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Tummelplatz für alle Freunde des finnischen Skispringens
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BeitragVerfasst: Mo 23. Feb 2009, 15:38 
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Weltcup Springer
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Mir war gerade so danach, auch mal eine FF zu schreiben.

Handlung: ist natürlich frei erfunden :mrgreen:
Personen: Janne Happonen & Arttu Lappi
Genre: Jugendroman :mrgreen:

Viel Spaß damit!
Kuolema


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Verfasst: Mo 23. Feb 2009, 15:38 


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BeitragVerfasst: Mo 23. Feb 2009, 15:39 
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Weltcup Springer
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Happi und Lappi
…und die verschwundenen Ski



- Prolog -

Es war noch früh am Morgen, als die beiden nicht miteinander verwandten Zwillinge Happi und Lappi ihre Rucksäcke aufschnallten, um zu ihrer Wanderung aufzubrechen. Die milde Frühlingssonne war gerade über dem Puijo aufgegangen und tauchte die unendlichen Wälder Finnlands in ein warmes Licht. Die beiden jungen Männer waren schon seit vielen, vielen Jahren beste Freunde und da sie sich zum verwechseln ähnlich sahen, nannten alle sie nur Happi und Lappi. Happi, der eigentlich Janne hieß, blinzelte in die Sonne und lächelte dem neuen Tag entgegen. Er war froh, endlich einmal frei zu haben. In den letzten Wochen hatte er viel trainieren müssen. Schanze rauf, Schanze runter – Tag ein, Tag aus. Nun konnte er das für ein paar Tage hinter sich lassen und mit seinem alten Freund Arttu, auch Lappi gennant, einen Ausflug in die finnische Wildnis unternehmen. Die beiden hatten diesen Ausflug lange geplant und sich akribisch darauf vorbereitet. Nachdem sie sich ein gemütliches Fleckchen Wald zum Zelten ausgesucht hatten, kauften sie Vorräte, Taschenlampen, Jagdmesser und Walkie Talkies. Ein richtiges Abenteuer wollten die beiden Skispringer erleben. „Ich bin mir ganz sicher, dass irgendetwas Spannendes passieren wird, während wir im Wald campen! Vielleicht entdecken wir einen Geheimgang oder überführen eine Schmugglerbande!“ sagte Arttu strahlend. Janne teilte diesen Optimismus nicht ganz: „Ich glaube, die Chance ist recht gering, dass ausgerechnet hier im finnischen Niemandsland Schmugglerbanden ihr Unwesen treiben könnten. Für mich ist es schon Abenteuer genug, diese verfluchten Schanzen mal für vier Tage nicht sehen zu müssen!“. „Ach Janne, du wirst schon sehen, dass uns bestimmt etwas Aufregendes passieren wird. Die Fünf Freunde haben schließlich auch in jedem Urlaub irgendwelchen Verbrechern das Handwerk gelegt.“. „Mag schon sein, aber die Fünf Freude gehen auch schon seit fünfzig Jahren in die Grundschule. An der Realitätsnähe kann man also zweifeln.“. Arttu ließ sich von Jannes Pessimismus keines Falls die Laune verderben. Fröhlich schnürte er noch einmal seine Wanderschuhe fest zu und dachte freudig an den bevorstehenden Ausflug. Wochenlang hatten sie mit dem Trainer diskutieren und in den Tagen vor dem Ausflug sogar noch härter trainieren müssen, um sich für ein paar Tage frei nehmen zu dürfen. Die anderen Springer waren nicht ganz neidlos, als Happi und Lappi sich dann am letzten Abend von ihnen verabschiedet hatten. Während unsere Möchtegernzwillinge nun also zu ihrem Zelturlaub aufbrachen, saßen die anderen Springer bereits im Flugzeug, um ihr Frühjahrstraining in Kuusamo fortzusetzen. Janne hatte sogar eine Angel eingepackt, damit die beiden abends am Lagerfeuer selbst gefangenen Fisch verzehren könnten. Allerdings stritten sie sich schon seit zwei Tagen darüber, wer den gefangenen Fisch töten und ausnehmen sollte. Sicherheitshalber hatte Arttu also auch Dosenravioli und Würstchen gekauft. Sogar ein bisschen Schokolade hatten sie eingepackt, denn diesmal wollten sie es sich wirklich gut gehen lassen. Als die aufgehende Sonne nun auch langsam die Vögel in den Bäumen weckte, wanderten Happi und Lappi los und vielleicht wären sie gleich wieder umgedreht, wenn sie gewusst hätten, welchem großen Abenteuer sie entgegen liefen…


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BeitragVerfasst: Mo 23. Feb 2009, 17:32 
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Weltcup Springer
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- Kapitel 1 -

Es war schon fast Mittag, als Happi und Lappi die erste Rast einlegten. An einem kleinen idyllischen See setzen sie sich ans Ufer und stärkten sich erst einmal. Am letzten Kiosk in Kuopio hatten sie sich noch ein paar Flaschen Lordicola gekauft, an denen sie jetzt genüsslich nuckelten. Es war für diese Jahreszeit schon erstaunlich warm und ein paar kleine Mücken umkreisten ihre Köpfe. „Wir hätten einen Hund mitnehmen sollen!“, unterbrach Arttu plötzlich die Stille. Janne fragte, wozu er denn einen Hund bräuchte. „Wenn man gefährliche Abenteuer erlebt und knifflige Rätsel löst, ist ein Hund immer sehr praktisch. Wer soll uns denn sonst vor den gefährlichen Elfenbeinschmugglern retten?“, erwiderte Arttu. Janne verdrehte die Augen: „Elfenbeinschmuggler? In Finnland? Alles klar, Arttu.“, doch Arttu ließ sich nicht aus dem Konzept bringen. „Noch hast du gut reden, aber wenn wir dann erstmal in höchster Gefahr schweben werden, bis du wieder der erste, der kreischend wegrennt!“, sagte er. „Ich kreische nicht!“ – „Oh doch!“ – „Nein, gewiss nicht!“… So zankten sie noch eine Weile vor sich hin. Nachdem Janne sich den letzten Bissen seiner Vollmilchschokoladentafel in den Mund gestopft hatte, brachen Happi und Lappi auf, denn bis zu ihrem Lagerplatz sollte es noch ein langer, langer Weg sein. Janne hatte sich vor dem Aufbruch eine Karte des Gebiets besorgt und dazu noch einen Kompass, denn seiner Meinung nach, hatte Arttu einen Orientierungssinn von der Tapete bis zu Wand. Zielstrebig verfolgten die Zwillinge nun also den Weg, den Janne auf der Karte ermittelt hatte. Am späten Nachmittag waren sie immer noch nicht am Ziel und langsam wurden ihnen die Beine schwer. Sie beschlossen, noch einmal Rast zu machen. Arttu bat Janne, ihm einen Blick auf die Karte zu gewähren. Nachdem er diese zwei Minuten studiert hatte, blickte er Janne fragend an: „Und du bist dir auch sicher, dass wir auf dem richtigen Weg sind?“. „Natürlich!“, antwortete Janne entrüstet. Arttu zog die Augenbrauen hoch. „Mich wundert nur ein bisschen, dass über dieser Karte ganz groß steht ‚Rovaniemi und Umgebung’.“, sagte er und Janne riss ihm wütend die Karte aus der Hand: „Von wegen Rovaniemi und Umgeb—Oh oh… Ich glaube, ich habe ausversehen nach der falschen Karte gegriffen heut Morgen.“. Arttu ließ den Kopf in die Hände fallen und schnaufte resigniert: „Na ganz klasse und was machen wir nun?“. Janne überlegte eine Weile und schlug dann vor, zurück zu laufen zur Tankstelle und eine richtige Gebietskarte zu kaufen. Arttu willigte ein und so setzen sich Happi und Lappi wieder ihre Rücksäcke auf und traten den Rückweg an. Nach einigen Stunden kamen sie an einem kleinen See vorbei, den Janne als ihren Mittagsrastplatz identifizierte. Arttu war jedoch skeptisch: „Ich glaube nicht, dass das der See von heute Mittag ist, Janne.“. Janne war sich hingegen sicher: „Doch, das ist er ganz bestimmt. Sieh nur, da hinten am anderen Ufer steht das rote Holzhäuschen, rund um den See wächst ein dichter Kiefernwald, dort links türmen sich große Findlinge und in der Mitte des Sees ist eine kleine Insel. Das ist ganz gewiss der See von vorhin.“. Doch kaum hatte Janne seinen Satz beendet, wurde ihm schlagartig klar, dass jeder See in Savo exakt so aussah. „Ich fürchte, wir haben uns verlaufen.“, gab er kleinlaut zu. Traurig ließen beide den Kopf hängen und starrten auf ihre Füße. Lange sagte keiner der beiden ein Wort. Über ihnen hörte man den Wind leise durch die Baumkronen der hohen Kiefern streichen, doch am Boden herrschte betretenes Schweigen.


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BeitragVerfasst: Di 24. Feb 2009, 01:09 
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Weltcup Springer
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- Kapitel 2 -

Noch einige Stunden waren die beiden jungen Finnen völlig orientierungslos durch den Wald gestapft, bis sie in der Abenddämmerung die Suche nach dem richtigen Weg aufgaben. Deprimiert setzte sich Arttu auf einen Stein, zog die Schuhe aus und knetete seine schmerzenden Füße. Weit und breit war kein Zeichen von Zivilisation zu sehen. Kein Licht, keine Straße, keine Menschen. Alles, was er hörte, war das Pfeifen einiger Vögel, das Rauschen des Windes und das leise Fluchen seines Freundes Janne, der in paar Meter entfernt an einen Baum gelehnt stand und den Neumond im Himmel anstarrte. „Ich schlage vor, dass wir hier unser Lager aufbauen und dann morgen erst weitersuchen“, durchbrach Arttu das Schweigen. Seit der letzten Ruhepause am See und dem Eingeständnis, dass sie sich verlaufen haben, hatten Happi und Lappi kaum mehr ein Wort miteinander gesprochen. Auch jetzt antwortete Janne nicht. „So habe ich mir unseren Urlaub wirklich nicht vorgestellt“, sagte Arttu leise, „Aber jetzt stehen wir hier halt hilflos in der Landschaft. Wir sollten wenigstens das Beste daraus machen und wieder miteinander reden.“. Arttu kramte in seinem Rucksack und holte eine halbvolle Flasche Lordicola heraus, die er Janne hinhielt. Dieser lächelte verlegen und setzte sich neben Arttu ins Gras. Während sie abwechselnd aus der Lordicolaflasche tranken, überdachten sie ihre Situation. „So weit können wir uns eigentlich gar nicht verlaufen haben“, sagte Janne schließlich, „Es wird morgen sicherlich nicht lange dauern, bis wir jemanden finden, der uns den richtigen Weg zeigen kann.“. Arttu klopfte Janne bestätigend auf die Schulter und stand auf, um das Zelt aufzubauen. Da beide handwerklich eher mit weniger Talent ausgestattet waren, dauert das Zeltaufbauen fast eine ganze Stunde, doch irgendwann stand der Unterschlupf. Obwohl es tagsüber sehr warm gewesen war, legte sich mit der Dunkelheit auch eine frostige Kälte über das Land. Die beiden Skispringer krochen also in ihr Zelt, wo sie noch einige Zeit wach lagen, um einen Plan für den nächsten Tag zu entwerfen. Schließlich konnten sie ihre Augen nicht mehr offen halten und versanken in einen tiefen Schlaf.
Um kurz vor zwei Uhr morgens schreckte Arttu plötzlich aus seinem Traum auf. Gerade noch hatte er von wilden Siegespartys mit verrückten Mädchen geträumt, die Lordicola tranken und im Schnee spielten und jetzt saß er urplötzlich kerzengerade in seinem Schlafsack und hielt die Luft an. Hatte er draußen im Wald nicht ein Geräusch gehört? Er versuchte flach zu atmen und in die Dunkelheit zu lauschen. Außer Jannes leisem, rhythmischem Schnarchen konnte er jedoch nichts hören. „Wahrscheinlich habe ich mir das nur eingebildet!“, sagte sich Arttu und kuschelte sich wieder in seinen Schlafsack, doch noch bevor er die Augen richtig geschlossen hatte, hörte er wieder ein Geräusch im Wald. Knack! Knack! Jetzt konnte Arttu es ganz deutlich hören. Es war zwar leise und schien sich nicht in unmittelbarer Nähe zu befinden, aber er hörte definitiv ein Geräusch und es schien näher zu kommen! Arttu stockte der Atem. Er rüttelte an Jannes Schulter. „Scheiße Janne, wach auf! Nun komm schon! Da draußen ist irgendetwas. Janne!“. Verschlafen reckte Janne den Kopf aus dem Schlafsack und blinzelte in den Schein der kleinen Taschenlampe, die Arttu auf ihn gerichtet hatte. „Was soll denn das? Ich will schlafen…“, murrte er, doch Arttu hörte nicht auf, ihn zu schütteln. „Nun hör doch, irgendetwas ist da draußen und es kommt näher!“, wisperte Arttu mit zitternder Stimme. Knack! Knack! Diesmal hörte es auch Janne ganz deutlich. Seine Augen weiteten sich und ängstlich sah er Arttu an: „U-u-und was ma-ma-machen wir jetzt?“, stotterte Janne. Zitternd schlug er vor, das Licht auszumachen und einfach muckmäuschenstill zu sein, in der Hoffnung, dass die Kreatur im Wald sie nicht bemerken würde. „Nein! Bist du verrückt? Ich warte nicht hier im Zelt, bis der Irre mit seiner Kettensäge kommt!“, fuhr Arttu den erschütterten Janne an. „Hier, wir nehmen uns diese Decke, suchen uns zwei große Äste und verstecken uns im Gebüsch. Wenn das Monster dann hier her kommt, schmeißen wir die Decke über es und schlagen es k.o.“, plante Arttu. Janne sah ihn entsetzt an und schickte Flüche in den Himmel. Dennoch folgte er Arttu aus dem Zelt und postierte sich mit einem großen Ast hinter einem stacheligen Busch. Nun hockten Happi und Lappi mitten im Wald in der Dunkelheit und hörten angestrengt auf jedes noch so kleine Geräusch. Das Knacken kam immer näher und nun konnten sie erkennen, dass es definitiv Schritte waren, die sich in einem erstaunlichen Tempo den beiden Skispringern nährten. Arttu wurde flau im Magen und voller Angst klammerte er sich an seiner improvisierten Waffe fest. Knack! Knack! Knack! Knack! Mit jedem Schritt schlugen die Herzen der beiden schneller. Der Schweiß rann ihnen den Rücken hinunter und auf ihren Armen hatten sich die Härchen aufgestellt. „Es ist gleich hier“, flüsterte Arttu ängstlich, „Warte auf mein Zeichen und dann stürzen wir uns auf es!“. Janne nickte, doch vor Angst konnte er sich kaum bewegen. Plötzlich stieß Arttu ihm in die Rippen und gab das Zeichen zum Angriff. Trotz der lähmenden Angst sprangen Happi und Lappi aus dem Busch und warfen sich auf das unbekannte Wesen, das unter der gelben Decke vor Schmerzen ächzte. Plötzlich fing es an, wütend zu toben und zu schreien: „Verdammte Scheiße! Runter von mir! Was soll das?“. Wie von der Tarantel gestochen sprangen die beiden Jungen von ihrem Opfer und starrten auf die am Boden um sich tretende Kreatur. Entsetzt stotterte Janne: „M-M-Ma-Matti?“. Die Gestalt riss sich die Decke vom Körper und die Zwillinge schauten in das wutentbrannte Gesicht von Matti Hautamäki! Matti wusste erst nicht, wie ihm geschah, doch als er die beiden völlig verängstigten, zitternden Jungen erblickte, brach er in schallendes Gelächter aus. Arttu und Janne starrten ihn nur mit offenen Mündern an und ließen langsam ihre Äste zu Boden sinken. Nachdem Matti sich minutenlang lachend und wiehernd auf dem Boden gewälzt hatte, brachte er endlich ein paar Worte hervor: „Happi und Lappi! Na so eine Überraschung! Was macht ihr denn hier für einen Blödsinn? Und was zieht ihr überhaupt für komische Gesichter?“. Wieder verfiel er in schallendes Gelächter, bis Arttu sich endlich aus seinem Schockzustand befreien konnte. „Was zur Hölle machst du denn hier, Matti? Ich dachte, du bist ins Kuusamo.“, sagte Arttu zögernd. „Ja, dort war ich auch“, entgegnete Matti und dann erklärte er den beiden, dass er aufgrund seiner unfassbar miserablen Trainingsergebnisse furchtbar schlechte Laune bekommen und deswegen beschlossen hatte, den Weg von Kuusamo nach Kuopio zu joggen. Janne berichtete ihm, was den Zwillingen alles widerfahren war und wieder konnte sich Matti ein Lachen kaum verkneifen. „Passt mal auf, ich bleib jetzt die Nacht hier bei euch und morgen früh zeige ich euch den Weg zur Tankstelle, in Ordnung?“, schlug Matti vor. Happi und Lappi waren erleichtert und nachdem sie alle noch ein paar Stückchen Schokolade gegessen hatten, legten sie sich wieder ins Zelt und schliefen friedlich bis in die Morgenstunden.


