig.
„Ungefähr eine halbe Tonne Schokolade.“
„Schokolade?!“ Hatten Annelis Augen zuvor gefunkelt, strahlten sie nun wie Laser. Martta und Joni grinsten.
„Da habe ich wirklich Glück, dass meine Freundin so leicht zufrieden zu stellen ist.“ Machte er sich lustig. Doch die beschäftigte etwas ganz anderes.
„Wieso schenkt er dir so viel Schokolade.“ Martta zuckte nur mit den Schultern.
„Da musst du ihn selbst fragen.“
„Mhm…“ Anneli goss die Nudeln in ein Sieb und stellte sie dann auf den Tisch. „Vielleicht muss ich das auch nicht…“ Sofort verdunkelte sich Marttas Gesicht.
„Er weiß es.“
„Was weiß er?“ Nachdem sie die Soße ebenfalls auf den Tisch gestellt hatte, setzte sich Anneli zu den beiden an den Tisch.
„Dass ich es weiß.“ Murmelte Martta.
„Oh!“ Während Anneli überrascht drein sah, runzelte Joni fragend die Stirn.
„Um was geht es hier denn eigentlich?“ Doch Anneli wank ab.
„Und dann?“
„Dann ist er verschwunden.“
„Und jetzt?“ Anneli sah besorgt drein.
„Keine Ahnung.“ Seufzte Martta. „Jetzt herrscht Funkstille.“
„Soll ich euch alleine lassen?“ Erkundigte sich Joni in die Stille hinein. Das hörte sich für ihn ganz nach einem Frauenproblem an, auch wenn er sich denken konnte, dass es um Matti ging. Doch Martta schüttelte energisch den Kopf.
„Wir wollen doch jetzt essen.“
„Okay.“ Nickte er und belud sich dann seinen Teller. „Das klingt viel besser.“

„Und jetzt?“ Es war später am Abend und Joni hatte die beiden Mädchen alleine gelassen, die es sich auf Annelis Sofa gemütlich gemacht hatten. Martta zuckte unglücklich mit den Schultern.
„Was weiß denn ich.“
„Ich hätte es dir nicht sagen sollen. Tut mir leid.“ Anneli sah die Freundin entschuldigend an. „Aber irgendwie hat mich das ganze Possenspiel so genervt. Ich meine…“ Sie zuckte mit den Schultern. „…Besonders gut unter Kontrolle hatte er sich ja nicht mehr.“
„Ich weiß nicht.“ Martta kaute an ihrer Unterlippe. „Ändern kann man jetzt sowieso nichts mehr.“
„Und wenn du mal mit ihm redest?“ Martta schnaubte.
„Wenn ich wüsste was ich ihm sagen soll, dann vielleicht.“
„Ist das denn so schwer? Ich meine…“ Anneli legte nachdenklich den Kopf schief. „Willst du denn was von ihm?“
„Ich glaube nicht.“ Kam es eher zögerlich von Martta.
„Du glaubst?“ Anneli hob eine Augenbraue. „Raus mit der Wahrheit!“ Forderte sie.
„Wenn ich ja wüsste, was die Wahrheit ist, wäre mir ja schon geholfen.“
„Aber…?“
„Ich bin nicht so sicher.“
„Empfindest du denn was für ihn?“
„Natürlich.“ Martta fuhr sich durch die Haare. „Wir sind schließlich Freunde.“
„Und sonst? Ich meine, für Matti als Mann?“ Tastete sich Anneli nach vorne.
„Wir sind uns sehr nahe. Aber reicht das? Und will ich das?“ Anneli betrachtete ihre Freundin nachdenklich.
„Bist du einsam?“ Überrascht sah Martta auf. Mit vielem hatte sie ja gerechnet, aber nicht mit dieser Frage. Dann zuckte sie mit den Schultern.
„Sicher, manchmal.“
„Überlegst du dir deshalb, ob du ihn willst?“
„Nein.“ Machte Martta entschlossen. „Das wäre keine gute Grundlage. Aber was ist, wenn ich nein sage…“
„…Und das Beste verpasst, was dir passieren könnte.“ Vervollständigte Anneli.