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BeitragVerfasst: Di 24. Feb 2009, 13:43 
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Weltcup Springer
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- Kapitel 3 -

Nach einem ausgiebigen Frühstück mit Schokolade und Lordicola brachen die drei Skispringer auf. Zufrieden trotteten Happi und Lappi hinter Matti durch den Wald. Problemlos fand Matti die Straße und führte die beiden letztendlich bis zur Tankstelle, wo er ihnen noch ein Eis spendierte, um sich dann von ihnen zu verabschieden. „Willst du nicht noch ein bisschen hier bleiben und mit uns wandern?“, fragte Arttu hoffnungsvoll, denn er hatte jegliches Vertrauen in seine eigenen und Jannes koordinatorische Fähigkeiten verloren. „Tut mir Leid, aber ich muss heute noch nach Kuusamo zurück joggen.“, erwiderte Matti und begann sich zu dehnen. Lange schauten Happi und Lappi ihrem Retter hinterher, als er sich in schnellem Schritt in Richtung Norden entfernte. Das Wetter hatte sich über Nacht verschlechtert. Die warme Frühjahrssonne des gestrigen Tages versteckte sich hinter einer dichten, grauen Wolkedecke und hier und da durchzogen Nebelfetzen wie kleine, verirrte Gespensterkinder die tiefen Wälder Nordsavos. Die Zwillinge kauften sich an der Tankstelle eine Landkarte der Region. Fröhlich schwatzend begutachteten die beiden ihre Karte, als plötzlich der Tankwart hinter ihnen auftauchte. Er war ungefähr einen Kopf kleiner als Happi und Lappi, aber mindestens doppelt so breit. Sein dichter brauner Schnurrbart ließ die schmalen Lippen gänzlich verschwinden und von seiner hohen Stirn perlten Schweißtropfen ins Gesicht. Die Augen hatte er zu schmalen Schlitzen zusammengepresst, als würde er direkt in die Sonne sehen. „Wo soll’s denn hingehen, Jungs?“, fragte er mit schroffer, unfreundlicher Stimme. „An den Aut—“, wollte Janne gerade sagen, als Arttu ihm unsanft in die Rippen stieß. „Wir wollen am Nordufer des Kallavesi ein paar Tage zelten.“, sagte Arttu und schob Janne auffälliger als gewollt aus der Tankstelle. „Was sollte denn das, Arttu? Wieso hast du dem Tankwart nicht erzählt, dass wir an den Autiojärvi wollen? Und überhaupt, warum schlägst du mich in letzter Zeit ständig?“, beklagte sich Janne und rieb sich beleidigt die Rippen. Arttu verzog das Gesicht und raunte verschwörerisch: „Mensch, du kannst doch nicht jedem Fremden erzählen, wo wir uns in den nächsten Tagen aufhalten werden. Dann kann er doch sofort bei seinen Schmugglerfreunden Alarm schlagen!“. Janne schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn und schüttelte den Kopf. „Was hast du denn? Man kann nicht vorsichtig genug sein! Du hast doch gestern selbst gesehen, wie schnell man in absolute Lebensgefahr geraten kann.“, argumentierte Arttu, doch Janne blieb davon unbeeindruckt: „Ich glaube nicht, dass wir in den nächsten Nächten noch öfter Matti beim Joggen antreffen und mehr Gefahren gibt es hier nicht! Nicht in Kuopio, nicht am Autiojärvi, nicht in Savo.“. Er verstaute die Landkarte in seiner Jackentasche und setzte sich den Rucksack auf. „Ach komm Arttu, lass uns einfach nur ganz in Ruhe zelten gehen. Ich will einfach nur für eine paar Tage abschalten, bevor das Training wieder los geht.“, sagte Janne und blickte dabei auf die Schanzenanlage, die sich in weiter Ferne am Horizont vom Puijo abhob und ihren Kopf in die Wolken zu recken schien. Arttu lächelte seinen Freund an und nickte zustimmend. Auch er wollte sich die Ferien nicht verderben lassen. Wahrscheinlich hatte er einfach zu viele Enid-Blyton-Bücher in seiner Kindheit gelesen. So gingen die beiden fröhlich und gelassen los und schon nach einem halben Tag Fußmarsch erreichten sie den Autiojärvi. Es war ein sehr kleiner See, an dem keine Menschenseele lebte. Am Westufer des Sees stand nur ein altes, verlassenes Holzhaus, in dem schon seit vielen Jahren niemand mehr zu wohnen schien. Rund um den See herum wachsen hunderte riesige Kiefern. Auf dem Boden zwischen den Bäumen konnte man hier und da sogar die Spuren eines Elches sehen. Aufgeregt suchten Happi und Lappi nach einer geeigneten Stelle, an der sie ihr Lager errichten konnten. Bald schon fanden sie ein windstilles Plätzchen an der Südseite des Sees. Wieder dauerte es eine Stunde, bis das Zelt endlich stand. Gerade als Janne seine Angelrute in den spiegelglatten See geworfen hatte und gebannt auf ein Zucken der Sehne wartete, kam ein großer, stämmiger Mann auf einem Motorrad angerauscht. Er war fast zwei Meter groß und in seiner schwarzen, schweren Motorradkluft wirkte seine eh schon einschüchternde Statur noch bedrohlicher. „Was wollt ihr hier?“, fuhr er sie an, „Nehmt eure Sachen und verzieht euch und das ganze aber ein bisschen flott!“. Janne blickte erschrocken von seiner Angel auf. Arttu legte sein Strickzeug beiseite und baute sich vor dem Mann auf. Mit seinen 1,77m Körpergröße und seiner schmächtigen Skispringerstatur wirkte er lächerlich verloren vor dem schwarz gekleideten Koloss. „In Finnland herrscht das Jedermannsrecht. Wir halten genügend Abstand zu den Wohnhäusern, zudem ist dies weder ein Naturschutzgebiet noch eine agrarische Nutzfläche – also dürfen wir hier zelten!“, sagte Arttu entschlossen, auch wenn ihm der wütende Blick des Mannes einen kalten Schauer über den Rücken jagte. „Ich kann euch nur raten, euch so schnell wie möglich zu verdrücken!“, drohte der Motorradfahrer, „Ansonsten wird es euch schlecht ergehen!“. Er stieg auf sein Motorrad und brauste davon. Diesmal war es Arttu, der plötzlich den Mut verlor: „Wir sollten wohl lieber unsere Sachen packen und uns einen anderen Zeltplatz suchen.“. „Nein! Wir haben ein Recht, hier zu zelten und ich sehe nicht ein, warum wir jetzt verschwinden sollten!“, sagte Janne so energisch, dass es Arttu überraschte. Sie fragten sich, wer dieser Fremde wohl gewesen sein mochte und beschlossen, am nächsten Tag ins Dorf zu laufen und sich dort einmal umzuhören.


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BeitragVerfasst: Di 24. Feb 2009, 23:11 
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Weltcup Springer
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- Kapitel 4 -

Es war noch nicht ganz Mitternacht, als sich Happi und Lappi in ihr Zelt zurückzogen, um zu schlafen. Der Abend war nach dem Verschwinden des mysteriösen Motorradfahrers friedlich verlaufen. Janne hatte in aller Seeleruhe geangelt und sogar einen Fisch gefangen, den er jedoch wieder ins Wasser warf, da er es einfach nicht übers Herz brachte, den kleinen Fisch zu töten. Also reduzierte sich ihr erstes Abendessen am neuen Lagerplatz auf eine halbe Dose Ravioli für jeden, die Arttu auf einem wackligen, alten Campingkocher erwärmt hatte. Es schmeckte ihnen vorzüglich und satt und zufrieden hatten sie noch einige Zeit am Ufer des Sees gesessen und schweigend die verträumte Umgebung betrachtet. Im Zelt schief Arttu sofort ein, doch Janne lag noch einige Zeit wach. Bei der Wanderung hatte ihn eine Mücke so ungünstig am Bein gepiekst, dass er nun im engen Zelt die wildesten Verrenkungsübungen unternahm, um das Jucken zu bekämpfen. Als er endlich die optimale Position gefunden hatte, hörte er von draußen dumpfe Geräusche. Er verdrehte die Augen und kroch aus dem Zelt. „Matti, du Elch, was willst du denn nun schon wieder hier?“, schnaufte er vor sich hin, doch er konnte Matti nirgends sehen. „Matti?“, rief er, ohne eine Antwort zu erhalten. Plötzlich leuchtete am anderen Seeufer eine Taschenlampe auf. Geistesgegenwärtig sprang Janne ins Dickicht und hielt sich flach am Boden versteckt. Er sah, wie die Taschenlampe vom Nordufer aus ihren Zeltplatz streifte. Als die Taschenlampe auf sein Versteck gerichtet wurde, hielt er den Atem an und drückte sich noch näher auf den Boden. Der Lichtstrahl wanderte jedoch an ihm vorbei und Janne war erleichtert, dass er scheinbar nicht entdeckt wurde. Wer stand nur da drüben bei dem alten Haus und beobachtete ihr Zelt? Janne wagte kaum, sich zu rühren, dennoch versuchte er, einen besseren Blick auf das Nordufer zu erhaschen. Jedoch war es bereits so dunkel, dass er niemanden sehen konnte. Doch zum Glück wehte in dieser Nacht kein Lüftchen und so trug der Schall leise Stimmen vom Nordufer zu ihm hinüber. Er musste die Luft anhalten, damit sein Atem die leisen Worte nicht überdeckte. „Da ist keiner“, sagte eine tiefe Männerstimme, „Ich habe beobachtet, wie die Blagen vor einer Stunde ins Zelt gegangen sind. Die schlafen sicher tief und fest!“. „Ich habe doch aber gerade ganz genau gehört, dass dort drüben jemand gesprochen hat!“, entgegnete eine weitere Männerstimme, die jedoch viel höher klang. Eine Weile war es still, bevor der Mann mit der tiefen Stimme wieder zu sprechen begann: „Gut, wahrscheinlich ist es besser, heute noch nichts zu machen. Wir können uns keine Zeugen leisten. Morgen werden wir diese halben Portionen von hier vertreiben und dann in der nächsten Nacht ganz entspannt alles durchziehen!“. Kurze Zeit später heulte ein Motor auf und schien sich dann vom Autiojärvi zu entfernen. Janne wagte es lange Zeit nicht, aus seinem Versteck hervorzukommen. Was, wenn einer der Männer zurückgeblieben war und immer noch den Zeltplatz beobachtete. Als nach einer halbe Stunde sein Mückenstich jedoch ganz fürchterlich zu jucken begann, hielt Janne es nicht mehr aus und kehrte zum Lager zurück. Er kroch ins Zelt und überlegte, ob er Arttu wecken sollte. Der machte jedoch einen solch seligen Gesichtsausdruck, dass Janne ihn nicht aus seinem Träumen reißen wollte. So legte er sich ebenfalls schlafen und verfiel bald in einen friedlichen, angenehmen Traum.
Als Janne am nächsten Morgen die Augen aufschlug, war Arttu schon wach und stand bis zu den Knien im See. Janne streckte den Kopf aus dem Zelt und fragte: „Was machst du denn da?“. „Ich stehe im See.“, antwortete Arttu trocken. „Ach tatsächlich?“ – „Jepp!“ – „Und hat das auch einen tieferen Sinn?“ – „Nope!“. Während Arttu langsam aus dem See gewatet kam, erinnerte sich Janne plötzlich schlagartig an die Ereignisse der letzten Nacht. „Du, gestern Nacht ist etwas Merkwürdiges geschehen. Drüber am anderen Ufer standen zwei Männer und haben uns beobachtet.“, berichtete er. „Schmuggler!“, quiekte Arttu begeistert und riss aufgeregt die Augen auf. „Gewiss…“, stöhnte Janne, „Und wahrscheinlich schmuggeln sie Elche von einem Wald zum anderen.“. „Elchbeinschmuggler so zu sagen.“, meinte Arttu und ließ sich lachend ins Gras fallen. Janne setzte sich neben ihn. „Aber Spaß beiseite“, sagte Janne schließlich ernst, „ich glaube, dass hier wirklich irgendetwas faul ist. Erst will uns irgendjemand von hier vertreiben und dann stehen plötzlich irgendwelche Gestalten mitten in der Nacht auf der anderen Seite des Sees und beobachten uns.“. „Hast du eine der Stimmen wieder erkannt?“, fragte Arttu, „Könnte vielleicht unser Motorradfahrer dabei gewesen sein?“. Doch darauf wusste Janne keine Antwort. Eine Weile saßen sie stumm im Gras und schauten auf das verlassene, alte Haus am anderen Ende des Sees. Dann stand Arttu auf und sagte zu Janne: „Los komm, wir gehen ins Dorf und horchen uns dort mal ein bisschen um. Vielleicht erfahren wir, wem das alte Haus gehört und wer der geheimnisvolle Motorradfahrer ist.“


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BeitragVerfasst: Mi 25. Feb 2009, 15:03 
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- Kapitel 5 -

Eine knappe halbe Stunde brauchten die beiden bis ins nahe gelegene Dorf. Es war ein typisches ostfinnisches Dorf mit ein paar weit versprengten Gehöften, unbefestigten Straßen und einem kleinen Tante-Emma-Laden in der Mitte des Dorfes. Auf dem ganzen Weg ins Dorf war ihnen keine Menschenseele begegnet. Nur ein kleiner Hund war gemütlich auf dem Weg vor einem der Gehöfte auf- und abgegangen. Happi und Lappi beschlossen, sich erstmal unauffällig im Tante-Emma-Laden umzuhören. Sie betraten das kleine, gelb gestrichene Blockhaus und fanden sich in einem engen Verkaufsraum wieder, in dem selbst zwei schmale Skispringer darauf achten mussten, mit dem Hintern nicht eines der Regale umzustoßen. Am Ende des Raums befand sich ein zugestellter Tresen. Neben der Kasse und einem kleinen Postkartenständer stand dort auch ein Glas mit Bonbons für die kleinen Kinder und ein paar kleine Trollfiguren, auf denen die norwegische Flagge zu sehen war. Hinter dem Tresen saß eine alte, dürre Frau. Ihre grauen Haare waren zu einem strengen Dutt zusammengesteckt und ließen das faltige Gesicht grob und hart wirken. Die knochigen Finger waren um einen Bleistift geschlungen, mit dem sie scheinbar Rätsel in irgendeiner Zeitung zu lösen versuchte. Arttu nahm zwei Tafeln Nussschokolade, eine Flasche Lordicola und die aktuelle Ausgabe des Savon Sanomat aus dem Regal und ging auf die alte Frau zu. Sie legte die Stirn in Falten, rechnete auf einem kleinen Blatt die Preise zusammen, packte alles in eine grüne Plastiktüte und forderte vier Euro und zwanzig Cent von den Zwillingen. Ihre Stimme war erstaunlich weich und mochte so gar nicht zu ihrem kantigen Erscheinungsbild passen. „Wenn ihr noch einmal so eine Leistung wie beim letzten Teamspringen abliefert, verkaufe ich euch nie wieder etwas!“, sagte die alte Frau plötzlich grob. Happi und Lappi schauten sich erschrocken an, doch bevor sie etwas erwidern konnten, lachte die alte Dame freundlich. „Nun guckt nicht so entsetzt! War ja nur ein Spaß. Aber ich habe euch sofort erkannt. Ich besitze zwar keinen Fernseher, aber immer wenn Skispringen kommt, lädt mich mein Nachbar zu sich ein.“, erklärte sie, „Aber was macht ihr denn eigentlich hier draußen bei uns? Hier gibt es doch weit und breit keine Schanze!“. Die Zwillinge lächelten verlegen. „Wir machen Urlaub und zelten ein paar Tage unten am Autiojärvi.“, sagte Janne. Die Frau lächelte vergnügt und begann Happi und Lappi zu erzählen, wie sie in ihrer Kindheit fast jeden Tag am Autiojärvi gespielt hatte. „Ihr könnt mich im Übrigen Rauni nennen.“, schloss sie ihren Bericht ab. „Sag mal, Rauni…“, begann Arttu, „…kennst du eigentlich zufällig einen großen Mann, fast zwei Meter groß, möchte ich meinen, der ein dunkelgrünes Motorrat fährt?“. Rauni dachte nach und antwortete schließlich: „Also ich wohne nun schon seit fast 80 Jahren in diesem Dorf, aber mir ist noch niemals ein solcher Mann aufgefallen. Wenn ihr mir seinen Namen sagt, kann ich euch aber vielleicht mehr helfen!“. „Ach, ist schon in Ordnung“, wiegelte Janne ab. Nachdem sie sich noch eine Weile über die Wetteraussichten für die nächsten Tage unterhalten hatten, fragte Arttu schließlich: „Ist es eigentlich verboten, am Autiojärvi zu zelten?“. Erstaunt blickte Rauni ihn an: „Warum sollte das denn verboten sein? Am Autiojärvi lebt schon lange keiner mehr. Niemand stört sich daran, wenn dort jemand zeltet. Warum fragst du?“. „Wir wollten nur sicher gehen. Danke Rauni!“, sagte Arttu und verließ das Geschäft. Die Alte rief den Jungs noch hinterher, dass sie sich immer über Besuch freuen würde und Janne versprach, bald wieder vorbei zu schauen.
Am Zeltplatz angekommen, stellten sie deprimiert fest, dass Raunis Auskünfte sie kaum schlauer gemacht hatten. Gedankenverloren blickte Arttu auf das verlassene Haus am gegenüberliegenden Ufer. „Worüber denkst du nach?“, fragte Janne. „Wenn die beiden Kerle gestern nur hier waren, um uns zu beobachten, warum haben sie es dann vom Nordufer aus gemacht?“, überlegte Arttu, doch Janne zuckte nur mit den Schultern. „Sieh doch, vom Ostufer kann man unseren Zeltplatz viel besser einsehen und wenn man sich einfach von hinten an unseren Zeltplatz heranschleicht, hat man doch eh die besten Karten.“. „Also ich bin froh, dass die da drüben geblieben sind!“, murrte Janne. „Wir sollten uns das alte Haus mal genauer anschauen. Ich glaube, die Typen waren nicht zufällig dort.“, sinnierte Arttu, „Wahrscheinlich ist das da drüben ihr Versteck für die Schmuggelware!“. Janne rollte mit den Augen und ließ sich ins hohe Gras sinken. Er hatte so langsam genug von Schmugglern. Während Arttu aufgeregt weiterschwatzte, nahm Janne sich die Zeitung aus der Plastiktüte und schlug sie auf. Plötzlich traf es ihn wie einen Schlag. „Arttu? Arttu, jetzt halt doch mal die Luft an und hör mit den scheiß Schmugglern auf!“, schrie er ihn wütender als nötig an. Arttu schaute erschrocken zu Janne hinunter. „Was soll denn das? Warum schreist du mich so an? Ich glaube, dass wir hier ein ernsthaftes Problem haben, aber du beteiligst dich scheinbar kein bisschen an der Lösungs des…“, doch bevor Arttu seinen Satz beenden konnte, wurde er von Janne unterbrochen, der mit ernster Miene sagte: „Es gibt jemandem, der hat jetzt weit größere Probleme als wir!“. Arttu runzelte die Stirn und Janne sprach weiter: „Matti ist verschwunden! Er ist nicht in Kuusamo angekommen!“


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BeitragVerfasst: Mi 25. Feb 2009, 23:49 
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- Kapitel 6 -

Vor zwei Tagen ist der Skispringer Matti Hautamäki von Kuusamo aus, wo die finnische Nationalmannschaft derzeit trainiert, zu einer kleinen Joggingrunde aufgebrochen. Am Morgen des gestrigen Tages wurde er dann in einer Tankstelle bei Kuopio gesichtet. Nach Aussagen des Tankwartes wollte der 27-jährige wieder nach Kuusamo zurückjoggen, wo er am Abend eintreffen sollte. Doch dort kam er niemals an. Seine Spur verliert sich bereits einige Kilometer nördlich von Kuopio. Im Wald fand die örtliche Polizei seine Jacke, sein Handy und seinen Glücksteddy. Die Behörden gehen von einem Verbrechen aus. Für sachdienliche Heinweise ist die Polizei sehr dankbar. Der finnische Skiverband hat bereits bekannt gegeben, eine Belohnung auf den entscheidenden Hinweis auszusetzen, die sich aus finanziellen Aspekten jedoch auf eine Packung Buntstifte beschränkt.
Ungläubig starrten Happi und Lappi auf die Zeitung in Jannes Händen. Keiner brachte ein Wort heraus. Es war ein schöner, sonniger Tag und die Vögel sangen in den Bäumen fröhlich ihre Frühjahrslieder, doch im Zeltlager schien tiefster Winter zu herrschen. Arttu las den Artikel wieder und wieder und jedes Mal überfiel ihn ein eisiger Schauer.
„Vielleicht hatte er einfach keine Lust mehr auf Joggen und ist spontan in den Urlaub gereist.“, sagte Janne schließlich vorsichtig, doch Arttu schien ihn überhaupt nicht wahrzunehmen. Immer noch saß er regungslos am Ufer des Autiojärvi und starrte auf die schwarzen Lettern des Savon Sanomat. „Wir sollten sofort zurück nach Kuopio laufen.“, schlug Arttu vor. „Und was dann?“, fragte Janne, „Willst du Zettel mit seiner Vermisstenanzeige an die Bäume pinnen? Wir können doch jetzt eh nichts machen. Am besten gehen wir zurück zu Rauni und rufen von dort aus den Trainer an. Er wird uns bestimmt genaueres zu Mattis Verschwinden sagen können!“. Er legte Arttu die Hand auf die Schulter und lächelte aufmunternd. „Wahrscheinlich ist das wirklich das klügste.“, gestand er schließlich ein. Die beiden gingen wieder zurück ins Dorf, doch als sie zu Raunis Laden kamen, war die Tür verschlossen. „Nanu? Wo ist denn Rauni hin?“, fragte Arttu verwundert. „Vielleicht ist sie hinter dem Haus in diesem kleinen Garten da.“, meinte Janne und deutete auf einen alten, morschen Gartenzaun. Die Zwillinge wollten gerade um die Ecke biegen, als Arttu Janne heftig am Arm zog und ihn in Windeseile hinter einen Busch zerrte. Janne begriff nicht sofort, doch dann erblickte auch er hinter Raunis Haus ein großes, dunkelgrünes Motorrad. „Ist das etwa das Motorrad dieses verfluchten Riesen?“, wisperte Janne. Arttu nickte vehement und hielt sich den Zeigefinger an die Lippen, denn genau in diesem Moment öffnete sich die Hintertür des Hauses und der Riese kam eiligen Schrittes heraus. Er stieg auf sein Motorrad und blickte noch einmal zur Tür, aus der Rauni ihren Kopf steckte, dann startete er die Maschine und fuhr davon. Rauni sah ihm nach und verschwand wieder im Haus. Die Zwillinge saßen nach wie vor regungslos hinter dem Busch und trauten ihren Augen kaum. „Los, lass uns hier verschwinden!“, zischte Janne und die beiden rannten aus dem Dorf. Sie verlangsamten ihr Tempo erst, als sie in einiger Entfernung zum Dorf auf einem schmalen Waldpfad liefen.
„Rauni hat uns angelogen! Sie kennt diesen Typen also doch.“, sagte Arttu wütend und Janne pflichtete ihm bei: „Das hätte ich wirklich nicht von ihr gedacht. Aber was mögen sie wohl miteinander zu tun haben? Warum schließt Rauni ihren Laden ab, um sich in aller Heimlichkeit mit diesem Typen zu unterhalten. Da stimmt irgendetwas ganz und gar nicht!“. Sie spekulierten noch eine Weile über die alte Dame, bis Janne plötzlich innehielt. „Hörst du das? Das klingt wie ein Auto oder ein Motorrad.“, sagte er und spitze angestrengt die Ohren. Auch Arttu lauschte in den Wind. „Ja, ich höre es auch und es kommt scheinbar näher.“, bemerkte er schließlich. Schnell sahen sich die beiden nach einem Versteck um, denn auf ein Treffen mit dem Motorradfahrer hatten sie wenig Lust. Im Wald entdeckten sie eine Gruppe gewaltiger Findlinge, zwischen denen sie sich problemlos verkriechen konnten. Gerade hatten sie ihr Versteck bezogen, da brauste ein weißer Geländewagen den schmalen Weg entlang. „Der kommt vom See!“, stieß Janne aufgeregt hervor und nachdem sie sich versichert hatten, dass das Auto weit genug weg war, sprangen sie aus ihrem Versteck und rannten den restlichen Weg zum Autiojärvi hinunter. Am Ufer erwartete sie ein erschütternder Anblick. Ihr ganzes Lager war verwüstet. Das Zelt lag zusammengestürzt auf dem Boden, ihre Kleidung war am gesamten Südufer verstreut worden und die Essenvorräte versanken im See. Entsetzt starrten Happi und Lappi auf das Chaos. „So leicht wird man uns nicht los.“, zischte Arttu wutentbrannt durch die Zähne und gemeinsam sammelten sie ihre Sachen zusammen. „Was machen wir jetzt?“, fragte Janne, „Ich bin dafür, dass wir jetzt auf keinen Fall aufgeben“. Arttu sah ihn entschlossen an. „Wir bauen ein neues Zeltlager auf. Dort drüben am Westufer, zwischen all dem hohen Gras. Das ist zwar nicht so schön wie dieser Platz hier, doch dorthin führt kein richtiger Weg und vom See aus kann man uns auch nicht entdecken.“, schlug er vor. „Gute Idee, aber vorher laufen wir mit Sack und Pack ins Dorf und verabschieden uns von Rauni. Soll sie ihrem verrückten Freund doch erzählen, wir wären nach Kuopio zurückgekehrt!“, sagte Janne mit schiefem Grinsen im Gesicht und rieb sich erwartungsvoll die Hände.