„Und was, wenn es überhaupt nicht das Richtige ist und unsere Freundschaft dann für immer kaputt ist?“
„Also fühlst du doch mehr?!“
„Hm.“ Martta rümpfte etwas unsicher die Nase. „Manchmal hatte ich schon das Gefühl, ihn nicht loslassen zu können, ihm nahe zu sein. Und dann der Kuss…“
„War der gut?“ Anneli hatte die Füße aufgestellt und das Kinn auf die auf den Knien verschränkten Arme gestützt. „Hat’s gekribbelt?“
„In dem Moment, war ich eher erschrocken, aber im Nachhinein, wenn ich darüber nachdenke, dass er mich geküsst hat, dann…“
„…Kribbelts?!“
„Mhm.“ Martta nickte. Sie war knallrot angelaufen, was Anneli zum Lächeln brachte.
„Du solltest mit ihm reden.“ Erklärte sie dann.
„Es hilft alles nichts, oder?“ Martta zog eine Schnute.
„Nein, das tut es nicht.“


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 Betreff des Beitrags: Re: Wer einmal lügt...
BeitragVerfasst: Sa 9. Aug 2008, 12:30 
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Wachser
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Registriert: Mi 23. Jul 2008, 19:40
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„Martta?“ Tönte ihr eine im ersten Moment unbekannte Stimme aus dem Telefonhörer entgegen.
„Ja?“ Fragte sie vorsichtig nach.
„Gut dass du da bist.“ Hörte sie die Stimme erleichtert ausatmen.
„Wer ist denn da?“ Erkundige sie sich, hatte sie den Anrufer doch immer noch nicht identifiziert.
„Hier ist Jussi…Hautamäki.“
„Oh, hei. Sie wunderte sich, dass er sie so aufgeregt anrief. „Wie geht es denn…“
„Martta!“ Unterbrach er sie.
„Ja?“ Fragte sie erneut verwundert nach.
„Matti. Er…“
„Ist etwa passiert?“ Sie riss erschrocken die Augen auf.
„Ja.“ Jussi atmete schwer aus. „Er ist…abgestürzt.“
„Abge…“ Echote Martta, bis ihr das Wort im Hals stecken blieb und sie realisierte, was das hieß.
„Ja. Es gab eine Windböe und dann…“ Auch Jussi schien es nicht aussprechen zu können.
„Ist er verletzt?“ Martta konnte selbst hören wie dünn ihre Stimme klang.
„Ich weiß es nicht genau, er wird noch untersucht. Aber er war bei Bewusstsein.“ Martta biss sich hart auf die Lippe um nicht zu verzweifeln, keinen Laut von sich zu geben. Matti war verletzt…vielleicht schwer. Sie spürte wie die Angst nach ihrem Herzen griff und sich ein dicker harter Knoten in ihrem Magen bildete. Was wenn…
„Martta?!“ Erkundigte sich Jussi, als er keine Antwort erhielt.
„Ja.“ Krächzte sie. Sie hatte die Tränen nicht unter Kontrolle halten können.
„Wir sind im Krankenhaus. Magst du auch kommen.“
„Ich...“ Sie schluckte. „Ja.“ Alles war besser, als hilflos zu Hause zu sitzen.
„Aber lass dich von jemandem fahren oder nimm ein Taxi. Okay!“ Befahl Jussi noch.
„Ja.“ Antwortete sie schwach, ehe sie versuchte sich zu erinnern ob ihr Onkel oder ihre Tante im Haus waren. „Ich komme.“
„Gut. Bis gleich.“

Martta hastete durch den tristen Krankenhausgang. Sie hasste Krankenhäuser und ganz besonders dieses hier. Denn hier war es gewesen, wo sie vom Tod ihrer Eltern erfahren hatte. Doch in diesem Moment dachte sie nicht daran. In diesem Moment dachte sie nur an Matti. Sie bog um eine Ecke und sah Jussi und Mattis Trainer in einer Nische des Flures sitzen.
„Martta!“ Jussi sprang auf und umarmte sie.
„Hallo.“ Sie reichte Jarkko die Hand.
„Und?“ Erkundigte sie sich, mit hängenden Armen vor den beiden Männern stehend.
„Es gibt noch nichts Neues.“ Schüttelte Jussi den Kopf. Martta nickte stumm und setzte sich neben ihn. Jetzt hieß es wohl warten.