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BeitragVerfasst: Do 26. Feb 2009, 17:00 
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- Kapitel 7 -

Lange schon stand der Mond über dem glatten See, als die Zwillinge Happi und Lappi endlich in ihre Schlafsäcke kriechen konnten. „Oh, mir tut alles weh.“, jammerte Janne, „Wir sind heut geschlagene drei Stunden zwischen dem Dorf und dem Autiojärvi hin- und hergelatscht. Ich kann echt nicht mehr.“. Schnaufend drehte er sich in seinem Schlafsack um. Der Boden des neuen Zeltplatzes war hart und uneben und so recht wollte Jannes Körper keine angenehme Position zum Schlafen finden. Arttu lag neben ihm auf dem Rücken und starrte an die Zeltplane. Während sich Janne pausenlos und sehr ausladend in seinem Schlafsack rumwälzte, versuchte Arttu die Ellenbogen, die er ständig ins Gesicht bekam, zu ignorieren und ihren Plan noch einmal zu überdenken. Als sie sich bei Rauni verabschiedet hatten, kauften sie für den vermeintlichen Rückweg nach Kuopio so viele Vorräte, dass sie für die nächste drei Tage problemlos versorgt waren. Dann waren sie auf einem weiten Umweg durch den Wald zum See zurück geschlichen und hatten ihr Zelt im dichten, hohen Grad des Westufers zwischen drei riesigen Kiefern, deren Wurzeln Jannes Behauptung zufolge unter seiner Matratze einen Knotenpunkt bildeten, und zwei gewaltigen Büschen aufgeschlagen. Jannes Rumgezappel begann Arttu langsam zu nerven. „Bleibst du endlich still liegen, wenn wir die Seiten tauschen?“, fragte er ihn genervt. Janne nickte mit unschuldigem Blick. Nachdem sie die Seiten getauscht hatten, herrschte Ruhe, bis Janne nach fünf Minuten feststellte: „Scheiße, jetzt sind die Wurzeln hier rüber gewandert. Arttu? Arttu, können wir wieder tauschen?“, fragte er vorsichtig, doch Arttu war schon eingeschlafen und schnarchte leise vor sich hin. Nach einiger Zeit schlief auch Janne schließlich ein.
Am nächsten Morgen beschlossen Happi und Lappi, am Nordufer nach Spuren der beiden Männer zu suchen und vielleicht würden sie ja sogar einen Blick in die alte Hütte werden können. Auf einem uneinsehbaren Trampelpfad schlichen die beiden um den See, bis sie das alte Haus erreicht hatten. Erst aus der Nähe erkannten sie, wie zerfallen das Gebäude wirklich war. Die dunkelrote Farbe blätterte von den Wänden ab und offenbarte morsches, graues Holz, das von Insekten zerfressen war. Die einst weißen Fensterläden hatten eine bräunliche Färbung angenommen und hingen schief in den Angeln; einige lagen sogar am Boden. Auf den Fensterscheiben klebte Vogeldreck und der Staub vieler, vieler Jahrzehnte, doch eines zog die Blicke der Jungen auf sich. „Sieh nur Arttu, an der alten Tür hängt ein nagelneues Vorhängeschloss!“, stellte Janne erstaunt fest. Sie kamen vorsichtig näher und betrachteten das silberne Schloss. „Sieht wirklich ganz neu aus.“, meinte Arttu, „Das kann noch nicht lange hier hängen. Vielleicht waren die Typen ja deswegen vorletzte Nacht hier am See. Nun stell sich mir da eine entscheidende Frage!“ – „Die da wäre? Ob das ein echtes Schmugglervorhängeschloss ist? Für das man einen Schmugglerschlüssel braucht? Mit dem dann die Schmuggler in ihr Schmugglerversteck können, um ihre Schmuggelware zu schmuggeln?“, äffte Janne seinen Freund nach. Arttu stemmte die Arme in die Hüfte und verzog beleidigt das Gesicht. „Ist ja gut.“, beschwichtigte ihn Janne, „Welche Frage stellt sich dir nun?“. „Mir stellt sich die Frage,...“, begann Arttu zu erläutern, „…ob die Typen eh vorhatten, das Schloss dort anzubringen oder ob sie es nur angebracht haben, weil wir plötzlich hier aufgetaucht sind.“. Janne musste zugeben, dass dies ein interessanter Aspekt war und gerade als er antworten wollte, zuckten beide erschrocken zusammen, denn im Wald hörten sie ein Motorengeräusch. Hastig sahen sich die beiden nach einem Versteck um, aber das Haus stand auf einer freien Lichtung und nirgends eröffnete sich ihnen ein Versteck. Janne hatte die rettende Idee und watete in den See hinein. Die beiden hockten sich ins eiskalte Wasser und nur ihre Köpfe guckten noch raus, doch vom Land aus waren sie hinter dem dichten Schilf nicht zu sehen. „Herrje, ich friere mir hier den Arsch ab.“, schimpfte Arttu, verstummte jedoch sofort, als ein weißer Geländewagen um die Ecke bog. Es war dasselbe Auto, das die Zwillinge am Tag zuvor auf dem Waldweg gesehen hatten. Vielsagend nickten sie sich zu und lumschten weiter vorsichtig durch das Schilf in Richtung Haus. Dem Auto entstieg ein kleiner muskelbepackter Mann. Mindestens so breit wie hoch. Verstohlen schaute er sich um. In der Hand trug er eine kleine Reisetasche, die schwer zu sein schein, denn ihre Griffe dehnten sich kritisch. Er stellte sie vor der Tür auf den Fußboden und kramte in seiner Hosentasche rum. Schließlich fand er einen kleinen glänzenden Schlüssel, mit dem er das robuste Vorhängeschloss öffnete. Dann betrat er mit der Tasche das Haus. Durch die verschmutzten Fenster konnten die Jungen nur seine Umrisse sehen, die sich schnell durch das Haus bewegten. Bald schon kam er wieder, doch diesmal schien die Tasche wesentlich leichter, vielleicht sogar leer zu sein. Der Mann stieg wieder in seinen Geländewagen und fuhr davon. Als das Auto außer Sichtweise war, kletterten die Jungs ans Ufer zurück. Arttu drehte sich zu Janne um und grinste ihn triumphierend an: „Siehst du, ich habe es dir doch gesagt: Schmuggler!“


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BeitragVerfasst: Do 26. Feb 2009, 23:30 
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- Kapitel 8 -

Zurück am Zeltplatz zogen die Zwillinge sich trockene Sachen an, doch trotzdem begann Janne schon nach kurzer Zeit wieder und wieder inbrünstig zu niesen. „Geht das vielleicht eine Spur leiser?“, zischte Arttu ihn an, „Wir können ja gleich unsere Fahne hier am Baum hissen, wenn du solchen Krach machst!“. „Ich ka-ha-hatschi kann doch nichts dafür.“, wimmerte Janne und begann sofort von neuem geräuschvoll zu niesen. Arttu nahm den Campingkocher in Betrieb, um für Janne eine Tasse gesunden Tee zu kochen. Diese tat zum Glück auch ihren Dienst und nach ein paar Stunden im warmen Zelt, hatte Janne seine Nase halbwegs unter Kontrolle. „Mich würde wirklich interessieren, was in dieser Tasche drin war. Es muss sich ja jetzt im Haus befinden.“, näselte Janne. Arttu pflichtete ihm bei: „Wir sollten heut Nacht noch einmal zum Haus gehen und probieren, ob wir uns durch eines der Fenster Zugang verschaffen können.“. Erschrocken starrte Janne ihn an. „Nachts? Nichts da, nachts beweg ich mich keinen Millimeter aus diesem Zelt heraus!“, protestierte er. „Willst du lieber warten, bis die Typen morgen eventuell wieder herkommen und uns auf frischer Tat ertappen? Das war heut schließlich schon denkbar knapp.“, argumentierte Arttu. Dagegen konnte Janne nichts erwidern und so beugte er sich Arttus Plan, auch wenn ihm nicht wohl bei dem Gedanken war.
Um kurz nach Mitternacht stiegen die beiden aus ihrem Zelt und liefen rasch um dem Autiojärvi zum alten Haus. Einige Minuten hielten sie sich hinter einem großen Baum versteckt und beobachteten das Haus, bevor sie sich schließlich vorsichtig nährten. Sie schalteten ihre Taschenlampen und schlichen um das Haus herum. An der zum See gelegenen Seite entdeckte Arttu schließlich ein Fenster, das schon so vermodert war, dass es sich mit ein bisschen Gewalt problemlos öffnen ließ. Beinahe lautlos kletterte Janne ins Haus, doch als Arttu ebenfalls hinein wollte, hielt er ihn zurück. „Bleib du erstmal hier draußen und schieb Wache! Wenn ich mich umgesehen habe, tauschen wir.“, flüsterte er. Arttu war einverstanden und wartete vor dem Fenster, während Janne auf Zehenspitzen durch das alte Haus schlich. Die Dielen ächzten bedrohlich laut unter seinen Füßen. Das Haus war scheinbar fluchtartig verlassen worden, denn sämtliche Möbel standen an Ort und Stelle, doch eine zentimeterdicke Staubschicht breitete sich darauf aus. Neben der Eingangstür sah er eine kleine Plastiktüte liegen, in der scheinbar das neue Vorhängeschloss einst verpackt war. Er hob die Tüte auf und las das Etikett: Schmugglerschloss inkl. Schmugglerschlüssel – www.schmugglerzubehör.com. „Ich fass es nicht!“, murmelte Janne, verdrehte die Augen und ließ die Verpackung wieder fallen. Just in dem Moment hörte er fast direkt vor der Tür Stimmen und keine davon gehörte zu Arttu! „Scheiße!“, fluchte er leise und sprang in den nahe stehenden Wandschrank. Mit klopfendem Herzen zog der Tür ran. Zur gleichen Zeit erstarrte auch Arttu, denn er hatte die beiden Gestalten nicht kommen hören. Scheinbar waren sie zu Fuß gekommen, denn als er plötzlich ihren Stimmen auf der anderen Seite des Hauses hörte, sank ihm das Herz in die Hose. Es war zu spät, um Janne zu warnen. In dem Moment, als die beiden schwarz gekleideten Männer das Haus betraten, sprang Arttu ungelenk ins Wasser und schwamm in das Schilf, in dem er heute schon einmal gesessen hatte. „Was war denn das für’n Platschen?“, fragte der Mann mit der hohen Stimme und rannte ans offene Fenster. „Wahrscheinlich ein Elch. Du weißt doch, das die Viecher im Frühjahr völlig freidrehen.“, sagte der Mann mit der tiefen Stimme und fügte nach kurzem Überlegen hinzu: „Pekka, hast du das Fenster geöffnet?“. Der andere verneinte und sofort begannen die beiden hastig im Haus auf und ab zu rennen. Arttu hockte im eiskalten Wasser und hoffte, dass es Janne gelungen war, ein sicheres Versteck zu finden. Nach einigen Minuten, die Arttu wie Stunden vorgekommen waren, kehrten die Männer in den ersten Raum zurück. „Hier ist niemand“; sagte der mit der hohen Stimme, „War wahrscheinlich nur der Wind. Kein Wunder in dieser alten, klapperigen Bruchbude!“. Gerade wollten sie sich umdrehen und aus dem Haus gehen, da hörten sie plötzlich ein verdächtiges Geräusch: Ha-ha-hatschi tönte es unüberhörbar aus dem Schrank. Arttu blieb beinah das Herz stehen. Von seinem Versteck aus konnte er nicht sehen, was nun vor sich ging, doch was er hörte, war beunruhigend genug. „Was haben wir denn da?“, tönte einer der Männer großspurig. „Ich – nein – ich – bitte nicht!“, hörte man Janne panisch stottern. Der Mann mit der tiefen Stimme sagte: „Ich kümmer mich hier um dieses kleine Würmchen und du drehst jeden Stein an diesem beschissenen See um, bis du den anderen Kerl gefunden hast! Er muss hier irgendwo sein.“. So leise wie möglich, schwamm Arttu ein paar Meter vom Haus weg, dann hievte er sich aus dem Wasser, lief in Windeseile zum Lager, schnappte sich seinen Rucksack und rannte davon, so schnell ihn seine Beine trugen. Er wusste nicht, wohin er genau rannte, doch er wagte auch nicht, seine Taschenlampe anzuknipsen. Schließlich stand er vor der großen Gruppe von Findlingen, in der Janne und er sich am Tag zuvor versteckt hatten. Er kroch in einen schmalen Spalt zwischen zwei großen Steinen, schloss die Augen und horchte in den Wind. Erst im Morgengrauen wagte er es, sich wieder zu bewegen. Er ließ den Kopf in die Hände fallen und schluckte schwer, dann atmete er langsam aus und kroch aus seinem Steinversteck. „Janne, ich hol dich da irgendwie raus!“, sagte er entschlossen und setzte seinen schweren Rucksack auf.


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BeitragVerfasst: Fr 27. Feb 2009, 22:09 
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- Kapitel 9 -

Als Arttu an ihrem alten Zeltlager angekommen war, fand er es verwüstet und durchsucht vor. Hier würde er nicht bleiben können. Während er Jannes verstreute Sachen einsammelte und in dessen Rucksack packte, wurde ihm schwer ums Herz, denn noch hatte er keine Idee, wo er nach Janne suchen und wie er allein sich gegen die zwei Männer behaupten sollte. Vielleicht waren es sogar mehr als zwei Männer. Wenn sogar die alte Rauni in die Sache verwickelte war, könnte es sich auch durchaus um eine größere Verbrecherbande handeln. Er nahm seinen eigenen und auch Jannes Rucksack, sowie das Zelt und ging zurück zu den Findlingen, in deren Mitte er die letzte Nacht verbracht hatte. Er stopfte das Zelt und Jannes Rucksack zwischen die Steine. Aus seinem eigenen Rucksack schüttete er den Inhalt auf den trockenen, dunklen Waldboden und packte nur seinen Schlafsack, ein paar Vorräte, die Taschenlampen und die Jagdmesser wieder ein. Alles andere versteckte er ebenfalls zwischen den gigantischen, grauen Steinen. Ab sofort würde er nur noch im Schlafsack unter freiem Himmel schlafen, auch wenn das Wetter noch lange nicht dafür geeignet war, doch er durfte es nicht riskieren, auch noch entdeckt zu werden. Gerade hatte Arttu dieses Gedanken zu Ende gedacht, da berührte ihn von hinten jemand an der Schulter. Erschrocken wirbelte er herum und blickte mit weit aufgerissenen Augen in das furchige, schmale Gesicht von Rauni. „Oh mein Gott, hast du mich erschreckt!“, schnaufte Arttu erleichtert, auch wenn Raunis Auftauchen ihn mehr als beunruhigte. „Hallo Arttu, ich dachte, ihr seid nach Kuopio abgereist.“, sagte die Alte mit warmer Stimme, „Wo ist denn dein Zwilling hin?“. Arttu funkelte sie wütend an. „Ach, wo ist er nur hin?“, zischte er sie gereizt an, „Das wirst du wahrscheinlich besser wissen als ich.“. Rauni sah ihn verwirrt an und schüttelte den Kopf. „Was ist denn in dich gefahren, Junge?“, fragte sie. „Du hast Nerven! Erst verschleppt ihr Janne und nun haben sie dich geschickt, um mich zu auch noch zu finden, aber dass du uns angelogen hast, Rauni, und dass du es auch jetzt noch tust, ohne mit der Wimper zu zucken, das ist wirklich dreist. Verschwinde!“, schrie er sie zornig an. Die alte Frau taumelte erschrocken ein paar Schritte zurück und ließ sich auf einem niedrigen Stein nieder. Mit matter Stimme sagte sie mehr zu sich, als zu Arttu: „Diese Halunken! Was haben sie nur mit dem Jungen vor?“. Tränen flossen ihre Wangen hinab. Obwohl Arttu am liebsten die Chance genutzt hätte, um davon zu laufen, setzte er sich neben sie und sagte: „Hör zu, wir haben dich vor zwei Tagen zusammen mit diesem Motorradtypen gesehen, obwohl du uns nur ein paar Stunden zuvor erzählt hast, du würdest ihn nicht kennen. Wir wissen, dass du mit diesen Typen gemeinsam irgendwelche krummen Dinger drehst, also tu nicht so, als wüsstest du von all dem nichts!“. Rauni legte den Kopf in die Hände und begann hemmungslos zu weinen. Erst nach einigen Minuten konnte sie wieder sprechen. „So ist das nicht. So ist das wirklich nicht!“, brachte die alte Dame schluchzend hervor und scheinbar wollte sie noch etwas sagen, doch sie öffnete den Mund nur und schloss ihn wieder. Plötzlich stand sie auf und trat ohne ein weiteres Wort zu sagen den Rückweg ins Dorf an. Arttu rief ihr nach, doch Rauni blickte sich nicht noch einmal um.
„Ach, was interessiert mich das Theater dieser alten Lügnerin?“, brummte Arttu und lief in Richtung des Sees. Er wollte noch einmal zum Haus zurück, um nach eventuellen Spuren von Janne zu suchen. Es schien niemand in der Nähe zu sein und vorsichtig pirschte er sich an die alte Hütte heran. Immer wieder hielt er inne, sah sich um und lauschte. Langsam schlich er um das einst rote Gebäude herum. Als er an das Fenster kam, durch das Janne gestern geklettert war, sah er, dass die Ganoven es mit einem Brett notdürftig verbarrikadiert hatten. Er kam zur Eingangstür und sah just in diesem Moment, wie ein kleiner Fetzen Papier von der Türschwelle in Richtung See geweht wurde. Vielleicht war es nur Kaugummipapier, doch trotzdem hechtete er hinterher und bekam den Schnipsel zu fassen, bevor er ins Wasser fiel. Doch was er in der Hand hielt, war definitiv kein Kaugummipapier, sondern er sah in ein bekanntes Gesicht. Vom Papierfetzen blickte ihn Matti Hautamäki an. Er kannte das Bild, denn er selbst hatte es vor zwei Tagen im Savon Sanomat gesehen. Was macht dieses unsauber ausgerissene Bild hier vor dem Haus? Wahrscheinlich war es Zufall, dachte sich Arttu und ging zum Haus zurück. Einige Meter von der Haustür entfernt, konnte er jedoch unter einem Busch einen weiteren Fetzen entdecken. Als er ihn aufhob, erkannte er darauf ebenfalls einen Ausschnitt aus dem Artikel über Mattis Verschwinden. Was hatte das nur zu bedeuten. Arttu lehnte sich an die Hauswand und dachte nach. Was, wenn Janne ihm damit etwas sagen wollte? Er suchte die Gegend um das Haus herum gründlich ab, doch nirgends konnte er einen weiteren Schnipsel entdecken. Resigniert stellte er fest, dass die Fetzen genauso gut einem der Typen aus der Hosentasche gerutscht sein könnten. Doch bevor er aufgeben wollte, wagte er noch einen letzten Versuch. Er musste ins Haus hinein! Zwar hatten die Verbrecher eines der Fenster vernagelt, aber scheinbar hatte niemand überprüft, wie es um die Sicherheit der anderen Fenster aussieht und so war es für Arttu ein leichtes, sich Zugang zum Haus zu verschaffen. Er sah sich im Haus um, konnte jedoch keine weiteren Papierstücken entdecken. Als er das Haus wieder verlassen wollte, sah er plötzlich etwas unter der Kommode neben dem großen Wandschrank hervorblitzen. Jannes Taschenlampe! Als er sie aufhob, blickte er zufällig in den Türspalt des Schrankes und auf dessen Boden sah er einen kleinen Stapel Zeitungen liegen. Aus der oberen waren Fetzen herausgerissen. Er nahm die bekannte Ausgabe des Savon Sanomat vom Stapel und blickte auf die darunter liegende. Sie war vom gestrigen Tage und erstaunt überflog Arttu einen kleinen Artikel auf der ersten Seite.
Nach dem mysteriösen Verschwinden von Matti Hautamäki erschüttert ein weiteres Rätsel den Skiverband. In der vergangenen Nacht wurden aus einem Lageraum in Kuopio die Wettkampfski aller Athleten des finnischen Skisprungnationalteams entwendet…
„Schlauer Janne!“, flüsterte Arttu lächelnd und verschwand aus dem alten Haus.


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BeitragVerfasst: Sa 28. Feb 2009, 20:46 
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- Kapitel 10 -

Nach einigem Suchen hatte Arttu schließlich einen sicheren Platz gefunden, an dem er die Nacht verbringen konnte. Rund zweihundert Meter östlich des Autiojärvi breitete er seinen Schlafsack in einer kleinen Erdkuhle aus, die von großen Büschen und hohem Gras fast vollständig verdeckt wurde. Sie war weit abseits des Weges und man konnte sie nur sehen, wenn man direkt davor stand. Arttu hingegen brauchte nur seinen Kopf aus der Kuhle zu recken und schon konnte er durch die Bäume hindurch das Haus am anderen Ufer beobachten. Er hatte zwar nicht die Hoffnung, dass die Männer in dieser Nacht zurückkommen würden, doch wenn, dann würde er sich so nah wie möglich heranschleichen und sie vielleicht sogar verfolgen. Nachdem er sein Nachtlager hergerichtet hatte, holte Arttu die Zeitung, die er im alten Haus gefunden hatte, aus seinem Rucksack und las sich den Artikel über die verschwundenen Ski noch mal durch. Ob Mattis Verschwinden und der Diebstahl der Ski in einem direkten Zusammenhang standen? Janne war jedenfalls davon ausgegangen, denn sonst hätte er Arttu durch die Zeitungsfetzen nicht ins Haus zu führen versucht. Er wollte, dass Arttu im Haus nach weiteren Spuren sucht und dabei die Zeitungen findet und da er seinen Zwilling fast so gut kannte, wie sich selbst, war der doch etwas abwegige Plan natürlich aufgegangen. Plötzlich musste Arttu lachen: „Na der Kerl hat vielleicht Nerven! Diese Verbrechen suchen nach ihm und er sitzt im Schrank und liest Zeitung!“, sagte er wiehernd zu sich selbst. Die Vorstellung erschien ihm so witzig, dass er sich erst nach Minuten wieder fangen konnte.
Obwohl er schnell eingeschlafen war, wälzte er sich dennoch unruhig hin- und her. Gegen fünf Uhr morgens wachte er plötzlich auf, denn der Wind blies auffällige Geräusche über den glatten See zu seinem Nachtlager. Motorengeräusche! Schnell schlüpfte Arttu aus dem Schlafsack und zog sich Schuhe und Jacke an. Als er aus seinem Versteck spähte, konnte er sehen, dass der weiße Geländewagen gerade auf das alte Haus zufuhr. Plötzlich kam ihm eine Idee. Er holte aus seinem Rucksack eines der Walkie Talkies, die er am gestrigen Abend noch aus dem Findlingsversteck geholt hatte und wühlte aufgeregt in seinem Rucksack nach einer Tüte Gummibärchen, um die Janne einen Gummi gemacht hatte, damit die kleinen Tierchen nicht ausbüchsen konnten. Arttu stopfte das kleine Funkgerät und den Gummi in seine Jackentasche und rannte los. Leichtfüßig und fast lautlos durchdrang er den Wald und kam dem alten Haus immer näher. In einem sicheren Abstand blieb er hinter einem Findling hocken und beobachtete die Szene. Neben dem Geländewagen standen wieder die beiden Männer und nun konnte er sie zum ersten Mal ganz deutlich erkennen. Der größere von Ihnen war eindeutig der Motorradfahrer, der sie an ihrem ersten Abend bedroht hatte. Den zweiten Mann hatte er ebenfalls schon einmal gesehen, als dieser die kleine Reisetasche im Haus entleert hatte. Diesmal konnte Arttu sein Gesicht erkennen, denn obwohl es noch dunkel war, erhellte das Licht im Wageninneren die Umgebung stark. Das Gesicht kam Arttu unheimlich bekannt vor, doch er wusste es beim besten Willen nicht einzuordnen. Die beiden Männer unterhielten sich noch ein paar Minuten und dann gingen sie ins Haus. Im dem Moment, als sie die Tür hinter sich geschlossen hatten, rannte Arttu los. Er hechtete von Baum zu Baum, von Busch zu Busch, um ja nicht entdeckt zu werden. Im Laufen wickelte er den Gummi eng um das Walkie Talkie, sodass die Sprechtaste eingeklemmt war. Zum Glück hatte einer der Männer die Beifahrertür offen stehen lassen und so war es ein leichtes für Arttu, das Funkgerät unter den nächst besten Sitz zu schieben. Er versuchte es so einzuklemmen, dass es nicht bei der ersten Bremsung dem Beifahrer zwischen die Füße rutschte. Gerade als er fertig war und den Rückweg antrat, öffnete sich die Tür, doch bevor die Männer Arttu bemerken konnte, versteckte er sich im Gras. Nachdem das Auto davon gefahren war, rannte er, so schnell ihn seine Beine trugen, zum Schlafplatz zurück und schaltete das zweite Walkie Talkie an. Er strahlte über das ganze Gesicht, als er die Stimmen der beiden Männer durch den kleinen Lautsprecher hörte. Die Batterien würden nicht ewig halten, doch vielleicht würde es reichen, um irgendeinen Hinweis auf Jannes Verbleib zu erhaschen. Nachdem die Männer sich jedoch schon seit über fünf Minuten über Eishockey unterhielten, schwand sein Enthusiasmus. Er wollte das Walkie Talkie schon ausschalten, als der kleine Mann sagte: „Weißt du Saku, mir ist nicht wohl dabei, den Jungen in der Hütte in Koivula zu lassen. Da spazieren ständig irgendwelche Leute lang. Was, wenn der Wurm sich bemerkbar machen kann? Ich würde ihn lieber zum Autiojärvi bringen!“. „Und riskieren, dass der andere ihn findet?“, schnaubte der große Mann, der scheinbar Saku hieß, „Der rennt da nämlich noch garantiert irgendwo rum. Wir lassen den Jungen, wo er jetzt ist und damit hat sich das.“. Arttu versuche sich an den Namen des kleinen Mannes zu erinnern. Wie hatte Saku ihn genannt, als er ihn nach dem offenen Fenster im Haus gefragt hatte? Pekka! Vielleicht würde er mit den Namen Pekka und Saku, sowie dem Ortsnamen Koivula irgendwie weiterkommen. Da die Männer scheinbar ausgestiegen waren, legte er das Funkgerät zufrieden beiseite. Es wäre doch gelacht, wenn er gegen diese beiden Holzköpfe nicht ankommen würde!