Während sie äußerlich völlig ruhig auf dem unbequemen Stuhl in der Wartezone saß, flogen die Gedanken in ihrem Kopf wild hin und her. Zuvor war ihr einziger Gedanke gewesen, möglichst schnell ins Krankenhaus zu kommen, drehten sie sich jetzt nur noch um Matti. Wie ging es ihm? War er okay? Litt er? Oder war er schon…? Sie schluckte die Tränen, die einen heißen Kloß in ihrem Hals bildeten energisch herunter. Weinen würde jetzt auch nicht helfen. Nicht wenn sie gar nicht wusste, was eigentlich war. Aber was, wenn der letzte Mensch, der immer für sie da war, der noch übrig geblieben war aus ihrem engsten Umfeld, was wenn der sie auch noch alleine ließ?
Sie musste noch eine ganze Weile warten. Martta saß stocksteif da und kaute nervös an ihrer Unterlippe, sonst zeigte sie keine Regung. Erst als sie rasche Schritte näher kommen hörte, tauchte sie aus ihrer Erstarrung aus.
Stumm lauschte sie den Worten des Arztes und hätte fast aufgelacht vor Erleichterung. Es war nur eine Gehirnerschütterung und mindestens hunderttausend blaue Flecken, aber davon starb man nicht. Aufatmend versteckte sie ihr Gesicht in ihren Händen. Er lebte! Vor lauter Erleichterung hätte sie fast die letzten Worte des Arztes überhört.
„Er wird gleich in ein Zimmer verlegt. Dann können sie nach ihm sehen. Aber nur einer.“ Er blickte in die kleine Runde. „Das reicht für heute.“ Jussi nickte.
„In Ordnung. Und danke schön.“
„Noch einen schönen Abend.“ Verabschiedete sich der Arzt. Auch Jarkko schlüpfte wieder in seine Jacke.
„Grüßt ihn bitte von mir und haltet mich auf dem Laufenden.“ Mit einem Nicken und einem Lächeln verschwand er im Labyrinth der Krankenhausgänge. Da er jetzt wusste, dass sein Schützling bald wieder oben auf sein würde, überließ er es den anderen beiden Matti zu besuchen. Dazu würde er am nächsten Tag auch noch eine Möglichkeit bekommen.
„Geh du.“ Auch Jussi suchte seine Sachen zusammen.
„Was?“ Überrascht sah Martta zu ihm rüber, was ein Lächeln auf Jussis Züge zauberte.
„Ich glaube kaum, dass er jetzt seinen alten Bruder sehen will. Also, geht zu ihm.“
„Mhm.“ Martta senke den Blick. „Du weißt…?“ Fast hätte Jussi aufgelacht. Doch er beherrschte sich und trat neben Martta und legte ihr freundschaftlich eine Hand auf die Schulter.
„Er ist mein Bruder.“ Stellte er nur sachlich fest. Martta nickte und blickte dem Freund ins Gesicht.
„Danke.“
„Keine Ursache.“ Er schenkte ihr ein letztes leichtes Lächeln. „Grüß ihn von mir.“
„Klar.“
„Gut. Bis dann.“
„Machs gut.“ Martta sah ihm noch einen Augenblick hinterher, dann hob sich Jacke und Tasche auf und näherte sich langsam dem Zimmer, dessen Nummer der Arzt ihnen genannt hatte. Mit bis zum Hals schlagenden Herzen klopfte sie an die Tür und öffnete diese dann. Sofort sah sie den dunklen Haarschopf in den weißen Krankenhauslaken. Vorsichtig trat sie zu ihm ans Bett. Er hatte die Augen geschlossen und sein Gesicht schien entspannt. Sicher hatten sie ihm Schmerzmittel gegeben.
Eine Weile betrachtete sie das ihr so bekannte Gesicht. Es war von einem dunklen Dreitagebart verdeckt und unwillkürlich musste Martta schlucken. Er wusste, dass sie es nicht mochte, wenn Männer Haare im Gesicht hatten und war in den letzten Wochen, immer wenn sie ihn gesehen hatte, glatt rasiert gewesen. Er hatte wohl nicht damit gerechnet, sie so bald wieder zu sehen.


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