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BeitragVerfasst: So 1. Mär 2009, 22:07 
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- Kapitel 11 -

Während Arttu in seinem Versteck auf den Sonnenaufgang wartete, überlegte er, wie er nun vorgehen sollte. Als erstes würde er zu den Findlingen gehen, um aus Jannes Rucksack die Karte der Umgebung zu holen. Er hoffte inständig, dass Koivula hier irgendwo in der Nähe war. Wie er es jedoch schaffen wollte, Janne aus den Fängen der Schmuggler zu befreien, das würde er dann vor Ort entscheiden müssen. Als die ersten Sonnenstrahlen sich auf dem ruhigen Autiojärvi spiegelten, packte Arttu seine Sachen und brach auf, um die Karte zu holen. Im Gehen verdrückte er noch die angebrochene Tüte Gummibärchen und leerte seine letzte Flasche Lordicola. An den Findlingen angekommen, zog er Jannes Rucksack aus der Felsspalte hervor und entnahm ihm die Landkarte. Da Arttu nicht der geborene Kartenleser war, dauerte es lange, bis er endlich seinen eigenen Standpunkt ermittelte hatte. „Aha, hier ist also der See.“, murmelte Arttu und fuhr mit dem Finger über die Karte, „Und hier ist das Dorf. Doch wo ist Koivula? Ach da!“. Sein Finger blieb neben einem Ortsnamen stehen, der nach seiner Einschätzung wahrscheinlich drei Stunden Fußmarsch vom Autiojärvi entfernt lag. Er wollte sofort aufbrechen, um schon gegen Mittag in Koivula zu sein, doch da bemerkte Arttu, dass an Jannes Rucksack ein kleiner, weißer Zettel hing. Er nahm ihn ab und las überrascht die in krakeliger Handschrift geschriebene Botschaft: Müssen uns treffen. Heute 12.00 Uhr hier. – Rauni
Arttu hatte sich zwar entschieden, auf Rauni zu warten, doch er wollte es aus einem sicheren Versteck tun, damit er zur Not fliehen konnte, falls es sich um eine Falle handeln sollte. Hundert Meter von den Findlingen entfernt saß er nun in einem Dickicht und beobachtete die alte Frau, die langsamen Schrittes und mit gesenktem Kopf auf die Findlinge zuging. Sie sah sich um und setzte sich dann auf einen der Steine. Erst nach einer viertel Stunde wagte Arttu, sein Versteck zu verlassen. Als er auf Rauni zukam, hob sie den Kopf und sah ihn traurig an. Ihm fiel auf, dass sie noch älter wirkte als bei ihrer ersten Begegnung. Unter ihre Altersfalten hatten sich tiefe Sorgenfalten gemischt. „Pass auf Rauni, wenn du irgendwelche Spielchen spielst, bin ich ganz schnell weg! Deine beiden Pappenheimer haben keine Chance, mich im Wald einzuholen, so ungelenk wie die sind!“, stellte Arttu entschlossen klar. Er fühlte sich merkwürdig, denn es war nun wirklich nicht seine Art, so rabiat mit alten Damen umzuspringen, aber hier ging es schließlich um Jannes Leben. „Du interpretierst das völlig falsch.“, sagte Rauni so leise, dass Arttu sie kaum hören konnte, „Ich würde niemals mit solchen Schweine gemeinsame Sache machen!“. „Erzähl mir nichts, wir haben dich doch mit diesem Saku gesehen.“. „Wer ist Saku?“, fragte Rauni erstaunt. Arttu sah sie verwundert an: „Saku ist der große Mann mit dem Motorrad.“. „Ach Saku heißt der also.“, sagte sie nach einer kurzen Pause, „Sie haben mir ihre Namen nie gesagt.“. „Du kennst die Namen deiner Komplizen nicht?“, fragte Arttu spöttisch. Plötzlich wurde Raunis Stimme so laut und scharf, dass Arttu die erschrocken anstarrte: „Das sind nicht meine Komplizen! Ich habe mit diesen Kreaturen nichts zu tun! Sie erpressen mich!“. Erschöpft sank sie wieder auf den Stein zurück und vergrub das Gesicht in den Händen. Arttu hörte sie leise schluchzen. „Sie erpressen dich?“, fragte Arttu vorsichtig und setzte sich neben Rauni, „Warum hast du uns denn davon nicht schon vorher etwas gesagt?“. „Ich hatte Angst.“, brachte die alte Dame langsam hervor, „Sie haben gesagt, dass sie ihre Drohungen sofort wahr machen würden, wenn ich auch nur einer Menschenseele davon erzähle.“. Nachdem sie sich geschnäuzt hatte, fuhr sie fort: „Vor einigen Tagen war ich in Koivula, denn meine Schwester hat dort ein kleines Haus besessen und nachdem sie vor einigen Jahren gestorben ist, steht es leer. Ich fahre einmal im Monat mit dem Bus dorthin, um nach dem Rechten zu sehen, doch als ich das letzte Mal dort war, erwischte ich diese beiden fremden Männer in dem Haus. Sie haben mich gezwungen, ihnen meinen Schlüssel zu geben und haben gesagt, dass sie meinen Laden in Brand setzten, falls ich jemandem davon erzählen sollte.“. Arttu lauschte ihren Ausführungen gespannt und schämte sich im gleichen Moment, so grob mit Rauni umgesprungen zu sein. „Weißt du, was die beiden in dem Haus deiner Schwester treiben?“, fragte er sie schließlich. Rauni verneinte und fragte Arttu im Gegenzug, was genau denn nun mit Janne passiert sei. Während Arttu ihr die ganze Geschichte erzählte, starrte Rauni betreten zu Boden. Sie saßen schweigend eine Weile nebeneinander, bis Rauni aufbrechen wollte. „Komm in zwei Stunden zu mir in den Laden.“, sagte sie, „Ich gebe dir noch ein bisschen Proviant für deine Reise nach Koivula mit.“. „Danke Rauni und bitte entschuldige, dass ich dich verdächtigt habe.“. „Ist schon gut, Junge“, sagte die Alte lächelnd und legte Arttu die Hand auf die Schulter.
Drei Stunden später war Arttu bereits auf dem Weg nach Koivula. Im Gepäck hatte er Proviant für sich und auch für Janne, denn er war fest entschlossen, nicht ohne Janne an den Autiojärvi zurückzukehren.


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BeitragVerfasst: Mo 2. Mär 2009, 18:34 
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- Kapitel 12 -

Es war später Nachmittag, als Arttu erschöpft in Koivula ankam. Den ganzen Tag über hatte die Sonne am Himmel gestanden und ihm für diese Jahreszeit erstaunlich zugesetzt. Ein paar Mal hatte er unterwegs pausieren müssen und so dauerte die Reise eine ganze Stunde länger als geplant. Heute wollte er sich erst einmal in Koivula umsehen und das Haus von Raunis Schwester beobachten und morgen würde er sich sofort an Jannes Rettung machen. Nach zwei Tagen ohne seinen Happi fühlte er sich schrecklich einsam und konnte es kaum erwarten, seinen Freund endlich zu befreien. Bei einer der Pausen hatte er die Zeitung aufgeschlagen, die Rauni ihm gegeben hatte und amüsiert einen Artikel gelesen, in dem es hieß: Die Gründe zur Besorgnis nehmen zu. Nun sind auch die beiden Skispringer Janne Happonen und Arttu Lappi spurlos verschwunden. Sie waren zu einem 4-tägigen Zelturlaub aufgebrochen, tauchten jedoch gestern nicht, wie mit ihrem Trainer vereinbart, in Kuopio auf. Nach dem Verschwinden von Matti Hautamäki und dem Diebstahl der Sprungski nimmt die Polizei auch das Verschwinden dieser beider Jungen sehr ernst.
Arttus Plan, sich in Koivula genau umzusehen, war schnell erfüllt, denn viel gab es hier nicht zu sehen. Auch hier gab es einen kleinen Lebensmittelladen, vor dem ein Briefkasten und eine Telefonzelle standen. Einige Meter daneben gab es sogar eine Grundschule, doch damit war dann die Dorfbesichtigung auch schon zu Ende. Wie in jedem anderen Dorf in Savo lagen die Häuser und Gehöfte weit verteilt und so brauchte Arttu eine ganz Weile vom Dorfkern bis zu dem Haus, dass Rauni ihm beschrieben hatte. Es lag direkt an der Straße und daher verwunderte es Arttu, dass sich die Schmuggler gerade dieses Haus ausgesucht hatten. Es war typischerweise rot-weiß gestrichen und verfügte über nur ein Stockwerk. Im Vorgarten schien seit dem Tod von Raunis Schwester niemand mehr gemäht zu haben, denn das Gras stand mindestens vierzig Zentimeter hoch. Ein schmaler zertrampelter Pfad führte von der Straße zur Haustür. Am Anfang des Pfades ragte ein grauer Briefkasten auf einer vermoderten Holzlatte schräg aus dem Boden. In verblichenen Lettern prangte der Name Aulikki Aaltonen auf dem verbeulten Blech. Auf der anderen Straßenseite, dem Haus gegenüber, erstreckte sich ein dichter, nahezu unberührter Wald. Arttu beschloss, dort seinen Schlafsack auszurollen, um mögliche Vorgänge im Haus beobachten zu können. Sein Nachtlager lag zwischen zwei Büschen, ungefähr hundert Meter von der Straße entfernt. Es war zwar absolut alles andere als ein bequemes Versteck, aber zumindest war es sicher – dachte er zumindest! Denn gerade als er in seiner Hosentasche nach einem Bonbon kramte, entdeckte er eine riesige Spinne genau über seinem Gesicht. Kreischend sprang er auf und hüpfte quiekend um seinen Schlafsack herum. Nach einigen Minuten hatte er seine Panik schließlich überwunden und beförderte die fette Spinne mit einem Ästchen aus seinem Lagerplatz. Aus Angst vor weiteren Spinnen entschied er sich dann aber doch gegen das Versteck im Busch und zog um. Hinter einem dicken Baum fühlte er sich dann schon deutlich wohler. Am Haus geschah den ganzen Abend über absolut gar nichts und so schlief Arttu schließlich erschöpft ein.
Als Arttu am nächsten Morgen aufwachte, erschrak er, denn vor dem Haus standen plötzlich der weiße Geländewagen und das dunkelgrüne Motorrad. Gerade als Arttu versuchte, sich anzuschleichen, kamen die beiden Schurken Saku und Pekka aus dem Haus. Schnell duckte Arttu sich ins hohe Gras. Aus dem Augenwinkel konnte er beobachten, wie die beiden sich noch kurz unterhielten, bevor Saku auf seine Maschine stieg und davon fuhr. Pekka ging zurück ins Haus, doch nach einer Weile verließ auch er dann das Grundstück. Arttu rannte vorsichtig zum Haus hinüber. In seiner Tasche klimperte ein kleiner silberner Schlüssel hin- und her. Die schlaue Rauni hatte den Ersatzschlüssel zum Hintereingang vor ihren Erpressern verheimlicht und so konnte Arttu nun problemlos ins Haus gelangen. Die Hintertür führte in eine kleine Küche, in der Aulikki Aaltonen sich einst jeden Morgen einen kleinen Topf Brei gekocht hatte. Erst versicherte er sich mit einem Blick durch das Wohnzimmerfenster, dass die beiden Männer nicht wieder zurückgekommen waren, dann begann er laut nach Janne zu rufen, doch niemand antwortete. Wieder und wieder rief Arttu nach seinem Zwilling, doch dieser gab kein Lebenszeichen von sich. Hatten die Kerle ihn etwa weggeschafft, während Arttu geschlafen hatte? Verzweifelt durchstreifte er jeden Raum, doch nirgends fand er einen Anhaltspunkt. Nachdem er jeden Winkel des Hauses ergebnislos durchsuchte hatte, ließ Arttu sich resignierend auf die alte Couch im Wohnzimmer fallen und legte das Gesicht in die Hände. Tock. Tock. „Was war das?“, flüsterte Arttu und sprang auf. Er lauschte angespannt und tatsächlich hörte er von irgendwo her ein leises Klopfen. Wieder rief er nach Janne und versuchte, das Klopfen zu orten. Wo konnte Janne nur sein? Er hatte doch alles nach ihm abgesucht. Tock. Tock. Es kam aus dem Fußboden! „Das kann nicht sein.“, murmelte Arttu, „Dieses Haus hat keinen Keller, hat Rauni gesagt.“. Nichts desto trotz begann Arttu die Läufer hochzuheben und die Möbel zu verschieben und tatsächlich entdeckte er unter der Couch, auf der er so eben noch gesessen hatte, eine Falltür! Vorsichtig öffnete Arttu die Tür und stieg hinunter in den dunklen Schacht. Am Ende der steilen Treppe schaltete er seine Taschenlampe an. Ein langer, dunkler, feucht-kalter Gang führt von der Treppe weg. Auf Zehenspitzen schlich Arttu den Gang entlang, bis er nach etwa zwanzig Metern endete. Zwei Türen gingen am Ende des Gangs ab und hinter der linken hörte er jetzt ganz deutlich jemanden. Hier unten klang es jedoch nicht wie leise Klopfgeräusche, sondern wie harte Schläge. Zu seiner Verwunderung war die Tür nicht abgeschlossen und in dem engen Raum dahinter sah er endlich Janne liegen! Die Verbrecher hatten ihm die Arme auf dem Rücken zusammengebunden, ihn geknebelt und auch die Fußknöchel mit einem dicken Seil verschnürt. Mit den gefesselten Füßen hatte Janne mit aller Kraft gegen die Wand seiner Zelle getreten, doch nun, da er Arttu in der Tür erblickte, ließ er Füße erleichtert sinken. Gerade, als Arttu auf Janne zustürmen wollte, spürte er, wie jemand ihm von hinten einen kräftigen Stoß gab, sodass es kopfüber in den modrigen Raum polterte. Noch ehe er wieder aufstehen konnte, war die schwere Tür hinter den beiden ins Schloss gefallen und ein Schlüssel knarrte schwerfällig im Schloss.


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BeitragVerfasst: Mi 4. Mär 2009, 22:18 
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- Kapitel 13 -

„Verdammte Scheiße! Verfluchter Mist!“, tobte Arttu wütend und trat mit dem Fuß gegen die Wand, um nur den Bruchteil einer Sekunde später laut aufzuheulen. Auf einem Bein hüpfte er nun durch ihr Verlies und hielt sich den schmerzenden Fuß. Seine klagenden Geräusche brachten Janne völlig aus der Fassung und lachend rollte er sich auf dem Boden herum. „Hör auf zu lachen!“, schnaubte Arttu, „Das ist absolut nicht witzig.“. Im selben Moment stolperte er über Jannes Füße und fiel rücklings auf seinen Allerwertesten. Erschrocken ließ er den pochenden Fuß los und presste die Hände gegen das vor Schmerz aufjaulende Steißbein. Jannes Gelächter verwandelte sich in einen hysterischen Lachanfall. Wütend trat Arttu mit dem gesunden Fuß nach Janne, doch da dieser sich schnell genug wegrollte, traf Arttu wieder nur die harte Wand. „Ich kann nicht mehr.“, wieherte Janne und hielt sich den Bauch vor Lachen, während Arttu schimpfte und keuchte. Erst nach einer viertel Stunde hatte sich Janne endlich wieder beruhigt und auch Arttus Knochen hörten auf zu schmerzen.
Nun lagen Happi und Lappi nebeneinander auf dem Fußboden und starrten die Decke an. „Ich bin echt froh, dass du mich hier gefunden hast!“, sagte Janne schließlich und fragte, wie er das angestellt habe. „Tja“, sagte Arttu triumphierend, „Natürlich wusste ich sofort, wie man mit Schmugglern umzugehen hat. Schließlich habe ich ja meinen Enid-Blyton-Ratgeber ‚How to catch a Schmugglerbande’ mitgenommen!“. „Was, du hast dieses schwere Buch mitgeschleppt? Hast du nichts Besseres zu tun, als dir einen Hexenschuss zu holen?“. „Keine Angst, meinem Rücken passiert nichts, ich habe das Buch ja schließlich in deinen Rucksack gepackt!“, entgegnete Arttu freudig. „Und ich hab mich gewundert, warum das Scheißding so schwer ist.“. „Das liegt aber nicht am Ratgeber, sondern an der ledergebundenen, editierten und kommentierten Sonderausgabe der finnischen Verfassung und dem tollen doppelbändigen Strafgesetzbuch, dass mir meine Mutti zu Weihnachten geschenkt hat.“, berichtete Arttu strahlend. Janne guckte ihn entsetzt an: „Und das hast du alles in meinen Rucksack gepackt?“. „Ja freilich unter deinen Regelmantel, weil du den ja eh nie anziehst.“. Janne setzte sich auf und stützte den Oberkörper mit den Händen hinter dem Rücken ab, denn plötzlich verspürte er starke Schmerzen in der Wirbelsäule.
Während Arttu immer noch auf dem Rücken liegend die Decke anstarrte, ließ Janne seinen Blick durch den Raum wandern und er blieb an den Stellen hängen, an denen Arttu wutentbrannt gegen die Wand getreten hatte. An beiden Stellen war die obere Schicht Putz abgebröckelt. Und da heißt es immer, Skispringer seien nur halbe Portionen. „Hey Arttu, sieh dir mal die beiden Stellen da an. Fällt dir was auf?“, fragte Janne seinen Zwilling. Arttu schüttelte den Kopf. Janne stand auf und begann, erst an der einen, dann an der anderen Stelle ein bisschen mehr Putz abzupulen. „Sieh nur, hier drüben ist hinter dem Putz eine Wand aus großen, grauen Betonklötzen.“, Janne zeigte auf die Stelle, „Aber hier drüben bei dem anderen Loch ist eine Wand aus schmalen, roten Ziegelsteinen dahinter.“. „Ja und?“, meinte Arttu Schulter zuckend, „Ich bin Jurist und kein Bauingenieur.“. „Mensch, denk doch mal mit, Arttu. Die grauen Steine sehen viel älter aus als die Ziegelsteine. Hier wurde vielleicht nachträglich etwas zugemauert.“. Jetzt ging auch Arttu ein Licht auf und fieberhaft überlegten sie, wie sie die Steine aus der Wand lösen könnten. Leider gab es im Raum keinen schweren Gegenstand, mit dem man sie herausschlagen könnte und so begann Arttu, mühsam mit dem Jagdmesser, dass er in seiner Hosentasche hatte, die Spachtelmasse aus den Ritzen zwischen den Steinen wegzukratzen. Es war ein langwieriges Unterfangen, aber schließlich gelang es ihnen tatsächlich, einen der Ziegelsteine heraus zunehmen. Janne nahm Arttus Taschenlampe und blickte in das Loch. „Verdammt, hier ist ja ein noch ein Gang!“, quiekte er aufgeregt und Arttu drängte sich neben ihn, um auch einen Blick auf den Gang zu erhaschen. Eilig begannen Happi und Lappi, weitere Steine zu lösen und nach mehreren Stunden schweißtreibender Arbeit hatten sie schließlich ein Loch vor sich, durch das sie mühelos hindurch kriechen konnten, doch gerade als Arttu seinen Kopf durch das Loch stecken wollte, hörten sie auf dem Gang vor ihrer Tür Schritte und Stimmen. „Verdammt!“, zischte Arttu. Draußen hörte man Saku laut brüllen: „Nun schließ doch endlich die rechte Tür auf, ich kann diesen Irren nicht mehr lange festhalten!“. Janne zischte Arttu zu: „Die wollen nicht zu uns. Los, beginn an die Tür zu trommeln und zu brüllen, dass sie uns rauslassen sollen!“. Arttu begriff sofort. Sie wollten keinen Verdacht bei den Verbrechern erregen. Wenn es ruhig im Zimmer war, würden sie vielleicht nach dem Rechten sehen wollen und noch wussten die Zwillinge ja nicht, ob der geheime Gang sie wirklich ins Freie führen würde. Also begann Arttu an die Tür zu trommeln und zu toben. Der Plan ging auf und außer einem großspurigen Spruch erhielten sie von den Typen keinerlei Aufmerksamkeit. Die Jungs konnten hören, wie jemand in das Zimmer auf der anderen Seite des Gangs gesperrt wurde und wie sich die Verbrecher wieder verzogen. „Komm, jetzt lass uns hier verschwinden!“, sagte Janne, doch Arttu hielt den Zeigefinger an die Lippen und presste das Ohr an die Tür. Aus dem anderen Zimmer drangen Geräusche. Jemand hämmerte an die Tür und fluchte laut. Plötzlich begann auch Arttu aufgeregt an das Holz zu klopfen und brüllte: „Matti! He Matti! Wir sind es, Happi und Lappi. Keine Sorge, wir holen dich da raus!“.


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BeitragVerfasst: Do 12. Mär 2009, 23:43 
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- Kapitel 14 -

„Mensch nun leuchte doch mal auf den Weg! Die blöden Wände brauchen keine Bestrahlung. Ich stolpere hier ständig!“, schimpfte Janne, während Arttu mit seiner Taschenlampe die Wände des schmalen Geheimgangs ableuchtete. „Dann heb halt die Füße! Ich suche nach einer weiteren Tür.“, entgegnete dieser trocken. Sie waren erst wenige Meter vom Loch in der Wand entfernt und der Tunnel schien sich noch ewig vor ihnen zu erstrecken. Nachdem sie sich ein paar Minuten vorsichtig vorangetastet hatten, blieben sie plötzlich abrupt stehen. „Verdammt, hier ist der Weg zu Ende!“, sagte Arttu und Janne fügte hinzu: „Ja, hier scheint die Decke eingebrochen zu sein. Vielleicht können wir uns ja irgendwie durchgraben.“. „Und somit riskieren, dass uns hier am Ende alles auf den Kopf fällt? Nein Danke!“. „Und hast du eine bessere Idee? Willst du in der Zelle warten, bis wir verhungert sind?“. Arttu schüttelte den Kopf und begann, die ersten Gesteinsbrocken abzutragen. Es war eine staubige und dreckige Arbeit, doch nach einer guten halben Stunde standen sie endlich auf der anderen Seite der Schuttwand. Hier erstreckte sich der Gang noch ein paar hundert Meter, doch die Decke wurde stetig niedriger. Am Ende mussten Happi und Lappi sogar auf allen vieren kriechen. Als der Tunnel schließlich an einer steinernen Wand endete, sahen sie die Zwillinge ratlos an. Arttu leuchtete mit der Taschenlampe nach oben. Über ihn zog sich ein schmaler, enger Schacht circa fünf Meter in die Höhe und wurde dort von einer Holzluke gekrönt. „Und nun?“, fragte Arttu unschlüssig. Janne entschied, es mit einer Räuberleiter zu probieren und so kletterte Arttu auf Jannes Schultern. Er macht sich lang und länger, doch an die Luke kam er einfach nicht ran. „Diese kleinen Würmer sind verschwunden-unden-unden-den…“, hallte es plötzlich ohrenbetäubend laut durch den Gang. Vor lauter Schreck stolperte Janne und Arttu fiel krachend auf den harten Steinboden, wobei er mit dem Kopf an etwas Hartes in der Wand hinten ihnen stieß. „Oh verdammt, warum immer ich?“, wimmerte Arttu und streichelte seinen schmerzenden Hinterkopf. Während Janne von einem Bein aufs anderen hüpfend panisch mit der Taschenlampe rumfuchtelte und man hinten im Gang die wütenden Stimmen von Pekka und Saku hören konnte, ertastete Arttu, wogegen er mit seinem Kopf gestoßen war. „Sieh nur, hier sind kleine Eisenschläge in die Wand gehauen! Sie führen nach oben.“, sagte er erleichtert und kletterte sofort an den Stiegen hinauf. Janne folgte ihm. An der Holzluke angekommen, musste Arttu einige Male kräftig gegen das Holz stoßen, bevor sich die Luke knarrend öffnete. Schnaufend kletterten die beiden ins Freie. Sie befanden sich mitten im Wald, doch für Erkundigungen blieb keine Zeit, denn Pekka und Saku waren ihnen dicht auf den Fersen. Geschwind schlossen die Zwillinge die Luke und hievten mehrere schwere Steine darauf und tatsächlich konnten die Männer auf den wackeligen Stiegen nicht die nötige Kraft aufbringen, um die Luke zu öffnen.
„Ob die Typen wissen, wo der Gang endet?“, fragte Arttu. „Wer weiß, aber sicherheitshalber sollten wir uns so schnell wie möglich aus dem Staub machen.“, erwiderte Janne. Arttu sah sich um. Außer der Luke neben ihren Füßen gab es im Wald nichts zu sehen außer Bäumen, Bäumen und ab und zu einem Baum. „Hier ungefähr müsste der Gang sein.“, sagte Janne und malte eine imaginäre Linie in die Luft, „Lass uns doch einfach in die Richtung laufen, aus der wir gekommen sind.“. „Gute Idee.“, lobte ihn Arttu, „Aber lass uns lieber in einiger Entfernung parallel zum Gang laufen, falls die Kerle uns entgegenkommen.“. So kämpften sie sich eine ganze Weile durch das Unterholz, bis sie schließlich in einiger Entfernung Aulikkis Haus sahen. „Dort drüben habe ich unsere Sachen liegen gelassen.“, sagte Arttu und zeigte auf das Waldstück, in dem er die letzte Nacht verbracht hatte. Da es mittlerweile auch schon zu dämmern begann, beschlossen die beiden, die Sachen zu holen und etwas tiefer im Wald ihr bescheidenes Nachtlager herzurichten. Als sie näher an das Haus heran kamen, bemerkten sie, dass sowohl Pekkas weißer Geländewagen, als auch Sakus dunkelgrünes Motorrad nicht mehr vor dem Haus standen. Wie auf Knopfdruck fingen Happi und Lappi an zu lachen. „Die halten uns wohl für völlig blöde?“, kicherte Janne. „Ja, das ist wirklich eine ganz schön arme Taktik.“, pflichtete ihm Arttu bei, „Da hätten sie sich schon etwas mehr Mühe geben muss. Aber einfach den Wagen am anderen Ende der Straße parken und das Motorrad halbherzig in den Schuppen schieben und hoffen, dass wir Haus kommen, um Matti zu holen. Das ist wirklich ein ulkiger Plan.“
Nicht einmal eine Stunde später lagen die Zwillinge in ihren Schlafsäcken. Janne knabberte hungrig an einer Tafel Nougatschokolade und Arttu blickte gedankenverloren in den klaren Sternenhimmel. „Morgen rufen wir Rauni an.“, sagte Arttu schließlich, „Und dann werden diese Schmuggler mal lernen, wie man richtige Fallen stellt!“


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BeitragVerfasst: Sa 14. Mär 2009, 23:23 
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- Kapitel 15 -

Erschrocken fuhr Janne aus dem Schlaf hoch, als ihm eine Horde Armeisen quer über das Gesicht wanderte. Heftig mit dem Kopf schüttelnd versuchte er, sich der kleinen Biester zu entledigen. Als er endlich auch das letzte Tierchen aus seinen Haaren gepickt hatte, schaute er auf die Uhr. Es war schon elf Uhr morgens. Nach den letzten drei Tagen Gefangenschaft in einem kleinen, modrigen, kalten Kellerraum, war Janne die Nacht im Freien fast paradiesisch vorgekommen. Ein paar Schritte neben ihm lag Arttu in seinem Schlafsack und schnaufte ab und zu vor sich hin. Janne wollte ihn noch ein bisschen schlafen lassen, denn er konnte nur erahnen, welche Mühen Arttu auf sich genommen hatte, um ihn zu befreien. Janne kletterte aus seinem Schlafsack, trank einen Schluck Lordicola, aß einen großen Happen Schokolade und spazierte ein wenig durch den Wald. Wie schön es war, sich endlich wieder frei bewegen zu können, ohne die engen, schmerzhaften Fesseln an den Gelenken zu spüren.
Nach einer halben Stunde kam Janne zurück und stellte verwundert fest, dass Arttus Schlafsack mittlerweile leer war. Er machte sich keine weiteren Gedanken darum, sondern begann, ihr Nachtlager wieder zu verstauen. Gerade als er den Rucksack zuschnürte, hörte er Schreie und etwas das wie Schüsse. Noch ehe er realisieren konnte, was vor sich ging, kam Arttu hektisch auf ihren Lagerplatz zugestürmt. Mit weit aufgerissenen Augen und schweißnassen Haaren brüllte er Janne an: „Los, verdammt renne! Nun lauf schon!“. Ohne wirklich zu begreifen, was überhaupt los war, rannte Janne dem völlig panischen Arttu hinterher. Dieser blickte sich immer wieder um, doch Janne konnte hinter ihnen niemanden sehen. Erst nachdem sie mehr als zehn Minuten durch den Wald gehechtet waren, ließ Arttu sich von Janne beruhigen und hielt an.
Keuchend saßen die beiden auf dem Gras unter einem Baum und japsten nach Luft. „Was sollte denn das jetzt?“, fragte Janne verwirrt. „Die haben auf mich geschossen!“, brachte Arttu aufgeregt hervor, „Da war plötzlich noch so ein anderer Kerl und der hat mich entdeckt und plötzlich begannen sie, auf mich zu schießen!“. Janne wollte seinen Ohren nicht trauen. „Aber wenn die uns töten wollen“, überlegte er, „Warum haben sie es nicht schon gemacht, als wir im Keller eingesperrt waren und wer war überhaupt der dritte Kerl?“. Arttu japste immer noch vor Aufregung, doch nach ein paar Schlucken Cola war er bereit, Janne zu erzählen, was vorgefallen war: „Als ich vorhin aufgewacht bin und du weg warst, wollte ich gucken, wo du bist. Ich dachte, dass du vielleicht näher an das Haus heran gegangen bist, um die Situation zu beobachten. Als ich mich dem Waldrand so weit genährt hatte, dass ich das Haus gut sehen konnte, entdeckte ich vor dem Grundstück einen kleinen, schwarzen Sportflitzer. Sah auf jeden Fall sauteuer aus. Plötzlich ging die Tür auf und Pekka und Saku kamen raus – mit Matti im Schlepptau. Sie haben ihn in Pekkas Geländewagen geschmissen. Dann stieg aus dem Sportwagen ein Mann mit schwarzem Anzug und Krawatte aus. Er ging auf Pekka und Saku zu und die drei unterhielten sich. Ich bin dann näher heran gekrochen, um das Gespräch belauschen zu können.“. „Und was haben sie gesagt?“, unterbrach ihn Janne aufgeregt. „Leider habe ich nur den letzten Satz verstanden. Der Typ im Anzug meinte zu den beiden anderen: ‚Bringt ihn zurück und sorgt dafür, dass er keinen Ärger macht, dass er nie wieder Ärger macht. Heute machen wir die Sache hier klar!’. Vor lauter Schreck bin ich zusammengezuckt und das muss der Typ im Anzug gesehen haben, denn auf jeden Fall greift er plötzlich in sein Jackett, holt eine Waffe raus und schießt auf mich. Da hab ich einfach nur die Beine in die Hand genommen und bin gerannt, was das Zeug hält!“. Gebannt hatte Janne seinem Zwilling gelauscht und sich Gedanken gemacht. „Ob sie Matti zum Autiojärvi zurückbringen?“, fragte Janne. Arttu zuckte mit den Schultern und starrte ins Leere. Der Schock steckte ihm immer noch tief in den Knochen. Auf Skispringer wird im Allgemeinen eher selten geschossen. „Hast du irgendeine Ahnung, was die drei heut ‚klarmachen’ wollen?“, fragte er schließlich. Janne dachte nach. Erst wollte er antworten, er habe keine Ahnung, doch plötzlich kam ihm ein Gedanke: „Hast du im Haus am See die Zeitungen im Schrank gefunden?“. „Ja natürlich!“, antwortete Arttu grinsend. „Als die beiden Kerle mich vom Autiojärvi hierher gefahren haben, konnte ich vom Kofferraum aus ein paar Gesprächsfetzen auffangen. Leider habe ich kaum etwas verstanden, aber ich bin mir sicher, dass sie über irgendwelche Ski gesprochen haben und in Verbindung mit dem Zeitungsartikel bleibt da eigentlich nur eine Schlussfolgerung.“. „Die Kerle haben unsere Wettkampfski gestohlen.“, ergänzte Arttu, „Und Matti ist ihnen dabei in die Quere gekommen.“. Janne nickend beipflichtend. „Ich bin mir absolut sicher, dass die Ski irgendwo im Haus am Autiojärvi versteckt sein müssen!“, sagte er und kramte die Landkarte hervor.


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BeitragVerfasst: Di 17. Mär 2009, 01:12 
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- Kapitel 16 -

Da sie sich sehr beeilt hatten, erreichten die Pseudozwillinge Happi und Lappi schon nach weniger als drei Stunden das kleine Dorf in der Nähe des einsam gelegenen Autiojärvi. Schon von weitem erblickten sie Rauni, die vor ihrem Laden Blätter und kleine Äste zusammenkehrte, die der Wind vom Dach ihres Hauses gefegt hatte. Sie war ganz in ihre Arbeit vertieft und so zuckte sie erschrocken zusammen, als Arttu sie freudig begrüßte. „Ach Jungs, ihr seid es!“, sagte die alte Frau lächelnd, „kommt mit rein, kommt schnell mit rein, bevor uns noch jemand hier zusammen sieht!“. Hastig marschierte sie um ihr Haus herum und schloss die alte, knarrende Hintertür auf.
Die Zwillinge folgten ihr ins Haus. Rauni führte sie in eine kleine dunkle Küche und wies sie an, Platz zu nehmen. Dankend nahmen Arttu und Janne den angebotenen Tee und hausgemachte Plätzchen an. Erst nachdem die beiden sich die Bäuche voll geschlagen hatten, eröffnete Rauni das Gespräch: „Ich bin so froh, dass ihr gesund und munter wieder hier seid. Ich hatte solche Angst, dass auch Arttu von den Banditen geschnappt wird und sie euch etwas antun. In den Nachrichten wird ständig über euch und diesen Matti Hautamäki berichtet. Überall wird nach euch gesucht und sogar hier im Dorf hat die Polizei nach euch gefragt!“. „Aber du hast ihnen doch hoffentlich nichts verraten?“, fragten Janne und Arttu entsetzt wie aus einem Mund. „Natürlich nicht.“, beruhigte sie Rauni, „Ich hatte mit Arttu abgemacht, dass ich erst die Polizei rufe, wenn er sich nach drei Tagen noch nicht bei mir gemeldet hat und daran habe ich mich gehalten.“. Arttu schnaufte erleichtert: „Gut gemacht, Rauni. Die Schmuggler hätten sich doch ganz schnell abgesetzt, wenn sie wüssten, dass die Polizei ihnen auf den Fersen ist.“. „Ja, sie sind nach unserer Flucht eh schon total in Unruhe.“, ergänzte Janne, „Sie wollen ihre Geschäfte nun so schnell wie möglich abwickeln. Aber da haben sie die Rechnung ohne uns gemacht!“. Die Jungs rieben sich hämisch grinsend die Hände und kamen sich dabei doch sehr die Geheimnagenten vor. Rauni musste bei diesem Anblick herzhaft lachen und schenkte den beiden noch einmal warmen Tee ein. Janne schaufelte sich drei Löffel Zucker in seine kleine Tasse. „Weißt du eigentlich, wer dieser dritte Kerl ist?“, fragte Arttu, während Janne sich verzweifelt mit der Hand vor dem Mund rumfächerte, da er sich soeben die Zunge verbrüht hatte. Rauni wusste jedoch nichts von einem weiteren Mann und hörte sich interessiert die Erzählung der beiden Möchtegern-Schmugglerjäger an. Plötzlich fiel ihr etwas ein: „Ich habe diesen Mann zwar noch nie gesehen, aber ich erinnere mich, dass der große Lange mal zu mir gesagt hat: ‚Der Boss versteht keinen Spaß, alte Schachtel!’“. „Das glaube ich gern.“, sagte Arttu und dachte mit Schrecken an die Kugeln zurück, die auf ihn abgefeuert wurden. Immer noch überfiel ihn bei diesen Gedanken ein kalter Schauer. „Wisst ihr schon, wie ihr jetzt vorgehen wollt?“, fragte Rauni. Arttu rieb sich mit Daumen und Zeigefinger am Kinn und dachte nach. „Um ehrlich zu sein, habe ich noch keinen wirklich guten Plan.“, sagte er schließlich, „Oder ist dir vielleicht schon etwas eingefallen, Janne?“. Janne zuckte erschrocken zusammen und sah Arttu und Rauni mit großen Augen und unschuldigem Gesichtsausdruck an. Rauni begann wieder zu lachen und Arttu grinste seinen Freund vielsagend an: „Denkst du etwa, wir hätten noch nicht bemerkt, dass du die ganze Zeit heimlich Zuckerwürfel in dich reinstopfst? Die Zuckerdose ist ja schon fast leer!“. Janne verfärbte sich leicht rosa und rechtfertigte sich verlegen: „Ich kann halt besser denken, wenn ich was Süßes esse!“
Da auch nach einer weiteren Stunde kein anständiger Plan zustande gekommen war, beschlossen Happi und Lappi, erstmal zum Autiojärvi zu laufen, um dort die Situation zu beobachten. Auf dem Weg zum See kamen sie an der Findlingsgruppe vorbei, in deren Mitte Arttu Jannes Rucksack und einen Teil der Ausrüstung versteckt hatte. Zu seinem großen Ärger musste Janne feststellen, dass sich irgendein Tier auf seinem Rucksack erleichtert hatte. Naserümpfend und mit angewidertem Gesichtsausdruck versuchte er seinen Rucksack weitestgehend zu bereinigen. Die Jungen beschlossen, ihre Schlafsäcke an einer geschützten Stelle des Südufers auszurollen ganz in der Nähe ihres ersten Zeltplatzes. Kaum einer würde vermuten, dass sie gerade dort wieder ihr Quartier einrichten würden. Von dort aus hatten sie einen guten Blick auf das alte Haus, ohne jedoch selbst zu viel Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Gerade als sie sich häuslich eingerichtet hatten, bemerkte Janne auf der anderen Seite des Sees den großen, weißen Sportwagen, der sich dem Haus nährte. Dicht dahinter der kleine schwarze Sportwagen. Eilig rannten die Zwillinge auf einem kleinen, uneinsehbarem Trampelpfad um den See herum, bis sie nah genug am Haus waren, um die Situation beobachten zu können. Aus dem Geländewagen stiegen Saku und Pekka aus, die sofort ins Haus eilten. Nach wenigen Sekunden kamen sie wieder heraus. Jeder einen Arm haltend schleiften sie den geknebelten und gefesselten Matti hinter sich her. Sie warfen ihn auf den Boden vor dem Haus. Während Matti strampelte und sich wand, stieg langsam der Mann im Anzug aus seinem Sportwagen und ging auf Matti zu. „Tja mein Lieber. Du weißt einiges, was du lieber nicht wissen solltest. Aber keine Angst, wir befreien dich heute von deiner Last.“, sagte der Mann mit einem böswilligen Lächeln auf den Lippen. Wenige Schritte vor Matti blieb er stehen, holte eine schwarze Handfeuerwaffe unter seinem Jackett hervor und richtete sie auf Matti. „Gute Nacht, mein Freund…“


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BeitragVerfasst: Mo 30. Mär 2009, 13:56 
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- Kapitel 17 -

Erschrocken zuckten die beiden Zwillinge Happi und Lappi in ihrem Versteck hinter einem dichten Busch zusammen, als der Anzugträger seine Waffe auf den hilflosen und gefesselten Matti richtete. Gerade wollten die beiden aufspringen, um Matti irgendwie zu retten, als sich der rundliche Pekka plötzlich zu Wort meldete: „Boss! Boss, warte. Muss das denn… Also ist das wirklich… Gibt es denn keine andere Möglichkeit?“. Ruckartig drehte sich der Boss zu Pekka um und funkelte ihn böse an: „Hast du was gesagt, Fettklops?“ – „Ähm, also ich dachte ja nur, dass es vielleicht…“ – „Du dachtest? Seit wann wirst du fürs Denken bezahlt, Pekka?“ – „Bitte Chef, ich denke nur, dass wir ihn nicht umbringen sollen. Das geht doch wirklich zu weit. Davon war nie die Rede.“. Der Mann im Anzug verzog das wutentbrannte Gesicht zu einer gehässigen Grimasse und spuckte Pekka und Saku vor die Füße: „Ihr verweichlichten Kleinkriminellen! Wenn ihr Kindern den Lolli klauen könnt, macht euch das Spaß, aber sobald es hart auf hart kommt, kriegt ihr plötzlich das große Zittern! Mit Typen wie euch mache ich kurzen Prozess!“. Anstatt weiter auf den am Boden liegenden Matti zu zielen, richtete er seine Waffe nun auf den entsetzen Pekka. „Der Kerl ist ja total übergeschnappt!“, flüsterte Janne im Busch erschrocken und Arttu nickte schockiert. Beide wussten nicht, wie sie sich nun verhalten sollten. Pekka trat indes der Angstschweiß auf die Stirn und auch Saku wurde sichtlich nervös. Der Anzugträger ging mit gezückter Waffe einige Schritte auf die beiden Männer zu. „Bitte Boss, tu das nicht. Du hast vollkommen Recht, wir sollten ihn erschießen, er ist schließlich die Bedrohung.“, wimmerte Pekka und deutete auf Matti. Nun meldete sich auch zum ersten Mal der lange Saku zögernd zu Wort: „Du brauchst uns noch Boss, der Deal ist noch nicht gelaufen. Oder willst du die Ware etwa allein außerlandes schaffen?“. Doch statt einer Antwort zerriss ein lauter Schuss die Stille. Pekka sank vor Erleichterung in die Knie. Der Schuss hatte ihn nur um Haaresbreite verfehlt und war in den Wald gezischt. „Die nächste Kugel ist für dich, Pekka!“. Kaum hatte der Boss diese Drohung ausgesprochen, da hörten sie plötzlich laute Geräusche aus dem Unterholz. Es erfüllte ein markerschütternder Schrei die Luft, doch es war gewiss kein Mensch, der da schrie. Aus dem dichten Wald taumelte auf einmal ein kleines Elchkalb. Aus seinem linken Bein floss Blut. Schmerzverzehrt blökend brach es am Waldesrand zusammen. Noch ehe einer der Anwesenden registrieren konnte, was geschehen war, schoss eine riesige Elchkuh aus dem Wald. Mit atemberaubendem Tempo steuerte sie auf die Gruppe von Männern zu. Der Boss feuerte mehrere Schüsse auf die Elchkuh ab, doch alle verfehlten ihr Ziel. Panisch rannten die Verbrecher zu ihren Autos. Blitzschnell schwangen sich Pekka und Saku in ihren Geländewagen und rasten den Weg rückwärts entlang. Der Boss hingegen schien seinen Schlüssel nicht zu finden. Mit zitternden Händen durchsuchte er seine Jackentasche, während der Elch immer näher kam. Endlich fand er den Schlüssel und sprang in seinen Wagen. Kurz bevor das wildgewordene Waldvieh sein Auto erreichte, bretterte der Boss davon. Beinah wäre Matti von der aufgebrachten Elchmutti zertrampelt worden, doch im letzten Moment konnte er sich zur Seite rollen. Happi und Lappi konnten sich kaum mehr halten und rollten lachend hinter ihrem Busch hin und her. Schließlich stand Janne auf und sagte: „Komm, wir müssen schnell einen Tierarzt benachrichtigen und danach kümmern wir uns um Matti.“. Als Arttu ebenfalls aus ihren Versteck kam, entdeckte er vor dem Haus ein Handy liegen. Einer der Ganoven musste es bei der überstürzten Flucht verloren haben. Er rief Rauni an und bat sie, den Tierarzt aus dem Dorf zum Autiojärvi zu schicken. Bereits zehn Minuten später kam dieser und verarztete das angeschossene Elchkalb. Zum Glück war seine Verletzung nicht tief und so konnte es schon nach einer halben Stunde mit seiner Mutter zurück in den Wald humpeln.
Nun saßen Arttu, Janne und der endlich befreite Matti auf der Schwelle vor dem verlassenen Haus und blickten der kleinen Elchfamilie nach. „So Matti.“, sagte Arttu schließlich, „Nun kläre uns aber bitte auf. Was läuft hier eigentlich?“. „Das glaubst du nie!“, sagte Matti und begann zu erzählen…


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